Das Zeugnis in der Ausbildung - Wie erstelle ich Ausbildungszeugnisse richtig?
Eine Information der Ärztekammer Westfalen-Lippe für ausbildende Ärztinnen und Ärzte (Stand 3/2004)
Inhaltsübersicht
1. Wer hat Anspruch auf ein Ausbildungszeugnis?
2. Wann muss ein Ausbildungszeugnis / Zwischenzeugnis erteilt werden?
3. Wann muss ein Ausbildungszeugnis ausgehändigt werden?
4. Welche Angaben muss ein Ausbildungszeugnis im Einzelnen enthalten?
5. Was darf nicht in ein Ausbildungszeugnis?
6. Formulierungen des Ausbildungszeugnisses
7. Art der Ausbildungszeugnisse
Für die angehende Medizinische Fachangestellte / den angehenden Medizinischen Fachangestellten (im Folgenden wird die weibliche Form verwendet) hat das Ausbildungszeugnis eine ganz wesentliche Bedeutung: Es gehört nicht nur zwingend zu den vollständigen Unterlagen bei der späteren Bewerbung um einen Ausbildungs- oder Arbeitsplatz. Darüber hinaus erwartet die Auszubildende im Interesse ihres beruflichen Fortkommens mit Recht ein aussagekräftiges Zeugnis zum Abschluss der Ausbildung. Auf ein solches Zeugnis hat sie Anspruch. Das gilt übrigens auch dann, wenn das Berufsausbildungsverhältnis vorzeitig gelöst wurde.
Für Sie als ausbildende Ärztin oder ausbildender Arzt stellen sich deshalb möglicherweise folgende Fragen:
- Wie erstelle ich ein rechtssicheres Ausbildungszeugnis?
- Was muss ich bei der Erstellung des Zeugnisses formal beachten?
- Welche Formulierungen kann ich verwenden, die dem kundigen Leser genau das vermitteln, was ich meine?
1. Wer hat Anspruch auf ein Ausbildungszeugnis?
Auszubildende haben bei Beendigung des Ausbildungsverhältnisses sowohl einen gesetzlichen (§ 16 Berufsbildungsgesetz) als auch einen vertraglichen Anspruch aus dem Ausbildungsvertrag auf Ausstellung eines schriftlichen Zeugnisses. Die elektronische Form ist ausgeschlossen. Dies gilt auch dann, wenn die Auszubildende im Anschluss an das Ausbildungsverhältnis weiter beschäftigt wird. Aber auch im Falle der vorzeitigen Beendigung des Berufsausbildungsverhältnisses, zum Beispiel durch Aufhebungsvereinbarung oder bei Kündigung aus wichtigem Grund besteht der Anspruch auf ein Ausbildungszeugnis.
Sofern die Auszubildende nicht die Ausstellung eines qualifizierten Zeugnisses verlangt, können Sie ein einfaches Ausbildungszeugnis erstellen. Das einfache Zeugnis enthält lediglich Angaben über Art, Dauer und Ziel der Ausbildung sowie über die erworbenen Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten der Auszubildenden. Auf Verlangen der Auszubildenden kann auch ein qualifiziertes Zeugnis ausgestellt werden. In diesem Fall sind zusätzliche Angaben über Verhalten und Leistung aufzunehmen.
2. Wann muss ein Ausbildungszeugnis / Zwischenzeugnis erteilt werden?
Mit der Beendigung des Ausbildungsverhältnisses ist das Zeugnis auszustellen. Ausnahmsweise kann auch vor Ausbildungsende ein Zeugnis verlangt werden, wenn die Auszubildende sich für eine andere Berufsausbildung oder bereits vor Ausbildungsende anderweitig um eine Stelle als Medizinische Fachangestellte bewerben möchte. Ein vorläufiges Zeugnis (Zwischenzeugnis) ist auch als solches zu bezeichnen.
Auch dann, wenn die Auszubildende die Abschlussprüfung nicht bestanden hat oder die Ausbildung abgebrochen wurde, besteht der Anspruch auf das Zeugnis.
Auf Grund der gesetzlichen zwingenden Vorgabe kann weder der Anspruch vertraglich ausgeschlossen werden, noch können Auszubildende zum Beispiel auf den Zeugnisanspruch verzichten. Diese Pflicht besteht auch dann, wenn die Auszubildende das Zeugnis nicht ausdrücklich verlangt. Ein Zurückbehaltungsrecht wegen etwaiger Ansprüche gegen die Auszubildende steht dem Ausbildenden nicht zu.
