Aktueller Jahresbericht des Gutachten- und Sachverständigenwesens
Behördliche Benennungsanfragen
Die Gesamtzahl der Anfragen der Gerichte und Staatsanwaltschaften zur Sachverständigenbenennung stieg mit 1.750 Vorgängen (+7 % zu 2021) auf das Niveau vor der Corona-Pandemie. Nahezu alle Amts-, Landgerichte sowie Staatsanwaltschaften im Kammerbereich richteten Anfragen an die Ärztekammer (53 Amtsgerichte, 10 Landgerichte und 9 Staatsanwaltschaften). 6 Prozent der Vorgänge kamen darüber hinaus zumeist veranlasst durch andere Ärztekammern von juristischen Institutionen außerhalb des Kammergebietes.
Der Anteil der auf elektronischem Weg gestellten Anfragen (Fax, Mail, Akteneinsichtsportal des Bundes und der Länder, Besonderes Behördenpostfach) stieg auf 21 Prozent. Durch den Anstieg der elektronisch zur Verfügung gestellten Verfahrensakten auf 16 Prozent ging der aufwändige Versand von Papierakten auf unter 20 Prozent zurück.
Der weit überwiegende Teil der gerichtlichen Anfragen betraf zivilrechtliche Verfahren (85%), von denen 40 Prozent Arzthaftungsverfahren waren. Die Arzthaftungsverfahren betrafen überwiegend die stationäre Gesundheitsversorgung (59%). Mit 39 Prozent waren die chirurgischen Fachgebiete am häufigsten betroffen (davon 53% Orthopädie und Unfallchirurgie). Es folgten Innere Medizin / Allgemeinmedizin (16%), Frauenheilkunde/Geburtshilfe (7%) und Neurologie/Psychiatrie (7%).
Bei den zivilrechtlichen Verfahren ohne Ärzte als Prozesspartei ging es in 64 Prozent um Unfallfolgen, Invalidität, Erwerbsminderung oder Berufsunfähigkeit. 13 Prozent betrug der Anteil der Verfahren zu Abrechnungsfragen oder zur medizinischen Notwendigkeit von Leistungen. 4 Prozent der Vorgänge betrafen die Klärung der Geschäftsfähigkeit und verwandte Fragen.
Mit 182 Vorgängen erreichten uns weniger Anfragen zu staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren gegen Mitglieder der Kammer (2021: 210). In 77 Prozent ging es um den Vorwurf der fahrlässigen Tötung, in 17 Prozent um fahrlässige Körperverletzung. 96 Prozent der Behandlungsfälle stammten aus der stationären Versorgung. Erstmalig überwogen Anfragen nach internistisch-allgemeinmedizinischen Sachverständigen (45%), gefolgt von Chirurgie (29%), Neurologie / Psychiatrie (8%) und Frauenheilkunde / Geburtshilfe (4%). In 5 Fällen kam es auf der Basis von schriftlichen Stellungnahmen der Ärztekammer zur Einstellung des Verfahrens mangels hinreichenden Tatverdachts.
Insgesamt wurden fast 1.200 Kolleginnen und Kollegen aus dem Kammerbereich als medizinische Sachverständige für Gerichte und Staatsanwaltschaften benannt.