Der bundesweite Rollout des elektronischen Rezepts (E-Rezept) hat am 1. Juli 2023 begonnen. Ab dem 1. Januar 2024 sind Vertragsärztinnen und -ärzte dann nach den Plänen der Bundesregierung verpflichtet, für verschreibungspflichtige Arzneimittel E-Rezepte auszustellen. Was dabei zu beachten ist
von Bernhard Acke
In den letzten Wochen ist das E-Rezept mehr und mehr im Versorgungsalltag angekommen. Bis Ende Oktober wurden bundesweit bereits über fünf Millionen E-Rezepte eingelöst. Allerdings sind das, gemessen an allen Arzneimittelrezepten, nur rund fünf Prozent. Die Kassenärztliche Vereinigung (KV) Nordrhein empfiehlt deshalb allen Praxen, sich vor der verpflichtenden Umstellung unbedingt mit den Details vertraut zu machen, die zur Ausstellung eines E-Rezeptes nötig sind, und das E-Rezept schon jetzt auszuprobieren.
Technische Voraussetzungen
1. Aktueller Konnektor
Zum Ausstellen von E-Rezepten ist die Anbindung an die Telematikinfrastruktur (TI) mit einem Konnektor ab der Version PTV4+ Voraussetzung. Alle Konnektor-Hersteller bieten dieses Update an. Es erweitert die Signierfunktion um die Komfortsignatur. Diese wird für die Ausstellung von E-Rezepten dringend empfohlen und im weiteren Textverlauf näher erläutert.
2. Praxisverwaltungssystem mit E-Rezept-Update
Auch das Praxisverwaltungssystem (PVS) muss E-Rezept-tauglich sein. Hierfür stellen die Anbieter ein Update zur Verfügung. Die Installation beziehungsweise Freischaltung des E-Rezept-Moduls ist in den jeweiligen Systemen unterschiedlich.
3. Elektronischer Heilberufsausweis
Jede Ärztin und jeder Arzt benötigt für das Unterschreiben von E-Rezepten zwingend einen persönlichen elektronischen Heilberufsausweis (eHBA) der zweiten Generation. Nur der eHBA ermöglicht die qualifizierte elektronische Signatur, das heißt die rechtssichere elektronische Unterschrift für digitale Dokumente wie den eArztbrief, die eAU und das E-Rezept.
Wichtig: Der Praxisausweis (SMC-B-Karte) oder der eArztausweis light reichen zum Signieren eines E-Rezepts nicht aus.
4. Drucker
Zwar ist für das Einlösen von E-Rezepten regelhaft die elektronische Gesundheitskarte (eGK) oder die E-Rezept-App vorgesehen, dennoch kann im Einzelfall ein Ausdruck notwendig sein, beispielsweise für Pflegeheimbewohner. Der Ausdruck erfolgt auf weißem Kopierpapier in DIN A4 oder DIN A5. Damit die Apotheke den Code problemfrei einscannen kann, wird zur Sicherstellung der Druckqualität ein Laser- oder Tintenstrahldrucker mit einer Auflösung von mindestens 300 dpi empfohlen.
Wichtig: Der Ausdruck selbst ist nicht das E-Rezept, sondern ein Verweis auf das E-Rezept in der Telematikinfrastruktur. Eine händische Unterschrift des Ausdrucks ist daher nicht notwendig.
Der Weg zum eHBA
Ärztinnen und Ärzte, die noch keinen eHBA haben, sollten diesen zeitnah bei der Ärztekammer Nordrhein bestellen und aktivieren. Neben dem eHBA erhalten die Ärzte eine PIN und eine PUK. Der eHBA muss innerhalb von 28 Tagen über ein Online-Portal freigeschaltet und damit aktiviert werden. Zusätzlich muss der eHBA auch in der Praxis-IT – das heißt sowohl in der Konfiguration des Konnektors als auch der des PVS – integriert werden.
KV Nordrhein empfiehlt Komfortsignatur
Das E-Rezept muss, wie Muster 16 auch, unterschrieben werden – allerdings nicht mehr eigenhändig, sondern durch die digitale Unterschrift, sprich die Signatur. Dies geht nur mit dem persönlichen eHBA der zweiten Generation und der dazugehörigen Signatur-PIN. Für den Unterschriftenvorgang stehen den Praxen die Einzel-, Stapel- und Komfortsignatur zur Verfügung. Jedes Praxisverwaltungssystem, so die Vorgabe der gematik, sollte alle drei Varianten anbieten, sodass Praxen die Wahl haben.
Die KV Nordrhein empfiehlt den Praxen, in ihren Praxisverwaltungssystemen die Komfortsignatur zu konfigurieren und zu nutzen. Dazu steckt der Arzt oder die Ärztin beispielsweise am Morgen den eHBA in das Kartenlesegerät und gibt die dazugehörige Signatur-PIN ein. So wird die Komfortsignatur aktiviert. Praxen können dann innerhalb von 24 Stunden bis zu 250 E-Rezepte und andere Dokumente signieren – ohne jedes Mal von Neuem die PIN eingeben zu müssen.
Wichtig: Der eHBA bleibt die ganze Zeit im Lesegerät gesteckt. Eine erneute Eingabe der PIN ist erst nach 24 Stunden erforderlich oder wenn 250 Signaturen erreicht wurden.
