Patienten ohne gesicherten Aufenthaltsstatus
Praktische Hinweise zur Versorgung von Asylsuchenden
Abrechnung bei der Behandlung von Flüchtlingen (KV Nordrhein)
Informationen zur Krankenhilfe für Asylsuchende(Bezirksregierung Arnsberg)
Anamnesebögen für Erstgespräch in 15 Sprachen (Landesärztekammer Rheinland-Pfalz, Armut und Gesundheit in Deutschland e.V.)
Inhaltsübersicht
Recht auf Behandlung / Pflicht zur medizinischen Hilfe
Gesetzes- und Verordnungsgrundlagen
Auszug aus dem Beschlussprotokoll des 113. Deutschen Ärztetage in Dresden
Auszug aus dem Beschlussprotokoll des 109. Deutschen Ärztetages in Magdeburg
Artikel im Rheinischen Ärzteblatt zum Thema
Medizinische Vermittlungs- und Beratungsstellen
Informationen und Flyer der Bundesärztekammer zum Thema
Allgemeines
In Deutschland leben nach Schätzungen zwischen 500.000 und einer Million Menschen ohne rechtlichen Aufenthaltsstatus; die meisten von ihnen in Großstädten. Flüchtlingsinitiativen versuchen, in sozialen und rechtlichen Belangen zu helfen.
Wenn Menschen ohne Papiere krank werden, scheuen sie häufig den Gang zum Arzt - aus Angst, von den Ausländerbehörden entdeckt zu werden. Den Menschen ist der Zugang zum deutschen Gesundheitssystem meist versperrt, da sie sehr selten über einen Krankenversicherungschutz verfügen. Die Folge ist, dass die Migrantinnen und Migranten bei vielen Erkrankungen, die behandelt werden müssten, nicht zum Arzt gehen und sich ihr Gesundheitszustand dadurch verschlechtert, bis hin zum medizinischen Notfall.
In Deutschland gibt es knapp 20 Netzwerke, die sich um die gesundheitliche Beratung und die Vermittlung von Flüchtlingen ohne Papiere in eine Behandlung kümmern.
Recht auf Behandlung / Pflicht zur medizinischen Hilfe
Grundsätzlich gilt, dass auch Menschen ohne Papieren das Recht auf eine medizinische Grundversorgung zusteht. Dieses Recht wahrzunehmen, wird durch die Gefahr einer Entdeckung durch die Ausländerbehörden und einer Abschiebung erschwert.
Ärztinnen und Ärzte haben die Pflicht, medizinische Hilfe zu leisten. Bedenken, dass der Arzt durch die Behandlung von Menschen mit unklarem Aufenthaltsstatus in Konflikt mit dem Gesetz kommt, sind unbegründet, solange sich ihre Handlungen objektiv auf die Erfüllung ihrer beruflichen Pflichten beschränkt. Für die Behandlung ist der Status des Patienten zweitrangig. Darüber hinaus unterliegt das Arzt-Patienten-Verhältnis der Schweigepflicht.
Ärztinnen und Ärzte haben keine Meldepflicht. Eine Datenweitergabe an Polizei oder Ausländerbehörde verletzt die ärztliche Schweigepflicht. Diese erstreckt sich auch auf die Krankenhausverwaltung und die abrechnenden Sozialämter (verlängerter Geheimnisschutz). Der verlängerte Geheimnisschutz kommt aber nicht zum Tragen, wenn der Patient selbst seine Daten dem Sozialamt offenbart.
Anamnesebögen für Erstgespräch in 15 Sprachen (Landesärztekammer Rheinland-Pfalz, Armut und Gesundheit in Deutschland e.V.)
Meldepflicht
Für Betroffene ist es wichtig zu wissen, dass das Klinikpersonal oder Praxismitarbeiterinnen und die Abrechnungsstellen in den Sozialämtern weder die Polizei holen noch die Ausländerbehörde informieren.
