Job, Beruf, Berufung? – An dieser Stelle berichten junge Ärztinnen und Ärzte über ihren Weg in den Beruf, darüber, was sie antreibt und warum sie – trotz mancher Widrigkeiten – gerne Ärztinnen und Ärzte sind.
RhÄ: Herr Breitschwerdt, warum sind Sie Arzt geworden?
Breitschwerdt: Mich haben in der Schule von Anfang an die naturwissenschaftlichen Fächer begeistert. Da war die Medizin relativ naheliegend. Denn was ist schon spannender als der menschliche Körper – die Komplexität, das Zusammenwirken? Ich bin immer noch der Meinung, dass die Medizin meine Interessen am besten abbildet.
RhÄ: Was hat den Ausschlag für Ihre Fächerwahl gegeben?
Breitschwerdt: Die Wirkung von Erregern auf den Körper und die unterschiedlichen Krankheiten, die sie auslösen können, faszinieren mich. Dazu kommt, dass man Patientinnen und Patienten sehr gut helfen kann und eine Heilung, insbesondere mithilfe einer Antibiotikatherapie, in den meisten Fällen möglich ist. Die Infektiologie erfüllt sehr häufig die klassische Vorstellung von Medizin: Krankheiten bekämpfen und Patienten heilen. Natürlich hat die Coronapandemie die Infektionsmedizin auch in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt. Die millionenschweren Investitionen in diesen Bereich bedeuten für uns Fortschritt und die Entwicklung neuer Technologien, erleichtern unsere Arbeit und erhöhen Heilungschancen. Eindrücklichstes Beispiel sind die mRNA-Impfstoffe. Seit 2020 haben sich Diagnostik und Therapie in der Infektiologie dramatisch weiterentwickelt.
„Das Schöne am Arztsein ist, dass man nie auslernt.“
RhÄ: Wie verlief der Start in den Beruf?
Breitschwerdt: Ich habe in meiner Heimatstadt unter Professor Salzberger meine Ausbildung begonnen und mit dem Wechsel nach Bonn 2016 zu Professor Rockstroh fortgeführt, dann eben auch mit diesem neuen Facharzt der Inneren Medizin und Infektiologie. Mit Bonn begann für mich ein völlig neuer Lebensabschnitt. Sicherlich ist man gut vorbereitet mit Theorie und Praxis aus dem Studium, aber es ist trotzdem anders. Wenn dann aber erstmal Routine in die organisatorischen Dinge kommt, sieht man, man kann jetzt viel eigenständiger arbeiten und Ideen entwickeln, Diagnostik durchführen und sich vor allem in der Infektionsmedizin an neue Krankheitsbilder herantasten. Infektionskrankheiten kann man nur dann erfolgreich therapieren, wenn man den ganzen Menschen betrachtet und auch Komorbiditäten angemessen berücksichtigt.
RhÄ: Gibt es einen Fall, der Sie besonders beeindruckt hat?
Breitschwerdt: Tatsächlich haben wir aktuell einen außergewöhnlichen Fall. Der Weg des Patienten zu uns in die Klinik begann mit harmlosen Knieschmerzen. Er ist Koch, steht viel, der Orthopäde dachte also eher an Gelenkverschleiß. Die Schmerzen wurden aber immer schlimmer, also wurde ein MRT gemacht. Man sah deutlich, dass es sich um Arthrose handelte, allerdings war auch eine auffällige Flüssigkeitsvermehrung zu sehen. Die Orthopäden entschieden, sofort zu operieren. Leider half dies nicht, das infizierte Gewebe vermehrte sich und zog in Richtung Oberschenkel.
„Die Coronapandemie hat die Infektionsmedizin in den Fokus gerückt.“
Etliche Proben im Labor führten zu keinem Ergebnis – bis ein PCR-Test auf Tuberkulose anschlug. Unsere Vermutung ist, dass er sich pulmonal infiziert hatte, die Bakterien gestreut und sich am Knie festgesetzt haben. Die Sorge des Teams war, dass die Infektion ins Hüftgelenk wandert und man amputieren muss; ob wir das Bein retten können, wissen wir auch zurzeit nicht genau. Nach vielen Gesprächen und Zusammenarbeit unserer Abteilung mit der Orthopädie sind wir aktuell dabei, eine angepasste medikamentöse Therapie gegen Tuberkulose zu verabreichen. Diese scheint sehr gut anzuschlagen, die MRT-Bilder zeigen einen Rückgang der Infektion. Geduld ist hier für alle Beteiligten das Stichwort.
RhÄ: Was mögen Sie besonders an Ihrem Beruf?
Breitschwerdt: Das Schöne am Arztsein ist, dass man nie auslernt, egal wie lange man schon im Beruf ist. Es gibt immer etwas Neues zu entdecken und zu erforschen. Gerade in der Infektiologie muss man oft Rätsel lösen und sich detektivisch herantasten, weil Erkrankungen sich bei jedem Menschen anders manifestieren.
Das Interview führte Vassiliki Temme.
Nach dem Studium der Humanmedizin in seiner Heimatstadt Regensburg zog es Sven Breitschwerdt ins Kammergebiet nach Bonn. Dort ist er in der Medizinischen Klinik und Poliklinik I – Gastroenterologie, Hepatologie, Infektiologie, Nephrologie, Endokrinologie, Diabetologie am Universitätsklinikum Bonn tätig. Der 35-Jährige setzt auf die sprechende Medizin: „In der Anamnese kann man so viel über die Geschichte der Infektion herausfinden: Wie ging es los, wie war der Verlauf, wie waren die Symptome und Anzeichen? Daraufhin kann man gezielter diagnostizieren.“