3. Wann muss ein Ausbildungszeugnis ausgehändigt werden?
Die angehende Medizinische Fachangestellte benötigt das Zeugnis als Bewerbungsunterlage bei der Ausbildungsplatz- / Arbeitsplatzsuche. Das Zeugnis sollte deshalb im Regelfall so rechtzeitig erstellt werden, dass es am Tag der Beendigung der Ausbildung ausgehändigt werden kann.
4. Welche Angaben muss ein Ausbildungszeugnis im Einzelnen enthalten?
Grundsätzlich ist sowohl der Familien- als auch der Vorname, das Geburtsdatum und der Geburtsort sowie die Anschrift zweckmäßig und üblich, um Verwechslungen mit Gleichnamigen zu vermeiden, im Zeugnis anzugeben. Erforderlich ist die Angabe der genauen, amtlichen Bezeichnung des Ausbildungsberufes, in dem der Auszubildende gemäß der Ausbildungsordnung ausgebildet wurde. Auch das Ausstellungsdatum darf nicht fehlen. Dieses Datum muss allerdings nicht mit dem Datum des Ausscheidens identisch sein. Auch ist der Beginn und das Ende des Ausbildungsverhältnisses benau datumsgemäß anzugeben. Eine Angabe nur des Zeitraums (z.B. 2 Jahre) würde keine hinreichende Information gewährleisten und deshalb nicht genügen. Unter "Dauer der Beschäftigung" ist die rechtliche (nicht aber die tatsächliche) Dauer des Ausbildungsverhältnisses zu verstehen. Das bedeutet: Krankheitszeiten während der Dauer der Ausbildungszeit und noch zustehender Urlaub sind als "Beschäftigung" anzusehen. Im Falle einer Kündigung aus wichtigem Grund endet das Ausbildungsverhältnis mit dem Zugang der Kündigungserklärung.
Das Zeugnis ist schriftlich zu erstellen und eigenhändig vom Praxisinhaber zu unterschreiben. Bei Gemeinschaftspraxen genügt es in der Regel, wenn einer der Gemeinschaftspartner unterschreibt.
Ein Zeugnis sollte möglichst genaue und umfassende Angaben darüber enthalten, was für Tätigkeiten während der Ausbildungszeit erlernt und ausgeübt wurden. Nur bei einer genauen Beschreibung der Tätigkeiten ist es nämlich einem künftigen Arbeitgeber möglich, sich aus den Angaben im Zeugnis ein klares Bild über den möglichen Aufgabenbereich der zukünftigen Mitarbeiterin zu machen.
5. Was darf nicht in ein Ausbildungszeugnis?
Krankheiten (auch längerfristige) oder eine Schwerbehinderteneigenschaft der Auszubildenden können grundsätzlich nicht erwähnt werden. Krankheiten können nur dann in einem Zeugnis angegeben werden, wenn sie die Leistung oder das Verhalten der Auszubildenden nachweislich erheblich beeinflusst haben.
Auch bei der Frage, ob eine Straftat in einem Zeugnis anzugeben ist, gilt der Grundsatz, dass der Zeugnisaussteller einen wohlwollenden Standpunkt einzunehmen hat.
Sowohl eine Straftat wie auch ein Strafverfahren dürfen nur im Zeugnis erwähnt werden, wenn sie mit dem Arbeitsverhältnis direkt in Zusammenhang stehen und die Straftat durch eine gerichtliche Entscheidung nachgewiesen ist. Die Art des Ausscheidens, z. B. durch ordentliche Kündigung oder Kündigung aus wichtigem Grund, ist im Zeugnis grundsätzlich nicht anzugeben. Ausnahme: Kündigung durch die Auszubildende oder im Falle der Praxisaufgabe. Unterbrechungen der Ausbildungszeit (z. B. Elternzeit) sind allerdings im Zeugnis anzugeben.
6. Formulierungen des Ausbildungszeugnisses
Bei der Formulierung eines Zeugnisses haben Sie einen Beurteilungsspielraum. Nur wenn dieser Beurteilungsspielraum überschritten ist, kann die Auszubildende einen Berichtigungsanspruch geltend machen. Dies ist dann der Fall, wenn Tatsachen unrichtig festgestellt oder unrichtige Werturteile abgegeben wurden. Ein Anspruch der Auszubildenden auf bestimmte Formulierungen besteht aber nicht.