Meldepflicht bei Notfallbehandlung
Die Allgemeine Verwaltungsvorschrift (AVV) zum Aufenthaltsgesetz vom 26.10.2009 hat den Personenkreis erweitert, der unter die ärztliche Schweigepflicht fällt in Bezug auf die Behandlung eines Patienten mit ungeklärtem Aufenthaltsstatus. Neben Ärzten, Zahnärzten, Tierärzten, Psychologische Psychotherapeuten, Apothekern oder Angehörigen eines anderen Heilberufes (Hebammen, Medizinische Fachangestellte, Pfleger oder medizinisch-technische Assistenten) unterliegt dem verlängerten Geheimnisschutz nun auch das mit der Abrechnung befasste Verwaltungspersonal öffentlicher Krankenhäuser (Nr. 88.2 AVV). Die Klarstellung in der AVV zum verlängerten Geheimnisschutz gewährleistet die durchgängige Einhaltung der ärztlichen Schweigepflicht bis in öffentliche Stellen hinein.
Demnach dürfen öffentliche Stellen Patientendaten, die sie von einem Schweigepflichtigen, zum Beispiel dem Verwaltungspersonal der Krankenhäuser, erhalten haben, grundsätzlich nicht an die Ausländerbehörde übermitteln. (Ausnahme: Gefährdung der öffentlichen Gesundheit oder Konsum harter Drogen).
Konkret betrifft dies das Sozialamt als öffentliche Stelle, wenn es vom Krankenhaus im Zuge der Kostenerstattung Daten von Menschen ohne legalen Aufenthaltsstatus erhalten hat.
Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Aufenthaltsgesetz (AVV)
Davon unabhängig behält das Meldegesetz NW weiterhin seine Gültigkeit, wonach Polizei und Staatsanwaltschaft Auskunft über aufgenommene Patienten von den Krankenhäusern verlangen können (§ 28 Abs. 2 MG NRW).
Kostenübernahme
Auch wenn zahlreiche Ärztinnen und Ärzte Menschen ohne Papiere kostenlos behandeln, so stellt sich dennoch die Frage, in welchen Fällen die Behandlungskosten abgerechnet werden können.
Bei der Frage der Kostenübernahme können auch die Vermittlungs- und Beratungsstellen Hilfe leisten.
Medizinische Vermittlungs- und Beratungsstellen
- Besonders im Falle der Notfallbehandlung hat die Klarstellung in der AVV die Chance erhöht, dass öffentliche Krankenhäuser die ihnen entstandenen Kosten von den Sozialämtern nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) zumindest teilweise erstattet bekommen. Eine Abrechnung über das Sozialamt ist grundsätzlich bei akuten oder schmerzhaften Erkrankungen oder bei Leistungen, die für die Aufrechterhaltung der Gesundheit unerlässlich sind möglich (§§ 4 und 6 AsylbLG). Unter diese Gesetz fallen auch Menschen ohne Papiere.
Der verlängerte Geheimnisschutz greift allerdings nur bei Notfallbehandlungen.
Bei geplanten Behandlungen müssen die Patienten ohne Papiere zur Abrechnung einen Krankenschein beim Sozialamt beantragen. Auf diesem Weg erlangt das Sozialamt Informationen über den Patienten nicht von einer schweigepflichtigen Person. - Bei Arbeitsunfällen können die Behandlungskosten selbst bei illegaler Beschäftigung ohne Aufenthaltsstatus gegenüber der gesetzlichen Unfallversicherung der Berufsgenossenschaften geltend gemacht werden. Der Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung besteht für abhängig Beschäftigte. Verstöße gegen Beschäftigungsverbote oder das Ausländergesetzt stehen dem Versicherungsschutz grundsätzlich nicht im Weg, wie der Spitzenverband der gewerbliche Berufsgenossenschaften und der Unfallversicherungsträger der öffentlichen Hand, die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV) mitteilt.
