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Zweimal drittes Staatsexamen

18.01.2022 Seite 10
RAE Ausgabe 2/2022

Rheinisches Ärzteblatt

Heft 2/2022

Seite 10

Marie Noëlle Engels nach bestandenem 3. Staatsexamen. © privat

Mails aus Bonn


Von allen mündlichen Prüfungen meines Studiums stellte sich das dritte Examen als die positivste Erfahrung heraus. Auch bei schwierigen Fragen hatte ich immer das Gefühl, dass die Prüfer mit einem gewissen Wohlwollen auf uns Prüflinge blickten. Der Prüfungstag begann am Morgen mit der Zuteilung einer Patientin. Den Vormittag über hatte ich Zeit sie zu befragen, zu untersuchen und eine Epikrise zu verfassen. Am Nachmittag fand dann die eigentliche Prüfung statt. Ungefähr zwei Stunden lang wurden mein Mitprüfling und ich im Wechsel zu Themen der Inneren Medizin, Chirurgie, Anästhesie und Pädiatrie befragt. Danach wurden wir zur Notenfindung aus dem Raum gebeten. Zehn Minuten später sollten wir die Prüfer am Sekretariat direkt gegenüber treffen. Diese Zeit wollten wir nutzen, um die Habseligkeiten einzusammeln, die wir am Vormittag in einem Arztzimmer zurückgelassen hatten. So wunderten sich die Prüfer, als sie nach kurzer Besprechung in einen leeren Flur traten. Von den Prüflingen keine Spur. Auf seiner Suche trat der Vorsitzende auf den Vorplatz des Krankenhauses, wo bereits Freunde und Familie warteten. Doch auch hier hatte man uns nicht gesehen. Endlich kamen wir nichts ahnend am Sekretariat an. Die Freude über die bestandene Prüfung war groß. Dennoch stellte sich in den folgenden Tagen nicht die gleiche Erleichterung ein, die ich nach dem ersten und zweiten Staatsexamen empfunden hatte. Angesichts anstehender Entscheidungen und einer verdrängten Doktorarbeit fühlte ich mich unter Druck. Nicht zuletzt blickte ich mit einer gewissen Melancholie auf das Ende meines Studiums.

Sechseinhalb der sieben Jahre hat mich diese Kolumne auf dem Weg begleitet. Angefangen bei den Herausforderungen der Vorklinik, über die Freiheiten der Klinik und Auslandserfahrungen, bis hin zum Studienende in einer Pandemie. Von all dem habe ich hier erzählen dürfen.

Ich möchte Ihnen, der treuen Leserschaft, für Ihr Interesse danken. Ich hoffe, dass die Anekdoten aus meinem Studium sie hin und wieder zum Schmunzeln gebracht haben. Falls Sie sich nun fragen, wie es für mich weitergeht? Ich werde eine Weiterbildung in Kinderheilkunde in Bonn beginnen. Der Ärztekammer Nordrhein bleibe ich somit erhalten.
 

Mail aus Aachen


Mein letztes Examen ist jetzt ein paar Wochen her und ich fühle mich ein wenig wie nach dem Abitur. Ein bisschen sentimental und ein bisschen überfordert bei der Aussicht auf die große Verantwortung und die vielen neuen Aufgaben, die jetzt vor mir liegen. Obwohl ich mir während meines Praktischen Jahrs (PJ) schon alles so genau wie möglich angesehen und so viel wie möglich selbst gemacht habe, fühlt es sich jetzt komplett anders an. Wenn ich Sachen plötzlich können muss und nicht nur sollte. Wenn Aufgaben plötzlich allein in meiner Verantwortung liegen und nicht noch zusätzlich vom betreuenden Arzt kontrolliert werden.
 
Mein Studium könnte man als bewegte Zeit zusammenfassen: So sehr ich das viele Lernen und den straffen Zeitplan zwischen Vorlesung, Praktika und Untersuchungskursen oft verteufelt habe, so nostalgisch schaue ich jetzt darauf zurück. Und wie das so ist, fühlt sich alles noch viel schöner an mit jedem Tag, den es länger her ist. Meine größte Herausforderung war die ärztliche Basisprüfung. Am meisten Spaß hatte ich im PJ. Menschlich gefordert hat mich vor allem die Zeit auf der Herz-Thorax-Chirurgie und im Corona-Krisenstab, in dem ich die Pandemie sehr intensiv miterlebt und ihre schlimmsten Seiten kennengelernt habe.

Ich hatte immer viel vor und habe mir trotzdem Raum gelassen neben dem Studium. Für gute Freunde, Familie, Urlaube, Musik und Kunst, was immer ein guter Ausgleich war. Und einen geduldigen Freund, der mich zusätzlich bei allem unterstützt hat. Ich kann nicht behaupten, dass ich mir immer ganz sicher war, das richtige Studium gewählt zu haben, aber jetzt würde ich es immer wieder genauso machen.

Bis zur Aufnahme meiner Stelle habe ich mir ein halbes Jahr Zeit genommen. In erster Linie zur Vollendung meiner Doktorarbeit, die ich schon zu lange vor mir herschiebe. Aber auch um meine Freunde aus dem Studium zu besuchen, die sich nun in ganz Deutschland verteilen, um Zeit für Familie, Urlaub und mich selbst zu haben, bevor es dann so richtig losgeht.
 
Jetzt bin ich aufgeregt, neugierig und voller Vorfreude auf das, was auf mich wartet. Diesen großen Schritt nach sechs Jahren Studium endlich geschafft zu haben, ist ein gutes Gefühl, denn was nach meinem Abitur nur eine gute Idee war, ist jetzt tatsächlich mein Beruf.

Wie erlebt Ihr das Studium der Humanmedizin? Schreibt uns an medizinstudium(at)aekno.de.