Düsseldorf, 15.2.2023. Brustvergrößerung, Faltenbehandlung, Fettabsaugen, Psychopharmaka zur Steigerung der geistigen Leistungsfähigkeit – die Methoden der Selbstoptimierung sind vielfältig und noch nie zuvor hat es so viele Frauen und Männer gegeben, die danach streben, in jeder Lebenslage "das Beste" aus sich herauszuholen. Darauf wiesen Expertinnen und Experten aus Medizin, Ethik und Soziologie beim Symposium "Update Ethik: Selbstoptimierung – Ethische und juristische Implikationen" der Ärztekammer Nordrhein hin, das Anfang Februar online stattfand.
Körperliche oder auch geistige Selbstoptimierung sei nicht neu, aber sie werde immer mehr zum gesellschaftlichen Thema und gewinne an breiterer Akzeptanz und Normalität, gerade in der jüngeren Generation, sagte der Präsident der Ärztekammer Nordrhein, Rudolf Henke, zum Auftakt der Fortbildungsveranstaltung. Die Folge sei eine zunehmende Anzahl an entsprechenden Behandlungen und Operationen, die ohne medizinische Notwendigkeit vorgenommen würden. „Das kann zu einer gewissen Bagatellisierung führen, wenn etwa Eltern ihren Kindern Konturkorrekturen zum 16. Geburtstag schenken“, warnte Henke und forderte Ärztinnen und Ärzte auf, gerade bei medizinisch nicht indizierten Eingriffen Patienten besonders umfassend über die Risiken aufzuklären.
In die Schlagzeilen geraten war jüngst der Fall zweier Frauen, die in Düsseldorf an den Folgen einer Gesäßvergrößerung verstorben waren. Der Arzt wurde wegen Körperverletzung mit Todesfolge zu einer dreijährigen Haftstrafe verurteilt. Das Gericht warf ihm vor, seine Patientinnen nicht schonungslos über die Risiken der Operation aufgeklärt zu haben. Zudem sei in beiden Fällen weit mehr als die empfohlene Menge Körperfett entnommen und wieder eingespritzt worden. „Problem ist hier sicher auch, dass sich die Schönheitschirurgie außerhalb des gesetzlich geregelten Weiterbildungsrechts der Ärzteschaft entwickelt hat“, sagte Henke.
Der Kammerpräsident wies darauf hin, dass die Ärztekammer Nordrhein bereits 2019 eine Handreichung „Schönheitsoperationen/Ästhetische Behandlungen“ für Patientinnen und Patienten herausgegeben hat. Neben der Empfehlung, sich über die eigenen Motive für ästhetische Eingriffe klar zu werden, informiert die Broschüre über ärztliche Qualifikationen sowie ärztliche Aufklärungs- und Sorgfaltspflichten. Sie bietet zudem eine Checkliste, die Patienten dabei unterstützen soll, im Vorfeld eines ästhetischen Eingriffs die Qualität der Behandlungsangebote einschätzen zu können.
An die ärztliche Ethik und die berufsrechtliche Verantwortung der Kolleginnen und Kollegen appellierte Bernd Zimmer, Vizepräsident der Ärztekammer Nordrhein. Es stelle sich die Frage, ob das alles ärztlich sei, was an Schönheitsoperationen und ästhetischen Behandlungen angeboten werde. Mit ihrer Weiterbildungsordnung habe die Ärzteschaft klargestellt, dass nicht jeder Arzt alles machen dürfe. „Das sollten alle Kolleginnen und Kollegen beherzigen, die sich diesen lukrativen Markt erschließen wollen“, erklärte Zimmer. Als Weiterbildungsqualifikationen mit Inhalten, die auch in der „Schönheitschirurgie“ zur Anwendung kommen, zählte er die Gebietsbezeichnungen plastische, rekonstruktive und ästhetische Chirurgie, Chirurgie mit dem Teilgebiet plastische Chirurgie, Hals-Nasen-Ohrenheilkunde oder Mund-Kiefer- und Gesichtschirurgie mit der Zusatzbezeichnung plastische und ästhetische Operationen, Haut- und Geschlechtskrankheiten sowie Frauenheilkunde und Geburtshilfe. Die Weiterbildung biete zusammen mit der entsprechenden Berufserfahrung das Rüstzeug für die ärztliche Tätigkeit, sagte Zimmer. Das gelte auch für die Schönheitschirurgie, die als reine Wunschmedizin abzugrenzen sei von plastisch rekonstruktiven Eingriffen beispielsweise bei Verbrennungen, schweren Verletzungen oder Fehlbildungen, die eine medizinische Indikation hätten.
Zimmer kritisierte zudem, dass insbesondere bei gewerblichen ästhetischen Angeboten die psychische Disposition der Patientinnen und Patienten vielfach nicht ausreichend berücksichtigt werde. Auch bei wunschmedizinischen Eingriffen oder Behandlungen müsse an oberster Stelle stehen, das Vertrauen der Patienten nicht zu missbrauchen und keine falschen Erwartungen zu wecken.
Einen ausführlichen Bericht über „Update Ethik: Selbstoptimierung – Ethische und juristische Implikationen“ veröffentlicht das Rheinische Ärzteblatt in der April-Ausgabe, die am 31. März erscheint.
HK
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