Düsseldorf, 2.3.2016.
Regelmäßiger Alkoholkonsum birgt deutlich mehr Gesundheitsrisiken als gemeinhin angenommen, warnen die Ärztekammer Nordrhein (ÄkNo) und die Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen (DHS). Ärzte und Suchthilfeexperten empfahlen jetzt in Düsseldorf, dass gesunde Männer maximal 24 Gramm und gesunde Frauen höchstens 12 Gramm Alkohol trinken sollten, das entspricht einem Viertelliter Bier oder einem Achtelliter Wein pro Tag. „Viele Menschen unterschätzen die Gefahren eines scheinbar geringen Alkoholkonsums“, sagte der Präsident der Ärztekammer Nordrhein, Rudolf Henke. „Zwei bis drei Wochentage sollten komplett alkoholfrei bleiben, um eine Gewöhnung zu vermeiden“, so der Geschäftsführer der DHS, Dr. Raphael Gaßmann.
Gemessen an den Empfehlungen trinkt derzeit jeder siebte Erwachsene in Deutschland zu viel, knapp 1,8 Millionen Menschen gelten gar als alkoholabhängig. Der Übergang von „Genusskonsum“ zu problematischem Konsum bis hin zur Abhängigkeit ist fließend und entwickelt sich häufig über einen längeren Zeitraum. Wissenschaftliche Studien widerlegen die Annahme, körperliche Folgeschäden seien nur bei einer Alkoholabhängigkeit zu erwarten.
Zu hoher Alkoholkonsum schadet vor allem der Leber und dem Gehirn und ist zudem häufiger Grund für Entzündungen der Bauchspeicheldrüse sowie der Magenschleimhaut.
Außerdem ist das Risiko für Herzmuskelerkrankungen und Bluthochdruck erhöht, während Potenz und sexuelle Erlebnisfähigkeit beeinträchtigt werden. Langfristiger Alkoholmissbrauch kann auch Krebserkrankungen auslösen – zum Beispiel in Leber, Mundhöhle, Rachenraum und Speiseröhre, Enddarm und weiblicher Brustdrüse. Nicht zuletzt verändert ein ständiger, überhöhter Alkoholkonsum die Persönlichkeit und kann zu Reizbarkeit und Unruhe, Ängsten oder gar Suizidgedanken führen.
Das gesellschaftliche Stigma ist ein wesentlicher Grund dafür, dass Menschen mit Alkoholproblemen oft erst nach vielen Jahren ärztliche Hilfe suchen – häufig leider erst in einem Stadium, in dem körperliche, psychische und soziale Krisen nicht mehr zu verleugnen sind. Deshalb will die Ärztekammer Nordrhein Beratungsgespräche fördern, in denen Ärztinnen und Ärzte ihre Patienten rechtzeitig zu einem reduzierten, risikoarmen Konsum motivieren.
„Solche kurzen Interventionen haben gerade in einem frühen Stadium riskanten Konsums gute Erfolgsaussichten“, sagte Henke. Die Kammer bietet Fortbildungen an, in denen Ärztinnen und Ärzte trainieren, wie sie Patienten wirksam ansprechen und so Früherkennung und Behandlung alkoholbezogener Störungen verbessern können. Informationsflyer für das Wartezimmer sollen helfen, Gesprächsanlässe in der Praxis anzubahnen. Die DHS hat einen Leitfaden zur „Kurzintervention bei Patientinnen und Patienten mit problematischem Alkoholkonsum“ herausgegeben.