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Praxis – Folge 129 der Reihe "Arzt und Recht"

Werbung mit Erfolgsversprechen

25.05.2022 Seite 27
RAE Ausgabe 6/2022

Rheinisches Ärzteblatt

Heft 6/2022

Seite 27

Das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf hat im Urteil vom 24. Februar 2022 (AZ: I 20 U 292/20) einer Klage der Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs gegen einen Heilpraktiker auf Unterlassung von Werbung stattgegeben. Die Werbung des Heilpraktikers verstieß gegen das in § 3 Satz 2 Nr. 2 a Heilmittelwerbegesetz normierte Verbot, für eine Behandlung zu werben und dabei den Eindruck zu erwecken, dass ein Erfolg mit Sicherheit eintrete.

von Katharina Eibl und Dirk Schulenburg

Das Heilmittelwerbegesetz (HWG) bildet neben dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) und den Berufsordnungen den rechtlichen Rahmen für Werbung im deutschen Gesundheitswesen. Es gilt für die Hersteller und Anbieter von Arzneimitteln und Medizinprodukten sowie die Leistungserbringer, wozu unter anderem Ärzte zählen (Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 30. April 2004 – 1 BvR 2334/03).

Die Werbeverbote des HWG sollen verhindern, dass kranke Menschen durch eine unangemessene Werbung zu Fehlentscheidungen beim Arzneimittelgebrauch verleitet werden.

Irreführende Angaben durch Erfolgsversprechen

Nach § 3 HWG ist irreführende Werbung unzulässig. Eine Irreführung liegt unter anderem vor, wenn bei der Werbung für Behandlungen fälschlich der Eindruck erweckt wird, dass ein Erfolg mit Sicherheit erwartet werden kann. Nach dem Gesetzeswortlaut ist an sich nicht das Versprechen eines Erfolgs, sondern das Hervorrufen des Eindrucks, dieser sei sicher, unzulässig. 
Erscheinungsformen und Individualität von Krankheiten divergieren so sehr, dass nach medizinischem Kenntnisstand allenfalls die Wahrscheinlichkeit eines Erfolgs, nicht aber seine Sicherheit belegt werden kann. Deshalb werden solche Aussagen durch das Gesetz stets als irreführend angesehen.

Gerichtlich untersagt wurden in der Vergangenheit beispielsweise Aussagen wie „Allheilmittel“, „Ohne Risiko“, „Alle haben unglaubliche Erfolge erzielt“, „Durch reiche Erfahrung belegte Therapiewirkungen sind unübertroffen“ oder „zu natürlichen Schönheiten“.

Urteil des Oberlandesgerichts

In der vom OLG untersagten Anzeige wurde unter der Überschrift „Schmerzfrei nach vielen Jahren furchtbaren Leidens“ geschildert, dass ein Herr M. seit 20 Jahren unter Schmerzen im Lendenwirbelbereich gelitten habe, zu denen später Beschwerden im Halswirbelsäulenbereich und eine Arthrose im Schulterbereich hinzugekommen seien. Dann habe er aus der Zeitung von der Praxis des beklagten Heilpraktikers erfahren und sich zu einem „kostenfreien Informationsgespräch“ angemeldet. Noch am selben Tag habe er die erste Spritzenbehandlung (mit Schlangengiftenzymen und modifizierten Stammzellextrakten) erhalten, nach fünf oder sechs Behandlungen hätten sich die Beschwerden gebessert und seit Abschluss der Behandlungsserie sei er beschwerdefrei. Im Anschluss an diese Schilderung (Jahrelange Schmerzen werden in einer Behandlungsserie geheilt) wurde der Leser auf die Möglichkeit eines kostenlosen Informationsgespräches hingewiesen.

Nachdem das Landgericht Wuppertal erstinstanzlich die Klage zurückgewiesen hatte, entschied zweitinstanzlich das Oberlandesgericht Düsseldorf gegen den Heilpraktiker. Es sei davon auszugehen, dass erhebliche Teile der angesprochenen Verkehrskreise die Werbung dahin verstünden, der Beklagte könne selbst scheinbar hoffnungslose Fälle mit der beworbenen Spritzenbehandlung heilen, denn nur die erfreuliche Mitteilung, dass es Herrn M. besser gehe, sei für den Verbraucher ansonsten ohne Belang.

Wenn eine Krankengeschichte dem Verbraucher Veranlassung gebe, irrig anzunehmen, die Behandlung werde, wenn sie einmal geholfen habe, bei vergleichbaren Leiden auch ihm helfen, dann sei das eine von der Vorschrift verbotene Irreführung, der der Werbetreibende durch geeignete und zumutbare Mittel entgegenwirken müsse. Die streitgegenständliche Werbung tue dies aber nicht.

Vorgaben gelten auch für Ärztinnen und Ärzte

Es wäre ein Trugschluss, zu denken, das Erfolgsversprechen in der Werbung sei deswegen unzulässig, weil es durch einen Heilpraktiker erfolgte. Die Vorschriften des Heilmittelwerbegesetzes gelten für jedermann, also selbstverständlich auch für Ärztinnen und Ärzte.

Hinzu kommt, dass die Berufsgruppe der Ärztinnen und Ärzte zudem den berufsrechtlichen Regelungen der Berufsordnungen unterliegen. So regelt § 27 der Berufsordnung für die nordrheinischen Ärztinnen und Ärzte erlaubte Information und berufswidrige Werbung. Nach § 27 Abs. 3 Satz 3 ist insbesondere eine irreführende Werbung berufswidrig. Hätten eine Ärztin oder ein Arzt mithin ähnlich dem Heilpraktiker geworben, hätte dies neben einem Verstoß gegen das Heilmittelwerberecht auch einen Verstoß gegen die Berufsordnung bedeutet.

Schutz vor Irreführung auch ohne Erfolgsversprechen

In seiner Entscheidung vom 6. Februar 2013 (I ZR 62/11 – Basisinsulin mit Gewichtsvorteil) hat sich der Bundesgerichtshof (BGH) zu der Frage geäußert, welche Anforderungen vor dem Hintergrund des Verbots der Irreführung an eine Werbung für Arzneimittel und Behandlungen zu stellen sind, in der wissenschaftliche Studien in Bezug genommen werden. Der BGH geht vor dem Hintergrund des besonderen Rangs der Gesundheit als von der etwaigen Irreführung betroffenen Schutzguts davon aus, dass hinsichtlich der „Richtigkeit, Eindeutigkeit und Klarheit der Werbeaussage“ besonders strenge Maßstäbe anzulegen sind, es gilt das „Strengeprinzip im Heilmittelwerberecht“.

Soweit sich der Werbende schlicht und ohne weitere Erläuterungen auf das Vorliegen gesicherter wissenschaftlicher Erkenntnisse bezieht, muss der Werbeaussage in aller Regel eine randomisierte, placebokontrollierte Doppelblindstudie zugrunde liegen, die wiederum die behauptete Aussage stützt.

Dr. iur. Dirk Schulenburg, MBA, MHMM, ist Justiziar der Ärztekammer Nordrhein und Katharina Eibl, Fachanwältin für Medizinrecht, ist Referentin der Rechtsabteilung.