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Meinung

Gesundheitspolitik – Quo vadis?

15.12.2021 Seite 3
RAE Ausgabe 1/2022

Rheinisches Ärzteblatt

Heft 1/2022

Seite 3

Rudolf Henke © Jochen Rolfes
Die Ära Merkel ist vor zwei Wochen zu Ende gegangen und erstmals regiert jetzt im Bund eine sogenannte Ampel-Koalition aus SPD, FDP und Bündnis90/Die Grünen. Unser neuer Gesundheitsminister gehört der gleichen Partei an wie der neue Bundeskanzler Olaf Scholz und heißt Karl Lauterbach. Er übernimmt das Amt in herausfordernder Zeit.

Unsere Aufmerksamkeit ist nun darauf gerichtet, wie die Spiegelstriche zur Gesundheitspolitik aus dem Koalitionspapier mit konkreten Inhalten gefüllt und wie sie gegenfinanziert werden sollen. „Wir werden das Gesundheitssystem stärken. Es wird keine Leistungskürzungen im Gesundheitswesen geben“, hat Karl Lauterbach bei der öffentlichen Vorstellung der SPD-Minister versprochen.
Wir nehmen ihn beim Wort. Denn auch in den kommenden Jahren wünschen sich Patientinnen und Patienten, dass sie nach dem modernsten Stand der Medizin behandelt werden, ganz gleich ob sie auf dem Land oder in der Stadt zu Hause sind. Patientinnen und Patienten möchten auch in Zukunft darauf vertrauen dürfen, dass ihre Gesundheit vor Sparzwang, Kommerz und Rendite geht. Für uns Ärztinnen und Ärzte ist dabei elementar, dass die ärztliche Freiberuflichkeit einen hohen Stellenwert behält. Wir erwarten von der neuen Regierung ein klares Bekenntnis zum Erhalt und zur Stärkung der ärztlichen Freiberuflichkeit und ihrer Voraussetzungen, die für uns und nach der Bundesärzteordnung die Grundlage für ein vertrauensvolles Arzt-Patienten-Verhältnis und eine gute ärztliche Patientenversorgung in der hausärztlichen wie in der fachärztlichen Praxis und auch im Krankenhaus ist.

Wir haben inzwischen einen von allen Parteien anerkannten Fachkräftemangel im Gesundheitswesen, der sich sowohl in der Pflege als auch im ärztlichen Bereich zeigt. Zunehmend schwieriger wird die Nachbesetzung von Stellen im ÖGD, von Arztsitzen vor allem im ländlichen Raum sowie von Arztstellen in Krankenhäusern. Aufgrund des Personalmangels stellen wir eine weitere Leistungsverdichtung unserer Arbeit fest, die gleichzeitig noch durch eine überbordende Bürokratie und durch die aktuelle Pandemie verschärft wird. Der dadurch entstehende Arbeitsdruck führt dazu, dass in großer Zahl hochmotivierte Ärztinnen und Ärzte, Pflegerinnen und Pfleger und Medizinische Fachangestellte ausbrennen und ihren Job verlassen. Damit beginnt eine fatale Abwanderungsspirale, die wir gemeinsam mit dem neuen Gesundheitsminister sehr schnell stoppen müssen.

Sicher wird die Bekämpfung der Coronapandemie unsere Aufmerksamkeit und Kraft auch in  den nächsten Wochen und Monaten stark binden. Deutschlands Gesundheitswesen hat sich bei der Bekämpfung der Pandemie bewährt. Ärztinnen und Ärzte, Pflegerinnen und Pfleger und nicht zuletzt Medizinische Fachangestellte leisten während der COVID-19-Pandemie in allen Bereichen Herausragendes. Doch auf Dauer kann kein noch so gutes Gesundheitssystem unter dem enormen Druck bestehen, wenn die wirksamsten Instrumente zur Bekämpfung der Pandemie wie Impfungen sowie Abstands- und Hygienemaßnahmen nicht genutzt werden. Gemeinsam werden wir hier mit den Regierungen in Land und Bund noch mehr Überzeugungsarbeit leisten müssen.

Ich wünsche Ihnen an dieser Stelle eine frohe, von Gott gesegnete und erholsame Weihnachtszeit, damit wir gestärkt in das neue Jahr 2022 gehen können. Mein besonderer Dank gilt den Kolleginnen und Kollegen, die auch an den Feiertagen ihren Dienst in Klinik und Praxis verrichten!

Rudolf Henke, Präsident der Ärztekammer Nordrhein