Zu „Wenn das Selbstbild krank macht“ in Heft 7/2023 erreichte uns folgender Leserbrief:
Auch bei jungen Erwachsenen mit Essstörungen ist es, wie in dem Beitrag beschrieben, durch die Pandemie zu einer Zunahme oder Verschlimmerung bereits bestehender Essstörungen gekommen. Im Erwachsenenbereich müssen sich die Betroffenen selbst bei Bedarf einen Klinikplatz in einer psychosomatischen Einrichtung suchen. Manchmal nehmen sie in bis zu zehn verschiedenen Kliniken Vorgespräche wahr, was dort jeweils zu langen Wartezeiten auf ein Vorgespräch führt. Auch die Wartelisten, auf die die Patientinnen und Patienten danach gegebenenfalls kommen, werden durch die Mehrfachanmeldungen sehr lang, was chronischen Verläufen Vorschub geben kann. Häufig vergessen die Betroffenen bei einer Zusage zur Aufnahme in einer Einrichtung, den anderen Kliniken abzusagen. Wir erleben es gelegentlich, dass Patienten sich mehrere Möglichkeiten offenhalten und erst einmal in die Klinik gehen, die den frühesten Aufnahmetermin anbietet, um dann eventuell nochmal wechseln zu können. Die Möglichkeit der „offenen anderen Optionen“ verhindert manchmal den gerade zu Beginn einer Behandlung so wichtigen Beziehungsaufbau zum Behandlungsteam und bremst die Motivation zu Veränderungsschritten.
Bei krankheitstypisch hohem Autonomiebedürfnis lehnen Betroffene manchmal Klinikempfehlungen der ambulanten Behandler ab, möchten selbst suchen und entscheiden.
Das im Internet einsehbare Angebot vieler verschiedener Essstörungskliniken macht den Entscheidungsprozess für die verunsicherten und Hilfe suchenden Betroffenen nicht leicht. Prästationäre Angebote sind sicherlich eine gute Möglichkeit, die Wartezeit bis zur Aufnahme zum Beziehungsaufbau zu nutzen und können zu erfolgreicheren Behandlungsverläufen beitragen.
Dr. Carmen Blaschke, Chefärztin der Klinik für Psychosomatik, Helios Marien Klink, Duisburg