Der Start der nächsten Massenanwendung in der Telematikinfrastruktur steht unmittelbar bevor. Doch wie werden Rezeptverordnungen zum Jahreswechsel in der Versorgungsrealität tatsächlich umgesetzt werden?
von Ioannis Christopoulos
Das elektronische Rezept (eRezept) wird ab dem 1. Januar 2022 für kassenärztlich tätige Ärztinnen und Ärzte zur Pflicht. Ein Ziel des Gesetzgebers ist die Reduzierung von formalen Fehlern bei der Verschreibung. Für die Verordnung per digitalem Rezept sind zahlreiche Voraussetzungen durch Ärzte, Patienten und Apotheken zu schaffen.
Technische Anforderungen
Ärzte müssen über einen Konnektor mit der Update-Version PTV4+ an die Telematikinfrastruktur (TI) angeschlossen sein und über alle weiteren technischen Komponenten für ein eRezept verfügen. Dies umfasst einen elektronischen Heilberufsausweis (eHBA), ein geeignetes Kartenlesegerät, ein für das eRezept angepasstes IT-System, das die sogenannte Komfortsignatur mit dem eHBA unterstützt (siehe Rheinisches Ärzteblatt Heft 8/2021, Seite 23).
Daneben müssen gesetzlich Versicherte für die Verarbeitung eines eRezeptes auf ihrem Smartphone die entsprechende App installiert haben. Zum Jahreswechsel 2021/2022 werden wahrscheinlich nur sehr wenige Patientinnen und Patienten über diese eRezept-App verfügen.
Die IT-Systeme in Praxen und Krankenhäusern müssen in der Lage sein, bei Bedarf oder auf Wunsch des Patienten einen Papierausdruck des eRezeptes auszugeben. Der Ausdruck kann im Format DIN A5 oder DIN A4 in Schwarz-Weiß erfolgen. Um ein problemloses Scannen des auf dem Ausdruck befindlichen Barcodes zu gewährleisten, sollte ein Drucker mit einer Auflösung von mindestens 450 dpi eingesetzt werden. Eine Unterschrift auf dem Papierausdruck ist nicht notwendig.
Wahrscheinlich ist, dass im ersten Jahr den meisten Patienten ein Papierausdruck des eRezeptes ausgehändigt werden muss. Auf jedem Ausdruck werden Patienten Hinweise finden, wo die eRezept-App heruntergeladen werden kann.
Das Bundesministerium für Gesundheit geht davon aus, dass Patientinnen und Patienten sich mittelfristig die App auf ihrem Smartphone installieren werden. So wird eine sukzessive Abnahme der Papierausdrucke erwartet, sodass letztlich nur wenige Patienten in Zukunft weiterhin ein Rezept auf Papier wünschen.
eRezept-App
Die App kann über den App-Store von Apple (iOS) oder bei Google Play (Android) kostenfrei heruntergeladen werden. Die eRezept-App heißt in den Stores „Das E-Rezept“ und kann auf allen Smartphones ab Android 7 (Modelle ab dem Jahr 2015) und ab iOS 14 (iPhone 6S ab dem Jahr 2015) genutzt werden.
Nur in Ausnahmefällen Papierrezepte
Unter bestimmten Umständen dürfen Ärzte das gewohnte Papierrezept (Muster 16) ersatzweise nutzen:
bei Heim- und Hausbesuchen
- sofern die Technik für ein eRezept noch nicht vorhanden ist
- technische Störungen (Internet- oder Stromausfall, Hardware defekt, etc.)
- bei Hilfsmitteln, Verbandsmitteln und Teststreifen oder Sonstigem nach § 31 SGB V
- wenn bei der Verordnung die Versichertennummer im Ersatzverfahren nach Anlage 4a BMV-Ä unbekannt ist
Signatur mit dem eHBA
Für die Anlage eines eRezeptes kann das medizinische Fachpersonal einbezogen werden. Ärzte versehen das eRezept mit der qualifizierten elektronischen Signatur ihres eHBA. Das Einstellen des eRezeptes in die TI kann wieder durch das medizinische Fachpersonal durchgeführt werden. Im Unterschied zur handschriftlichen Unterschrift kann die Signatur eines eHBA nicht gefälscht werden. Apotheken können so technisch feststellen, ob das eRezept von einem Arzt ausgestellt wurde.
Einlösung in der (Versand-)Apotheke
Patienten können das eRezept in einer Apotheke vor Ort einlösen oder über die App an eine (Versand-)Apotheke senden. Sollte ein Apotheker feststellen, dass die Verordnung fachlich fehlerhaft ist, kann er den Arzt informieren, sodass gegebenenfalls ein neues eRezept erstellt werden kann. Hierfür muss weder der Patient noch der Apotheken-Bote den Arzt erneut aufsuchen.
Ausblick
Im ersten Jahr ist ausschließlich die Verordnung von apothekenpflichtigen Medikamenten über das eRezept möglich. Anfang 2023 soll die Verschreibung von Betäubungsmitteln auf T-Rezept realisiert sein. In den folgenden Jahren soll die App weitere Verordnungstypen verarbeiten können.
Die KBV hat am 4.11.2021 bekanntgegeben, dass Praxen, bei denen noch nicht alle technischen Voraussetzungen realisiert werden konnten, bis zum 30. Juni 2022 weiterhin in Papierform Rezepte ausstellen dürfen. Ärzte sind ausdrücklich weiterhin aufgefordert, schnellstmöglich die notwendigen technischen Komponenten zu beschaffen.
Weiterführende Informationen zum eRezept finden sich unter: www.das-e-rezept-fuer-deutschland.de/
Ioannis Christopoulos ist Prozessverantwortlicher und koordiniert die eHBA-Ausgabe für die Ärztekammer Nordrhein.