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Praxis

Notdienstpraxis Grevenbroich: „Da steckt unser Herzblut drin“

18.06.2024 Seite 27
RAE Ausgabe 7/2024

Rheinisches Ärzteblatt

Heft 7/2024

Seite 27

Mit Expertise und Humor: Dr. Peter Stöcker und Heike Rosenstengel leiten die NDP Grevenbroich erfolgreich seit deren Eröffnung 2004. © KVNO
Sie war nicht nur eine der ersten Notdienstpraxen (NDP) in direkter Kliniknähe, sondern später auch Primus unter den Portalpraxen im Rheinland: die NDP in Grevenbroich. Am 1. April 2024 feierte der Standort am Elisabethkrankenhaus 20-jähriges Bestehen. Die Erstkraft Heike Rosenstengel und der ärztliche Koordinator Dr. Peter Stöcker sind seit den Anfängen mit dabei. 

von Jana Meyer

Er nennt sie liebevoll seine „Chefin“. Sie wiegelt bescheiden ab: „Hör auf, Peter.“ Beide lachen. Warum es in der Notdienstpraxis in Grevenbroich seit zwei Jahrzehnten reibungslos läuft? Das wird jedem klar, der mit Dr. Peter Stöcker und Heike Rosenstengel zu tun hat. Nicht nur die Chemie stimmt. Die beiden agieren als Führungsduo, seit es die NDP gibt, hoben sie damals sogar gemeinsam aus der Taufe. Das verbindet. „Da steckt unser Herzblut drin“, sagt der ärztliche Koordinator.

In der NDP Grevenbroich leisten 120 ­niedergelassene Ärztinnen und Ärzte aus der Region wechselweise ihre Notdienste. Sie werden dabei von insgesamt 14 nichtärztlichen Mitarbeitenden der Gesundheitsmanagementgesellschaft (GMG) unterstützt, einer Tochtergesellschaft der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein (KVNO), die alle NDPs betreibt. Sie kümmern sich etwa um die Patientenanmeldung, Praxisorganisation und Assistenz der Dienst­habenden. 2023 wurden in der Notdienstpraxis Grevenbroich rund 7.700 Patientinnen und Patienten ambulant behandelt.

Dass Stöcker 2004 damit betraut wurde, den ärztlichen Notdienst an einem Ort zu zentralisieren, war reiner Zufall. Der Internist war damals noch in der Kreisstelle Neuss aktiv, die mit der Planung betraut war. „Die Umsetzung war erstmal purer Eigennutz“, sagt der Grevenbroicher und lacht. Stöcker spricht aus, was er denkt: „Ich wollte auch mal Feierabend haben.“ Denn bevor es die zentralen Notdienstpraxen gab, mussten Niedergelassene nach Praxisschluss für Notfälle erreichbar sein. „Wir haben das Praxis-Telefon zum Feierabend immer auf Peters Privatanschluss umgeleitet“, erinnert sich Heike Rosenstengel, die vor Stöckers Rente auch in dessen hausärztlicher Praxis gearbeitet hat.

Erste moderne Portalpraxis

Was die beiden gemeinsam für eine gute Patientenversorgung geleistet haben, macht sie stolz. Seit 2014 ist die Praxis sogar direkt in die Ambulanz des Elisabethkrankenhauses integriert und wurde damit zur ersten modernen Portalpraxis der KVNO – und damit erneut Vorreiterin für ein modernes Versorgungskonzept, das aktuell in der gesamten Bundesrepublik ausgerollt wird. „Der Austausch mit den Kolleginnen und Kollegen der Klinik funktioniert wunderbar“, sagt Rosenstengel. Das ist elementar dafür, dass das Konzept aufgeht: Am gemeinsamen Tresen wird entschieden, ob Patienten in die Obhut der Notfallambulanz gehören. „Die allermeisten Fälle sind harmlos und können bei uns in der Praxis behandelt werden“, sagt Stöcker.

Aber die Arbeit in der NDP ist eben nicht „nullachtfünfzehn“. „Praxisalltag ist viel Routine, Notdienst nicht. Ich muss schneller und situativer entscheiden, die Bandbreite an Tätigkeiten ist viel größer“, erzählt Heike Rosenstengel. Ein ganz anderes Arbeiten also – und genau das reizt sie an ihrem „Zweitjob“: die Abwechslung. Für Hannah Opitz von der GMG ist das ein wichtiger Punkt bei der Mitarbeitersuche: „Wir wollen kein Personal aus den Praxen abwerben“, betont sie. Es gehe vielmehr darum, eine Win-win-Situation zu schaffen. „Und wenn unsere NDPs gut besetzt sind, entlasten wir die Niedergelassenen im Rahmen ihres Notdienstes.“ Die Zusammenarbeit mit dem Grevenbroicher Team sei in dieser Hinsicht hervorragend. „Das ist ein Selbstläufer“, so Opitz.

Auch das Klima stimmt

Wem das zu verdanken ist? Peter Stöckers Blick wandert auf seine Sparringspartnerin: „Das ist Dein Verdienst, Heike! Eine Mannschaft funktioniert nur, wenn sie richtig geführt wird. Das hast Du immer super gemacht und tust es weiterhin.“ Auch dieses Lob versucht sie mit einer Handbewegung wegzuwischen, als sei es nicht der Rede wert. Ist es aber. Sonst wäre nicht das Gros der Medizinischen Fachangestellten schon so lange dabei. Für die diensthabenden ­Niedergelassenen der Region ein weiterer Benefit. „Mittlerweile kennen wir die Wünsche und Vorlieben der Ärztinnen und ­Ärzte, was die Zusammenarbeit viel einfacher macht. Es ist ein familiäres Miteinander“, beschreibt Rosenstengel.
Bei so viel Verbundenheit fällt es Peter Stöcker doppelt schwer, sich ganz aus dem Arbeitsleben zu verabschieden. Doch mit Mitte 70 ist der Gedanke nicht ganz fern. Und privat bleiben sie Freunde. Sowieso. 

Jana Meyer ist Redakteurin bei der KV Nordrhein.