Um der Auszubildenden die weitere berufliche Zukunft nicht unnötig zu erschweren, soll das Zeugnis von verständigem Wohlwollen getragen sein. Es muss selbstverständlich der Wahrheit entsprechen. Die bewusste Ausstellung eines unrichtigen Zeugnisses führt unter Umständen zu einer Schadensersatzpflicht gegenüber einem späteren Arbeitgeber.
Einmalige Vorfälle, die für die Auszubildende, ihre Führung und Leistung nicht typisch sind, dürfen nicht in das Zeugnis aufgenommen werden.
Allerdings: Das berechtigte Interesse des zukünftigen Arbeitgebers ist zu berücksichtigen, da er sich auf das Zeugnis verlässt.
7. Art der Ausbildungszeugnisse
Die Auszubildende kann - wie erwähnt - zwischen einem einfachen und einem qualifizierten Ausbildungszeugnis wählen. Vor der Zeugniserstellung sollten Sie deshalb nach der gewünschten Zeugnisart fragen. Wird nur ein einfaches Ausbildungszeugnis verlangt, so darf kein qualifiziertes Zeugnis ausgestellt werden.
a) Das einfache Ausbildungszeugnis
Das einfache Ausbildungszeugnis muss Angaben enthalten über
- Art (betriebliche Ausbildung),
- Dauer der Tätigkeit,
- Ziel der Berufsausbildung (Medizinischer Fachangestellter / Medizinische Fachangestellte) sowie
- über die erworbenen Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten
der Auszubildenden.
Auf Verlangen der Auszubildenden sind auch Angaben über Verhalten und Leistung aufzunehmen.
Bei einem einfachen Zeugnis handelt es sich um eine reine Tätigkeitsbeschreibung ohne wertende Beurteilung. Bewertungen dürfen nicht in der Tätigkeitsbeschreibung enthalten sein.
b) Das qualifizierte Ausbildungszeugnis
In das qualifizierte Ausbildungszeugnis sind gegenüber dem einfachen Ausbildungszeugnis auch Angaben über Verhalten und Leistung der Auszubildenden aufzunehmen. Ebenso ist eine Verkürzung der Ausbildungsdauer (auf Grund besonderer beruflicher bzw. schulischer Vorbildung) zu erwähnen.
Angaben über Verhalten beinhalten unter anderem:
- Allgemeines Sozialverhalten der Auszubildenden am Arbeitsplatz
- Benehmen
- Verhalten gegenüber Vorgesetzten und Kollegen sowie im Umgang mit Patienten
- Kooperations- und Anpassungsfähigkeit
Angaben über Leistung beinhalten unter anderem:
- Ausbildungsbereitschaft
- Ausbildungsbefähigung
- Lern- und Arbeitsweise
- Erworbene Fertigkeiten und Kenntnisse
- zusammenfassende Leistungsbeurteilung
Angaben zur Führung des Auszubildenden
eine gängige (sehr) positive Formulierung:
Führung und Verhalten von Frau/Herrn XY waren jederzeit/stets einwandfrei
Folgende Abstufungen können in Frage kommen:
Auf Grund ihres immer freundlichen, hilfsbereiten Wesens und ihrer ständigen Bereitschaft zur Zusammenarbeit war sie überall. besonders beliebt. Ihre Führung und ihr Verhalten gegenüber Vorgesetzten und Mitarbeiterinnen waren in jeder Beziehung vorbildlich.
Auf Grund ihres freundlichen Wesens und ihrer Bereitschaft zur Zusammenarbeit war sie überall beliebt. Ihre Führung und ihr Verhalten gegenüber Vorgesetzten und Mitarbeiterinnen waren stets vorbildlich.
Auf Grund ihres freundlichen Wesens und ihrer Bereitschaft zur Zusammenarbeit war sie allgemein beliebt. Ihre Führung und ihr Verhalten gegenüber Vorgesetzten und Mitarbeiterinnen waren einwandfrei.
Ihre Führung und Ihr Verhalten gegenüber Vorgesetzten und Mitarbeiterinnen waren nicht zu beanstanden.
