Ende März dieses Jahres trat das umstrittene Krankenhaustransparenzgesetz in Kraft, das die anstehende Krankenhausreform flankieren soll. Herzstück des Gesetzes ist der Klinikatlas der Bundesregierung, der Patientinnen und Patienten einen übersichtlichen Wegweiser durch die Krankenhauslandschaft in Deutschland und damit eine Entscheidungshilfe für die Klinikauswahl geben soll. Doch diesem Anspruch wird der Klinikatlas auch drei Wochen nach dem Go-Live nicht gerecht.
Falsche Fallzahlen, falsche Angaben zu Personal, Notfallversorgung und Leistungen, für Laien unverständliche Erklärungen zur Methodik und fehlende Begründungen für die Auswahl der vorläufig ausgewiesenen Zertifikate verunsichern Nutzerinnen und Nutzer. Es mehren sich die Stimmen derjenigen, die fordern, die Website entweder mit dem Hinweis zu versehen, dass es sich um eine Testversion handelt oder diese bis zur Aufbereitung aktueller Daten vom Netz zu nehmen.
Die Kritik wäre vermeidbar gewesen, wenn im Vorfeld Daten ausreichend geprüft und Pretests in Piloteinrichtungen durchgeführt worden wären. Wenn Sorgfalt vor Schnelligkeit gegangen wäre. Nun ist zu befürchten, dass sich diese Vorgehensweise auch bei der Krankenhausreform mit noch größerem Schaden wiederholt.
Am 15. Mai hat das Bundeskabinett die Krankenhausreform (KHVVG, Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz) beschlossen. Die Abgeordneten des Deutschen Bundestages werden sich noch vor der Sommerpause mit einem Gesetz befassen müssen, ohne dass die wirtschaftlichen Folgen für einzelne Kliniken, gerade jene auf dem Land, im Vorfeld seriös berechnet worden sind. Die Auswirkungen der neuen Finanzierungssystematik sind kaum absehbar. Auch fehlt weiterhin eine Modellierung für die ärztliche Weiterbildung. Sinkt die Zahl der Weiterbildungsstätten drastisch, stellt das sowohl eine Schwächung der Krankenhäuser gerade in ländlichen Regionen dar, als auch eine Gefahr für die zeitnahe und qualitativ hochwertige Weiterbildung angehender Fachärztinnen und Fachärzte.
Da wir in NRW bei unserer Krankenhausplanung – anders als im Bund – als Ärztekammern mit an der Gestaltung aktiv teilhaben konnten, ist es uns gelungen, dass sich die geplanten 60 Leistungsgruppen so weit wie möglich an der Systematik der ärztlichen Weiterbildungsordnung orientieren.
Entgegen der Absprache zwischen Bund und Ländern, die 60 Leistungsgruppen aus NRW zu übernehmen, ist es bei der Übertragung der Qualitätskriterien für die 60 Leistungsgruppen im jetzigen KHVVG-Gesetzesentwurf zu Änderungen gekommen. Teils werden Qualitätsanforderungen fachlich nicht nachvollziehbar abgesenkt, teils verschärft, mit der Folge, dass entweder Qualitätsverluste in der Versorgung hinzunehmen wären, oder aber dass bestimmte Leistungsgruppen nur noch von sehr wenigen Krankenhäusern angeboten werden könnten. Für Patientinnen und Patienten wären damit nicht nur lange Wege, sondern auch lange Wartezeiten verbunden.
Die fünf zusätzlichen Leistungsgruppen (die im NRW-Plan nicht enthalten sind) sind in der vorgelegten Form noch ungeeignet und die dazu geforderten Facharztzahlen von vielen, auch qualitativ guten Krankenhäusern nicht zu realisieren.
Der Minister hat seine Reform unter das Motto „too big to fail” gestellt. Das legitimiert aber nicht, eine schlecht gemachte Krankenhausreform mit enormen Auswirkungen auf die Patientenversorgung vorzulegen. Im Sinne der Patientinnen und Patienten wäre mehr Sorgfalt wünschenswert.
Rudolf Henke, Präsident der Ärztekammer Nordrhein