Job, Beruf, Berufung? – An dieser Stelle berichten junge Ärztinnen und Ärzte über ihren Weg in den Beruf, darüber, was sie antreibt und warum sie – trotz mancher Widrigkeiten – gerne Ärztinnen und Ärzte sind.
RÄ: Herr Dr. Furlkröger-Bajah, wie sind Sie zur Polizei gekommen?
Furlkröger-Bajah: Über eine Internetrecherche auf der Seite der Polizei NRW. Vorher habe ich auch schon im Deutschen und im Rheinischen Ärzteblatt Stellenanzeigen für den Polizeiärztlichen Dienst wahrgenommen. Mich hat das Aufgabenspektrum im Polizeiärztlichen Dienst angesprochen, die Kombination aus Arbeitsmedizin sowie amtsärztlichen Aufgaben. Wir sind als Amtsärzte auch gutachtlich tätig und bewerten unter anderem die Polizeidienstfähigkeit. Dazu kommt die Einsatzmedizin, die für Abwechslung und durchaus auch für Spannung sorgt.
RÄ: Warum haben Sie der „normalen“ Krankenversorgung den Rücken gekehrt?
Furlkröger-Bajah: Ich habe mich in allererster Linie für ein neues Tätigkeitsspektrum interessiert und wollte mal etwas anderes ausprobieren. Mittlerweile bin ich hier angekommen und fühle mich wohl.
RÄ: Was prägt den Alltag im Polizeiärztlichen Dienst?
Furlkröger-Bajah: Auf meiner Dienststelle in Mönchengladbach führe ich eine kleine betriebsmedizinische Praxis. Bei kleineren Verletzungen führen wir eine Erstversorgung durch. Impfberatungen sowie betriebsmedizinische Beratungen gehören auch zu unserem Aufgabenspektrum. Bei der Bewertung der Polizeidienstfähigkeit geht es nicht nur um die körperliche Fitness. Auch die seelische Stabilität ist wichtig für den Polizeiberuf. Die Beamten sind im Dienst vielfältigen Belastungen ausgesetzt. Das reicht von persönlichen Gewalterfahrungen im Einsatz über den Umgang mit kinderpornografischem Material bis hin zu brutalen Mordfällen. Damit muss man umgehen können.
RÄ: Was ist das Besondere an der Arbeit als Polizeiarzt?
Furlkröger-Bajah: Interessant und spannend finde ich, dass man im Einsatz mit der Hundertschaft hinter die Kulissen blicken kann. Man kommt an Orte, die den „Normalbürgern“ meist verborgen bleiben. So habe ich hier in Mönchengladbach beispielsweise die Hundertschaft zu einem Derby gegen den 1. FC Köln begleitet. Besonders in Erinnerung geblieben ist mir der Einsatz auf dem Tagebaugelände Garzweiler II Anfang dieses Jahres. Die Dimension des Polizeiaufgebots war dabei ebenso beeindruckend wie das Tagebaugelände selbst. Zum Glück wurde bisher während der Einsätze, die ich begleitet habe, niemand schwer verletzt.
„Die Beamten sind im Dienst vielfältigen Belastungen ausgesetzt. Das reicht von persönlichen Gewalterfahrungen im Einsatz über den Umgang mit kinderpornografischem Material bis hin zu brutalen Mordfällen. Damit muss man umgehen können.“
RÄ: Sind Sie im Dienst auch selbst schon angegriffen worden?
Furlkröger-Bajah: In der Regel sind die Personen kooperativ, die zu uns auf die Wache überführt werden. Meist geht es darum eine Blutprobe abzunehmen, weil der Verdacht besteht, dass sie unter Alkohol- oder Drogeneinfluss ein Fahrzeug geführt haben. Selbst Personen, die in Polizeigewahrsam genommen werden, sind meist friedlich. Aber ich habe durchaus schon verbale und körperliche Angriffe erlebt. Vielen Menschen sieht man an, dass sie sich in einer schwierigen Lebenssituation befinden, aus der sie nicht herauskommen. Solche Begegnungen sind aber ärztlicher Alltag.
RÄ: Was gefällt nicht?
Furlkröger-Bajah: In ganz Deutschland sind überbordende Bürokratie und die schleppende Digitalisierung ein großes Thema und auch wir können uns hier natürlich auch noch weiterentwickeln. Am liebsten würde ich papierlos arbeiten und moderne Praxisverwaltungssysteme nutzen. Vor allem wünsche ich mir, dass die Übermittlung von Gutachten und Facharztbefunden endlich digital stattfindet und das Faxgerät nur noch ergänzend für die Übermittlung von Informationen genutzt wird.
Das Interview führte Marc Strohm
Dr. Annas Furlkröger-Bajah studierte Humanmedizin in Köln. Im Rahmen seiner allgemeinmedizinischen Weiterbildung arbeitete der gebürtige Aachener als angestellter Arzt in verschiedenen Krankenhäusern und Praxen in der Städteregion Aachen sowie in Köln. Seit Oktober 2020 ist der 39-jährige für den Polizeiärztlichen Dienst in Mönchengladbach tätig.