- Nach dem Opferentschädigungsgesetz können auch Menschen ohne Aufenthaltsstatus Leistungen beziehen, wenn sie Opfer einer Gewalttat in Deutschland geworden sind.
- Wenn im Herkunftsland eine Krankenversicherung und ein Sozialversicherungsabkommen zwischen den Ländern besteht, ist im Rahmen der Leistungspflicht die gesetzliche Krankenkasse im Heimatland der zuständige Leistungsträger.
- Bei Erkrankungen im Rahmen des Infektionsschutzgesetzes (z.B. sexuell übertragbare Krankheiten oder Tuberkulose) ist das Gesundheitsamt zur Kostenübernahme verpflichtet, sofern keine andere Abrechnungsmöglichkeit besteht.
- Kommt keine der oben genannten Möglichkeiten in Betracht, sollte erwogen werden, ob das Krankenhaus oder die Praxis bereit ist, dem Patienten als Selbstzahler die Behandlung zum reduzierten Betrag anzubieten.
Gesetze und Verordnungsgrundlagen
Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Aufenthaltsgesetz (AVV)
Artikel im Rheinischen Ärzteblatt zum Thema
Gemeinsam für eine gute Versorgung von Menschen in prekären Lebenslagen (2/2015, S. 12)
Interview: "Alle Kinder haben ein Recht auf ein friedliches und gesundes Aufwachsen" (2/2015, S. 14)
Scharfe Kritik an Versorgung von Flüchtlingen und „Papierlosen“ (6/2013, S. 24)
Flyer informiert über Behandlung von Menschen ohne Papiere (12/2012, S. 9)
Eine internationale Herausforderung: Das Recht auf Gesundheitsversorgung (9/2011, S. 18f)
Krank und ohne Papiere (9/2010, S. 21)
Anonymer Krankenschein für Illegale (7/2010, S. 9)
Medizinische Hilfe für Illegale(12/2009, S. 22f.)
Krank und nicht versichert(9/2005, S. 12)
Wenn ein gebrochener Finger den Angstschweiß treibt(11/2004, S. 15)
Medizinische Vermittlungs- und Beratungsstellen für Flüchtlinge, Migrantinnen und Migranten in Nordrhein
Bonn: MediNetz Bonn e.V.
Oscar-Romero-Haus, Heerstr. 205, 53111 Bonn, 0175 / 5 57 79 07
medinetzbonn(at)mailbox.org, www.medinetzbonn.de
Düsseldorf: MediNetz Düsseldorf, c/o Stay! Düsseldorfer Flüchtlingsinitiative e.V.
Hüttenstr. 150, 40227 Düsseldorf, 0211 / 72 13 95 12,
medinetz(at)stay-duesseldorf.de,
www.stay-duesseldorf.de/medinetz
Essen: MediNetz Essen e. V., Medizinische Flüchtlingshilfe,
Friedrich-Ebert-Str. 30, 45127 Essen, 0201 / 2 20 04 19,
Notfall-Nummer: 0178 / 1 98 29 95, info(at)medinetz-essen.de
www.medinetz-essen.de
Köln: Kein Mensch ist illegal - Köln
Allerweltshaus, Körnerstr. 77-79, 50823 Köln-Ehrenfeld, 0176 / 54 32 78 83,
beratung-kmii(at)gmx.de
www.kmii-koeln.de
Malteser Migranten Medizin, c/o St. Hildegardis,
Haus Rita, Bachemer Str. 29-33, 50931 Köln, 0221 / 94 97 60 42, 0221 / 94 97 60 10,
MMM(at)malteser-koeln.de,
www.malteser-migranten-medizin.de
Eine Übersicht über die in Deutschland arbeitenden Vermittlungs- und Beratungsstellen
findet sich im Internet unter
Faltblatt der Bundesärztekammer Hilfe für Menschen ohne legalen Aufenthaltsstatus