Seit April 2024 wird STATAMED in der Praxis erprobt. Nach dem Aufbau der notwendigen Strukturen zeigen sich bereits jetzt die Stärken des geförderten Innovationsfondsprojekts, in dessen Zentrum die sektorenübergreifende allgemeinmedizinische Rundum-Behandlung steht. Das frühere Krankenhaus und jetzige Gesundheitszentrum St. Vincenz in Essen-Stoppenberg ist einer von sechs STATAMED-Standorten – und der einzige in NRW.
von Thomas Lillig
An einem Sonntag bekommt Marlies Stroppel hohes Fieber und zeigt Verwirrtheit. Ihr Ehemann ruft den Rettungsdienst. Der Notarzt hat den Verdacht, dass es sich um eine Harnwegsinfektion handeln könnte, und ordnet an, die Patientin stationär untersuchen zu lassen. Der Rettungswagen fährt die 85-Jährige aber nicht in das eigentlich für solche Notfälle vorgesehene nächste Krankenhaus nach EssenHuttrop, sondern zum Gesundheitszentrum St. Vincenz im Essener Norden. Dort wird seit April 2024 in Zusammenarbeit mit der AOK Rheinland/Hamburg das innovative Versorgungsprojekt STATAMED umgesetzt.
Darum geht es in diesem Projekt: Patienten mit akuten gesundheitlichen Problemen, für die eine ambulante Behandlung nicht ausreicht, die andererseits aber auch keine spezialmedizinische stationäre Versorgung benötigen, erhalten eine kurzstationäre allgemeinmedizinische Versorgung. In den STATAMED-Kliniken wie in Essen-Stoppenberg steht dafür eine ärztliche und pflegerische Rund-um-die-Uhr-Betreuung bereit. Diese Kliniken nehmen den umliegenden Krankenhäusern die nicht so schweren Fälle ab und tragen somit zu deren Entlastung bei. Sie haben darüber hinaus die notwendigen Ressourcen, um den meist älteren und multimorbiden Patientinnen und Patienten das Maß an Zuwendung zu geben, das ein großes Krankenhaus oft nicht aufbringen kann.
Kommunikation ist das A und O
Ziel von STATAMED ist, Patientinnen und Patienten nach kurzem stationären Aufenthalt zügig wieder in das gewohnte Wohnumfeld zu entlassen. Dafür arbeiten Klinik-, Haus- und Fachärztinnen und -ärzte, Pflegeeinrichtungen und Pflegedienste sowie die Rettungsdienste in einem Gesundheitsnetzwerk eng zusammen. Ein Patientenlotse koordiniert alle Beteiligten und hält Kontakt zu den Patientinnen und Patienten. Alle Versorgungsschritte von der Zuweisung über die Entlassung bis zur Nachsorge – unter anderem durch so genannte „Flying Nurses“ – erfolgen in enger Abstimmung.
Die Praxis von Hausärztin Dr. Katrin Ohde ist von Anfang an bei STATAMED dabei. Sie hat bereits 15 Patientinnen und Patienten an das Gesundheitszentrum St. Vincenz überwiesen und ist begeistert von der Kooperation mit den dortigen Kolleginnen und Kollegen. „Wenn ich einen Patienten zuweisen möchte, bespreche ich das direkt mit der ärztlichen Leiterin oder einem diensthabenden Kollegen. Während der stationären Behandlung bin ich im Austausch mit den Kolleginnen und Kollegen vor Ort über den Gesundheitszustand meines Patienten. Über den Zeitpunkt der Entlassung werde ich rechtzeitig vorher unterrichtet, um die ärztliche Nachsorge zu veranlassen“, beschreibt Ohde den Prozess. Den besonderen Nutzen der Versorgungsform sieht sie für Patientinnen und Patienten, die vielleicht allein zu Hause sind oder dort nicht richtig versorgt werden können, wenn sie ein akutes Problem haben, zum Beispiel eine Blasenentzündung oder Exsikkose. „Diese Patientinnen und Patienten möchte ich ungern ins Krankenhaus schicken, weil die Kliniken alle überlastet sind. Insofern ist STATAMED eine tolle Zwischenlösung – und die klappt wirklich gut“, sagt Katrin Ohde.
Ein wesentlicher Aspekt: die Nachsorge
Nach dem kurzstationären Aufenthalt übernehmen bei Bedarf mobile Pflegekräfte, die „Flying Nurses“, in enger Abstimmung mit den behandelnden Ärztinnen und Ärzten bis zu vier Wochen lang die nachstationäre häusliche Versorgung der STATAMEDPatienten. „Vorbildlich“, wertet der Ehemann von Marlies Stroppel, Karl Günter Stroppel, diesen Gesundheitsservice. „Im Mai war meine Frau zur Behandlung in der Uniklinik. Im Entlassgespräch wurde nur gesagt, dass der Hausarzt nun die Anschlussbetreuung übernähme und wir regelmäßig auf die Blutkontrolle achten sollten. Das war sehr mager, zumal unser Hausarzt seine Praxis aus Altersgründen gerade geschlossen hatte. Jetzt, nach der kurzstationären Versorgung durch STATAMED, kümmerten sich der Patientenlotse und die Flying Nurse um meine Frau. Die Nurse hat meine Frau zu Hause besucht, hat die Werte gecheckt, Blut abgenommen und uns den Befund später telefonisch durchgegeben. Sie hatte ein Notebook dabei und war telemedizinisch mit den Ärzten verbunden. Also, ich muss sagen: Wenn es das nicht schon gäbe, man müsste es glatt erfinden!“, lobt Stroppel.
Vierzehn Ärztinnen und Ärzte im Postleitbezirk Essen sind bereits Teil des Gesundheitsnetzwerks. Katrin Ohde würde sich freuen, wenn es noch mehr werden würden, und macht deshalb aus Überzeugung Werbung für STATAMED. Ihr geht es um ihre Patientinnen und Patienten: „Ich möchte sie einfach gut versorgt wissen – und wenn das im Krankenhaus aus verschiedenen Gründen nicht geht, dann bin ich froh, dass es eine Alternative gibt und ich alles telefonisch organisieren kann!“
Thomas Lillig ist Redakteur bei der KV Nordrhein.