Ihre Führung und ihr Verhalten gegenüber Vorgesetzten und Mitarbeiterinnen waren in der Regel nicht zu beanstanden.
Angaben über Leistung und fachliche Fähigkeiten beinhalten unter anderem:
- Ausbitdungseinsatz (Einsatzfreude, Leistungswille, Flexibilität bei neuen Aufgaben, Weitergabe von Informationen)
- Ausbildungsbefähigung (Auffassungsgabe, Denkvermögen, Belastbarkeit)
- erworbene Fertigkeiten und Kenntnisse
- Lern- und Arbeitsweise (Fleiß, Sorgfalt, Zuverlässigkeit, Selbstständigkeit)
- Arbeitserfolg (Arbeitsmenge und Qualität, Termineinhaltung)
Grundsätzlich müssen nicht alle diese Punkte im qualifizierten Ausbildungszeugnis angesprochen werden. Bei einer guten und sehr guten Leistungsbeurteilung sollten aber alle Leistungsaspekte angesprochen werden. Je besser also eine Auszubildende ist, desto mehr einzelne Leistungsaspekte wird das Zeugnis enthalten. Besondere Leistungen der Auszubildenden sollten gesondert erwähnt werden (z. B. Prüfungsbeste, vorzeitige Zulassung zur Abschlussprüfung).
Die Leistungsbeurteilung kann in Form einer Zusammenfassung mit folgenden Formulierungen erfolgen | |
entspricht er Note | |
stets zu meiner vollsten Zufriedenheit | 1 |
zu meiner vollsten Zufriedenheit | 2 |
stets zu meiner vollen Zufriedenheit | 2 |
zu meiner vollen Zufriedenheit | 3 |
stets zu meiner Zufriedenheit | 3 - 4 |
zu meiner Zufriedenheit | 4 |
im Großen und Ganzen zu meiner Zufriedenheit | 5 |
Beispiele für außergewöhnliche Leistungen:
Frau/Herr XY hat die ihr/ihm übertragenen Aufgaben in jeder Hinsicht außerordentlich zufriedenstellend erledigt.
oder:
Ihre Leistungen haben in jeder Hinsicht meine volle Anerkennung gefunden.
oder:
Ich war mit ihren Leistungen in jeder Hinsicht außerordentlich zufrieden.
Beispiele für mangelhafte Leistungen:
... mit Aufgeschlossenheit wahrgenommen
oder
... hat sich bemüht, die übertragenen Aufgaben zu meiner Zufriedenheit zu erledigen
Beispiele für ungenügende Leistungen:
... hat sich bemüht
... hat versucht
... hatte Gelegenheit, dies oder das zu tun oder kennen zu lernen
Wie war die Einstellung zur Ausbildung?
- bereitwillig
- fleißig
- pflichtbewusst
- einsatzwillig
- an der Aufgabe interessiert
- hat viel Initiative entwickelt
- war an eigener Weiterbildung interessiert
- interessierte sich auch für Fragen, die über den eigenen Aufgabenbereich hinausgingen
Wie war die Arbeitsweise?
Tempo und Sorgfalt:
- Erledigte die Arbeit zügig
- flott
- schnell
- genau
- gewissenhaft
- sorgfältig
Intensität und Ausdauer:
- Gleichmäßig in den Leistungen
- gründlich
- beharrlich und zielstrebig in der Verfolgung der Aufgaben
- arbeitete konzentriert
- behielt auch in schwierigen Situationen die Übersicht
Flexibilität:
- vermochte sich auf wechselnde Arbeitsanforderungen (schnell) umzustellen
- beweglich
- vielseitig einsetzbar
Selbstständigkeit:
- stimmte sich sachgerecht ab
- arbeitete selbstständig
Wie war das Verhalten?
Vertrauenswürdigkeit und Zuverlässigkeit:
- aufrichtig
- zuverlässig
- vertrauenswürdig
- verschwiegen
- diskret
Umgangsgewandtheit:
- korrekt
- höflich und zuvorkommend
- freundlich
- gute Umgangsformen
- gepflegtes Äußeres
Sachliche Einordnung und Anpassung:
- ließ sich gut lenken
- gutes sachliches Verhältnis zu Kollegen, Vorgesetzten und Mitarbeiterinnen
Persönlicher Kontakt und Verträglichkeit:
- umgänglich und verträglich
- offen
- aufgeschlossen
- kontaktfreudig