Junge Ärztinnen und Ärzte zeigen sich nur bedingt zufrieden mit ihrer Weiterbildung. Auf dem Dialogforum der Bundesärztekammer im Vorfeld des 128. Ärztetags Mitte Mai in Mainz schilderten sie eindrücklich ihre Erfahrungen mit der eigenen Weiterbildung und forderten Verbesserungen.
von Marc Strohm
Viele junge Ärztinnen und Ärzte zeigen sich ernüchtert über die Situation ihrer Weiterbildung. Im aktuellen Barometer Weiterbildung des Marburger Bundes (MB) aus dem Jahr 2021 gaben lediglich 33 Prozent der Befragten an, mit der Weiterbildung zufrieden zu sein. Die Mehrheit zeigte sich weniger zufrieden (43 Prozent) oder nicht zufrieden (19 Prozent). Insbesondere durch den Personalmangel in vielen Kliniken könnten Weiterbildungspläne nicht eingehalten werden und geforderte Weiterbildungsinhalte während der alltäglichen Arbeit nicht ausreichend vermittelt werden, resümierte die Ärztegewerkschaft. Daneben sorgten fehlendes Feedback und die Schwierigkeit, Kinderbetreuung und Beruf zu vereinen, beim fachärztlichen Nachwuchs für Frust.
Ein ähnliches Bild zeichnete sich bei den Teilnehmerinnen und Teilnehmern des Dialogforums „Junge Ärztinnen und Ärzte“ ab, das im Vorfeld des 128. Deutschen Ärztetages in Mainz unter dem Motto „Ärztliche Weiterbildung – Wunsch und Wirklichkeit“ von der Bundesärztekammer (BÄK) organisiert wurde. Um ein guter Facharzt oder eine gute Fachärztin zu werden, brauche es eine strukturierte Weiterbildung, gute Weiterbildungsbefugte sowie ein konstruktives Feedback, erklärte etwa Constanze Weber, die derzeit ihre Weiterbildung am Dresdner Universitätsklinikum absolviert. Im Alltag einer ökonomiegetriebenen Gesundheitsversorgung fehle dazu jedoch meist die Zeit. Das bestätigte auch Sarah Woldu, die sich aktuell im ersten Jahr ihrer gynäkologischen Weiterbildung befindet. „Es gibt in den Kliniken oft keinen vorgesehenen Raum für die Weiterbildung und es fehlt an Struktur“, sagte sie. Die Kritik der jungen Ärzte ist keinesfalls neu: Bereits 2014 hatten im Rahmen einer MB-Umfrage 85 Prozent der Teilnehmer angegeben, dass sie keinen strukturierten Weiterbildungsplan erhalten hatten, regelmäßige Feedbackgespräche führten damals neun Prozent der Befragten.
Viele Ärzte in Weiterbildung fühlten sich in ihrer Abteilung alleingelassen und mit ihren Aufgaben überfordert, schilderte Dr. Eva See, Delegierte der Landesärztekammer Hessen, auf dem Dialogforum. Folglich könnten sie auch den Ansprüchen der Patienten nicht gerecht werden. Die Kombination aus Überlastung und Schuldgefühlen könne junge Kolleginnen und Kollegen im Extremfall aus der Abteilung, der Klinik oder dem Beruf treiben.
Von den Landesärztekammern wünschten sich die Teilnehmer des Dialogforums eine regelmäßige und flächendeckende Evaluation der Weiterbildung sowie eine bessere Kontrolle der Weiterbildungsbedingungen. Allerdings ist in den Ärztekammern, die die Weiterbildung evaluieren, die Teilnehmerzahl häufig gering. So erhielten in Nordrhein im vergangenen Jahr 8.900 Ärztinnen und Ärzte eine Einladung zur OnlineBefragung, doch lediglich 1.000 Ärzte in Weiterbildung nahmen an der Befragung teil. Weiterbildungsassistentin Weber sieht die Gründe für die niedrige Beteiligung darin, dass junge Ärztinnen und Ärzte noch immer berufliche Nachteile befürchteten, wenn sie Mängel benennen.
In Mainz klagten insbesondere junge Eltern über Hürden, die einer erfolgreichen Weiterbildung im Wege stehen. Es fehle an Kinderbetreuungsangeboten, die auf den Schichtdienst in der Klinik abgestimmt seien. Für Kritik sorgte auch, dass Arbeitgeber Schwangeren häufig „zu voreilig“ ein Beschäftigungsverbot erteilen. Das geschehe oft aus Unkenntnis über die Rechtslage, kritisierten die Teilnehmer. Dabei gebe es entsprechende Leitfäden, an denen sich Arbeitgeber orientieren könnten.
Die Weiterbildung der Zukunft
Mehr Struktur, besseres Feedback, eine auf die wesentlichen Inhalte reduzierte Weiterbildungsordnung und eine kürzere Mindestweiterbildungszeit — so sieht Professor Dr. Henrik Herrmann, Co-Vorsitzender der Ständigen Konferenz Ärztliche Weiterbildung der BÄK, die ärztliche Weiterbildung im Jahr 2027. Neben festgelegten Rotationsplänen, die auch die Weiterbildung im ambulanten Bereich umfassten, wünschte sich Herrmann, dass die Assistenzärztinnen und -ärzte in Zukunft von didaktisch geschulten Weiterbildern begleitet werden. Der zusätzliche Aufwand für eine gute Weiterbildung in Kliniken und Praxen müsse zudem angemessen finanziert werden, forderte er an Politik und Krankenkassen gerichtet. Herrmann appellierte aber auch an die jungen Ärztinnen und Ärzte, ihre eigenen Interessen zu vertreten und sich berufspolitisch einzubringen. „Die Weiterbildungsordnung wird in der Kammerversammlung diskutiert und beschlossen“, so der Weiterbildungsexperte.
Beschlüsse zur Weiterbildung
Auf dem 128. Deutschen Ärztetag in Mainz wurden einige Beschlüsse zur Weiterbildung gefasst. So soll die Ständige Konferenz „Ärztliche Weiterbildung“ der BÄK Möglichkeiten zur Verkürzung von Weiterbildungszeiten prüfen. Inhaltlich soll die Weiterbildung „entschlackt“ werden. Von der Bundesregierung forderten die Delegierten „die gesetzlichen Hürden für eine sektorenverbindende ärztliche Weiterbildung zu beseitigen und eine suffiziente finanzielle Förderung im stationären und auch ambulanten Bereich zu etablieren“. Um Weiterbilder unter anderem didaktisch zu schulen, hat der Ärztetag die Landesärztekammern aufgefordert, Weiterbildungsbefugte zu einem Train-the-Trainer Seminar zu verpflichten. Außerdem sollten diese Weiterbildung in Teilzeit (ab 50 Prozent) grundsätzlich und ohne gesonderte Genehmigung anerkennen.