„Ab heute wird in ausgewählten Modellpraxen und -kliniken in Nordrhein-Westfalen die elektronische Patientenakte (ePA) im Praxisbetrieb getestet. Initiiert und begleitet wird der Testbetrieb in Nordrhein von den Kassenärztlichen Vereinigungen Nordrhein und Westfalen-Lippe sowie der Krankenhausgesellschaft Nordrhein-Westfalen – in enger Abstimmung mit der gematik als Nationale Agentur für Digitale Medizin.
Grundsätzlich begrüßt die Ärztekammer Nordrhein die Einführung der ePA sowie deren Testanwendung in den drei Modellregionen. Wir alle wissen, dass die ePA großes Potenzial hat, die Patientenversorgung zu verbessern, indem beispielsweise wichtige Befunde, Medikationsplan und Notfalldaten gespeichert und in der sektorübergreifenden Patientenbehandlung genutzt werden können. Die Akzeptanz zur Nutzung der ePA steht und fällt aber mit deren Praktikabilität und dem Vertrauen in die Sicherheit ihrer sensiblen Daten.
Die im Dezember vom Chaos Computer Club aufgezeigten Sicherheitslücken in der elektronischen Patientenakte müssen daher vor einem bundesweiten Roll-out vollständig ausgeräumt werden, so wie es Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach gestern in Berlin versprochen hat.
Solange die angemahnten Sicherheitslücken bestehen oder in den Testregionen Arbeitsabläufe durch die ePA gestört werden, rate ich dringend von einem bundesweiten Roll-out ab, um die Akzeptanz der Karte nicht grundsätzlich zu gefährden.
Ebenfalls unterstütze ich die Forderungen des Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzt*innen e.V. (BVKJ) an der Wahrung von Datenschutzrechten von Kindern und Jugendlichen zu arbeiten. Zu recht kritisiert der BVKJ, dass die Befüllung der ePA von Kindern mit hochsensiblen Daten, die zu Stigmatisierung oder Diskriminierung führen könnten, für Ärzt*innen verpflichtend ist, auch wenn diese überzeugt sind, dass dies nicht im Interesse des Kindes ist. Ungeklärt ist weiterhin auch, wie Berechtigten der Zugang zu sensiblen Daten zum Beispiel im Kinderschutzfall entzogen werden kann. An solchen grundlegenden Hinweisen des Berufsverbands zur Verbesserung der ePA muss die gematik und deren Partner umgehend arbeiten.
Den Krankenkassen empfehle ich dringend, die Zeit bis zum bundesweiten Roll-out zu nutzen, um die Versicherten neutral über Nutzen und Funktionen der ePA, aber auch über mögliche Risiken aufzuklären. Denn eine Umfrage der gematik aus dem Dezember 2024 zeigt, dass sich nur 34 Prozent der Bürgerinnen und Bürger ausreichend über die „ePA für alle“ informiert fühlen. Viele Patientinnen und Patienten, die nicht über ein Smartphone verfügen, wissen beispielsweise nicht, wie und wo sie Leseberechtigungen einschränken oder Widerspruch einlegen können.
Düsseldorf, 15.01.2025