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Telemedizinisches Pilotprojekt

Landesregierung würdigt TELnet@NRW als „Meilenstein“ für eigene Digitalstrategie

  • Rudolf Henke
    Portrait von Rudolf Henke © Jochen Rolfes
  • Dr. Christian Flügel-Bleienheuft
    Dr. Christian Flügel-Bleienheuft berichtete über die Erfahrungen, die Teilnehmer des Gesundheitsnetzes Köln-Süd mit TELnet@NRW gemacht haben. © Bülent Erdogan

Düsseldorf, 21.1.2020. Unter dem Motto „Wir gestalten die Patientenversorgung der Zukunft“ fand am 20. Januar 2020 im Düsseldorfer Haus der Ärzteschaft  die Abschlussveranstaltung des Projekts TELnet@NRW statt. Gefördert im Rahmen des Innovationsfonds durch den Gemeinsamen Bundesausschuss, hatten sich Anfang 2017 unter der Projektleitung der Klinik für Operative Intensivmedizin und Intermediate Care des Universitätsklinikums Aachen und in Kooperation mit der Universitätsklinik Münster 17 Kliniken in den Modellregionen Aachen und Münster sowie zwei Ärztenetze aus Bünde und Köln mit dem Ziel zusammengeschlossen, eine sektorenübergreifende telemedizinische Versorgung von Patienten mit Sepsis oder komplizierten infektiologischen Erkrankungsbildern zu erproben. 150.000 Patienten wurden in das Projekt eingeschlossen, 10.000 von ihnen telemedizinisch versorgt, nötigenfalls rund um die Uhr.

„Telemedizinisch gestützte Konsiliardienste machen es möglich, die in deutschen Krankenhäusern rare infektiologische Expertise gerade in kleinere Kliniken zu bringen“, sagte Rudolf Henke, Präsident der Ärztekammer Nordrhein, auf der Veranstaltung. Sowohl die nordrheinische als auch die westfälisch-lippische Ärztekammer sind Partner des Projekts.  Durch die verschiedenen Formen telemedizinisch gestützter Konsiliardienste, Visiten und Videokonferenzen zwischen universitären Experten und Krankenhäusern und Praxen habe Telnet@NRW spezialisierte ärztliche Kompetenz in die Fläche gebracht, den Wissenstransfer verbessert und zu einer Stärkung einer leitliniengerechten Behandlung mit Antibiotika beigetragen. „Die Fortschritte in der Digitalisierung verändern die Medizin, verändern das Gesundheitswesen. Politik muss die Rahmenbedingungen so gestalten, dass echter digitaler Fortschritt ankommt und insbesondere zu mehr Lebensqualität führt", sagte Henke.

Telnet@NRW als Nukleus für das Virtuelle Krankenhaus

Für die im April 2019 der Öffentlichkeit vorgestellte Digitalstrategie des Landes NRW sei das Modellprojekt Telnet@NRW „ein Meilenstein“, gar „der Meilenstein“, sagte Dr. Edmund Heller, Staatssekretär im Landesgesundheitsministerium, im Haus der Ärzteschaft. „Wir haben es geschafft, in Nordrhein-Westfalen beispielhafte Strukturen für eine qualitativ hochwertige telemedizinische Versorgung zu entwickeln.“ Auch für das im Oktober 2019 gestartete Projekt „Virtuelles Krankenhaus“ (VKH)  habe Telnet@NRW wichtige Grundlagenarbeit geleistet, sagte er, mehr noch: ohne die Vorarbeit des Netzwerkes hätte man das VKH-Projekt nicht in Angriff genommen, betonte Heller.

Das VKH soll Frühsommer dieses Jahres mit fünf Indikationen starten. Derzeit beschäftigen sich Arbeitsgruppen des im Herbst eingesetzten Gründungsausschusses mit den Themen „Versorgungsauftrag, Strategie und Rechtsfragen“, „Netzwerk- und Finanzierungsfragen“, „Datenaustausch, Informationssicherheit und Plattformen“. Bislang liege man im Zeitplan. „Schritt für Schritt“ soll eine digitale Plattform entstehen, die die fachärztliche Expertise im Land digital bündeln und telemedizinische Anwendungen verfügbar machen soll. Geplant ist auch ein landesweites zentrales Verzeichnis der registrierten Leistungserbringer. Dies solle „die gezielte Ansprache von Spezialisten“ ermöglichen, so Heller. „Wir betreten hier Neuland, weniger technisch, als vielmehr versorgungspolitisch.“ TELnet@NRW habe dieses „Neuland schon ein gutes Stück weit vermessen und kultiviert“, so Heller.

Mit der Digitalisierung stehe das Land „vor einer neuen Gründerzeit“, sagte der Staatssekretär. „Die Entwicklung ist ungeheuer dynamisch. Wir können nicht wissen, wie das Land in zehn Jahren im Einzelnen aussehen wird. Das macht Planungen schwierig, aber auch reizvoll für denjenigen, der neugierig ist.“ Allerdings kritisierte Heller, dass die Übernahme des TELnet@NRW-Modells in die Regelversorgung „noch in den Sternen“ stehe und frühestens Mitte 2021 möglich sei.

Konsile steigern Leitlinienadhärenz

Professor Dr. Wolfgang Greiner, Gesundheitsökonom und -manager an der Universität Bielefeld, stellte erste Ergebnisse aus einer Begleitstudie des Projekts vor. So hätten per Televisite versorgte stationäre Patienten eine um den Faktor sieben höhere Chance gehabt, innerhalb der ersten drei Stunden nach Diagnosestellung leitliniengerecht behandelt zu werden. „Das macht deutlich, welche hohe Relevanz eine frühe telemedizinische Betreuung hat.“ Auch Patienten, die nicht televisitorisch betreut worden seien, deren mit TELnet@NRW kooperierende Ärzte aber im Rahmen des Projekts geschult worden seien, hätten eine fünffach höhere Chance auf eine Sepsis-Behandlung gemäß Expertenempfehlung gehabt. Man habe in Teilbereichen zudem positive Lerneffekte beobachten können, die mit der Zahl der von den behandelnden Ärzten in Anspruch genommenen telemedizinischen Konsilen assoziiert seien, sagte Greiner. Im Verlauf dieses Jahres soll die Begleitstudie auch Daten zur Letalität bei Sepsis, zur Krankenhausverweildauer, antibiotikaassoziierten Darminfektionen oder zu Verlegungstransporten liefern, so der Bielefelder Wissenschaftler.

„Für uns Ärztinnen und Ärzte im Projekt TELnet@NRW war der Mehrwert der sektorenübergreifenden Zusammenarbeit während der gesamten Laufzeit deutlich spürbar. Auch die Resonanz der Patientinnen und Patienten war sehr positiv“, sagte TELnet@NRW-Konsortialführer Univ.-Prof. Dr. med. Gernot Marx, FRCA, Direktor der Klinik für Operative Intensivmedizin und Intermediate Care an der Uniklinik RWTH Aachen.

Die Tele-Konsile zwischen den universitären Experten und den kooperierenden Kölner Kolleginnen und Kollegen hätten „alle auf Augenhöhe“ stattgefunden, berichtete Dr. Christian Flügel-Bleienheuft vom 2007 gegründeten Gesundheitsnetz Köln-Süd. Auch habe sich die Sorge als unbegründet herausgestellt, dass die Patienten die Kompetenz des behandelnden Arztes anzweifeln könnten, wenn dieser sich an einen Spezialisten wendet. Vielmehr hätten die Patienten die Einholung „einer zusätzlichen Expertise“ als einen Gewinn an Sicherheit empfunden.

ble


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