Das Kartenlesegerät muss nicht am PC-Arbeitsplatz der signierenden Person stehen. Auch bei einem Wechsel des Behandlungszimmers muss der eHBA nicht neu gesteckt werden. Dafür gibt es die sogenannte Remote-Funktion. Sie ermöglicht es der Ärztin oder dem Arzt, von jedem Praxisrechner aus E-Rezepte persönlich zu signieren. Dazu meldet sich die Ärztin oder der Arzt einmal an dem entsprechenden Praxisrechner im Praxisverwaltungssystem mit ihrem oder seinem persönlichen Benutzerkonto an. Für die Komfortsignatur werden als Minimalausstattung zwei Kartenlesegeräte benötigt, die in einem geschützten Bereich der Praxis stehen sollten: eines am Empfang für die Gesundheitskarten der Patientinnen und Patienten und eines für den eHBA, zum Beispiel im Behandlungsraum.
Alternativen: Stapel- und Einzelsignatur
Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, einen Stapel vorbereiteter E-Rezepte auf einen Schlag mit der Stapelsignatur zu signieren: In Kombination mit dem Komfortsignaturmodus können mit einem einzigen Klick sämtliche Dokumente im Stapel signiert werden. Viele Praxen nutzten die Stapelsignatur bereits zum Ausstellen der eAU, etwa am Ende des Tages. Für das E-Rezept bietet die Stapelsignatur jedoch kaum Vorteile, da die Patientinnen und Patienten nach dem Praxisbesuch in der Regel direkt ihre Rezepte in der Apotheke einlösen möchten. Die Stapelsignatur muss daher bei E-Rezepten im Laufe des Tages mehrmals durchgeführt werden.
Für die Einzelsignaturen ohne Komfortfunktion muss der Arzt oder die Ärztin bei jeder Signatur die PIN für den eHBA neu eingeben. Die Einzelsignatur wird deshalb nur für Praxen empfohlen, in denen nicht viel signiert wird.
Besonderheiten bei der Signatur
Besonderheiten bei der Signatur gibt es im Falle von Weiterbildungsassistenzen, kollegialer sowie persönlicher Vertretung: Die verordnende und die signierende Person müssen identisch sein. Das gilt auch für Weiterbildungsassistentinnen und -assistenten. Sie dürfen E-Rezepte ebenfalls ausstellen und müssen diese mit ihrem eigenen eHBA signieren. Voraussetzung für das Ausstellen von Rezepten ist, dass die KV Nordrhein die Beschäftigung der Weiterbildungsassistenz genehmigt hat und die weiterbildende Person in derselben Praxis tätig ist. Die Person, welche die Weiterbildungsassistenz beschäftigt, ist für die Verordnung verantwortlich. Entsprechend muss sie das Ausstellen von E-Rezepten in der Weiterbildung ordnungsgemäß anleiten und beaufsichtigen.
Auch wenn Ärztinnen und Ärzte in ihrer Praxis vertreten werden, sind ein paar Dinge zu beachten. Entscheidend ist, ob es sich um eine kollegiale oder eine persönliche Vertretung im Sinne der Zulassungsverordnung für Ärzte handelt – etwa im Urlaubs- oder Krankheitsfall.
Lässt sich die abwesende Ärztin oder der abwesende Arzt im Rahmen der kollegialen Vertretung von einem fachgleichen Kollegen in dessen Praxis vertreten, verwendet dieser für die Abrechnung wie gewohnt seine eigene Lebenslange Arztnummer (LANR) und Betriebsstätten-Nummer (BSNR). Auch in der elektronischen Verordnung spielt die kollegiale Vertretung in diesem Fall keine Rolle: Der Vertreter verwendet seine Daten und die seiner Praxis. Er oder sie muss in der Verordnung nicht vermerken, dass es sich um einen Vertretungsfall handelt. Vielmehr behandelt der Vertretungsarzt oder die Vertretungsärztin die Versicherten wie eigene Patientinnen und Patienten.
Kommt dagegen die Vertretung als persönliche Vertretung in die Praxis der abwesenden Ärztin oder des abwesenden Arztes und wird dort tätig, etwa im Rahmen einer Elternzeitvertretung, ist es anders: Hier gibt die Vertretung beim Ausstellen des E-Rezepts ihren Namen als verordnende Person und die BSNR der Praxis an, in welcher sie vertritt. Zusätzlich muss sie in der Verordnung auch die LANR der Ärztin oder des Arztes angeben, den oder die sie vertritt, da sie in deren Auftrag und Verantwortung handelt und über diese abgerechnet wird. Auch im Fall der persönlichen Vertretung muss die Vertretung zum Signieren den eigenen eHBA verwenden.
E-Rezept im Notdienst
Auch in Notdienstpraxen, die bereits an die Telematikinfrastruktur angeschlossen sind und damit die technischen Voraussetzungen erfüllen, wird die Nutzung des E-Rezeptes ab 1. Januar 2024 Pflicht. Diensthabende Notärztinnen und -ärzte benötigen dann zur qualifizierten elektronischen Signatur von E-Rezepten ebenfalls zwingend einen eHBA. Die Signatur mittels SMC-B-Karte der Notdienstpraxis wird künftig nicht mehr möglich sein. Der dem eHBA ähnlich sehende eArztausweis light kann hierfür nicht verwendet werden. Da der eHBA personenbezogen ist, müssen auch Vertreterinnen und Vertreter im Notdienst einen eHBA für den Notdienst bereithalten.
Weitere Informationen rund um die Einführung der Telematik in den Notdienstpraxen finden Sie unter www.kvno.de/ti-im-notdienst.
Bernhard Acke ist stellvertretender Leiter der Stabstelle eHealth der KV Nordrhein