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Praxis

Schulterschluss im Notdienst

15.01.2025 Seite 21
RAE Ausgabe 2/2025

Rheinisches Ärzteblatt

Heft 2/2025

Seite 21

© Михаил Решетников | Adobe Stock
Während sich die Notdienstreform im Bund weiter hinschleppt, werden im Rheinland konkrete Verbesserungen vorangetrieben: Seit Ende 2024 sind die Patientenhotline 116 117 und die 112 in der Bundesstadt Bonn elektronisch direkt miteinander vernetzt. Ziel ist eine noch bessere Steuerung Hilfesuchender in der ambulanten Akut- und Notfallversorgung.

von Thomas Petersdorff

Die Bonner Leitstelle von Feuerwehr und Rettungsdienst und die Kassenärztliche Vereinigung Nordrhein (KVNO) haben gemeinsam eine neue digitale Schnittstelle implementiert, welche die beiden Einsatzleit­systeme 116 117 und 112 verbindet. Sie ermöglicht bei Bedarf die schnelle und unkomplizierte Übergabe anrufender Patientinnen und Patienten. Nach einer ausgiebigen Testphase (seit Juli 2024) ist das Pilotprojekt in Bonn am 13. November 2024 in den Live-Betrieb gestartet. 
„Der Fachkräftemangel macht sich zusehends auch in der Akut- und Notfallversorgung bemerkbar. Daher ist mehr Zusammenarbeit gefragt, wenn wir den wachsenden Anforderungen auch künftig gerecht werden wollen. Gemeinsam mit der Stadt Bonn haben wir jetzt einen wichtigen Schritt getan“, sagt Dr. Frank Bergmann, Vorstandsvorsitzender der KVNO. Die Steuerung über einen zentralen Kontaktpunkt ermögliche eine systemschonende und am medizinischen Bedarf orientierte Zuweisung der Anrufer. Das verbessere nicht nur die Patientensicherheit, sondern helfe auch, Informa­tionsabbrüche, Wartezeiten und weitere Reibungsverluste zu vermeiden, so Bergmann.  
Jochen Stein, Amtsleiter Feuerwehr und Rettungsdienst der Bundesstadt Bonn, ergänzt: „Die neue Schnittstelle erleichtert unseren Betrieb und kann die Disponenten bei ihrer Arbeit entlasten. Es ist aber weiterhin wichtig, dass die 112 nur für lebensbedrohliche Notfälle gewählt wird.“ 

Schlanke Prozesse – mehr Zeit im Notfall 

Bonner Bürgerinnen und Bürger, die sich an den Notruf 112 wenden, werden seit ­November nach einem standardisierten ­Abfrageprotokoll von den jeweiligen Disponenten medizinisch ersteingeschätzt. Sofern es sich nicht um einen akuten medizinischen Notfall handelt, der unmittelbar rettungsdienstlich versorgt werden muss, erfolgt die Übergabe an die 116 117 respektive den ambulanten Bereich. Dank der ­neuen digitalen Schnittstelle werden dabei die bereits telefonisch erfassten Informa­tionen – darunter etwa wichtige Parameter wie Ortsrahmendaten und medizinische An­gaben – gleich mit an die andere Stelle ­übermittelt und müssen dort nicht erneut abgefragt werden. 
Das Verfahren gilt auch in umgekehrter Richtung: Bei medizinisch dringenden Anrufen beim KVNO-Patientenservice werden – ebenfalls nach erfolgter strukturierter medizinischer Ersteinschätzung durch die dortigen Berater – die Einsatzdaten in einer Notfallsituation direkt an die Bonner 112 übermittelt. Im Notfall spart dies wertvolle Zeit und kann Leben retten. Stadt und KVNO weisen darauf hin, dass Bürgerinnen und Bürger auch weiterhin den Unterschied zwischen beiden Nummern kennen und beachten sollten. Die Notrufnummer 112 ist nur für echte Notfälle da, also lebensbedrohliche Situationen: für medizinische Notfallrettung, technische Hilfe oder wenn es brennt. Die 116 117 hilft bei allen dringlichen, aber nicht lebensbedrohlichen Anliegen der medizinischen Versorgung. 
Weitere Leitstellen haben bereits Interesse an der digitalen Vernetzung signalisiert. Um die Zusammenarbeit in der Akut- und Notfallversorgung künftig nordrheinweit auszurollen, steht die KVNO hierzu mit anderen Kommunen in Gesprächen. 

Thomas Petersdorff ist Pressereferent bei der KV Nordrhein.