Als Sturmtief Bernd im Juli letzten Jahres über den Westen Deutschlands hinwegzog, hinterließ es eine Schneise der Verwüstung. Zur Unterstützung der betroffenen Ärztinnen und Ärzte in den Flutregionen wurde auf Betreiben der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein (KVNO) noch im selben Monat ein Spendenkonto eingerichtet. Zum Jahreswechsel haben die Auszahlungen begonnen.
von Thomas Petersdorff
Und dann ging alles ganz schnell: Die mit dem Unwetter einsetzende Flut riss Autos mit sich, zerstörte Wohnhäuser, Infrastruktur und teils ganze Ortskerne. Auch zahlreiche Arztpraxen standen zeitweise hüfthoch unter Wasser – wenn es sie nicht sogar noch schlimmer getroffen hatte. Über mehrere Wochen hinweg hatten die Betroffenen weder fließendes Wasser noch Strom. Am schwersten von den Schäden der Flut gezeichnet war die Region Aachen – hier insbesondere Stolberg und Eschweiler –, aber auch die Kreise Euskirchen, Rhein-Sieg, Rhein-Berg und Oberberg hatten stark unter den Wassermassen gelitten.
Insgesamt waren infolge des Unwetters an die 150 Arztpraxen gar nicht oder nur bedingt einsatzfähig. Auch heute sind noch immer nicht alle Schäden in den betroffenen Regionen behoben: Nach aktuellem Stand sind noch 24 Praxen in ihrem operativen Betrieb stark beeinträchtigt – insgesamt 32 Praxen sind derzeit von einem Ausweichstandort aus tätig.
Neben kurzfristigen Hilfsangeboten hatte die KV Nordrhein noch im Juli ein Spendenkonto eingerichtet, um die betroffenen Ärztinnen und Ärzte sowie Psychologischen Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten in ihrer Not finanziell zu unterstützen. Zum Jahresende 2021 konnte schließlich mit der Auszahlung begonnen werden. Dank reger Beteiligung aus dem gesamten Bundesgebiet sowie einzelner Großspenden – unter anderem durch die KVen Westfalen-Lippe und Thüringen – kam dabei ein Betrag von mehr als 840.000 Euro zusammen.
Auszahlung der Hilfen gestartet
Für den Vorstandsvorsitzenden der KV Nordrhein, Dr. Frank Bergmann, ist das ein überwältigendes Zeichen kollegialer Solidarität: „Das unvorstellbare Leid, das die Flut bei vielen Menschen verursacht hat, lässt sich zwar nicht ungeschehen machen – doch können die gesammelten Spenden zumindest einen Beitrag leisten, die oft existenzbedrohende Lage, in die viele Kolleginnen und Kollegen in Folge des Hochwassers geraten sind, ein wenig abzumildern“, erklärt der KVNO-Vorstandsvorsitzende.
Insgesamt wurden im Rahmen der Spendenzuteilung 28 Auszahlungsbescheide an geschädigte Praxen vergeben. Eine von ihnen gehört Nora Balzer. Ihre Gemeinschaftspraxis für Neurologie und Psychiatrie mit Sitz in Stolberg trafen die Wassermassen derart, dass sie ihre Räumlichkeiten aufgeben und vorerst ins örtliche Gesundheitsamt umziehen musste – ein Provisorium, das bis heute anhält. Zwar sind die Aufräumarbeiten inzwischen weitestgehend abgeschlossen, doch gestaltet sich die Sanierung der Praxisräume in Teilen sehr aufwändig und ist mit den Geldern des Landes allein kaum zu finanzieren.
Wiederaufbau schreitet voran
Dieses Schicksal teilt Balzer mit Volker Welge, ebenfalls Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie in Stolberg. Auch er ist im Gesundheitsamt der Stadt untergekommen. In seiner Praxis ist die Verwüstung noch immer enorm: feuchtes, teils aufgesprengtes Mauerwerk, freiliegende Rohre und Kabel, wohin man sieht. Am Ende hat das Fenster dem Druck der Wassermassen nicht mehr standhalten können. Doch immerhin – Stück für Stück schreiten die Arbeiten auch hier voran, womit die Zuversicht vor Ort wächst. Und wie geht es jetzt weiter? Bis zum Frühjahr werden die Arbeiten voraussichtlich noch brauchen, sodass mit einer Rückkehr in die Praxis wohl ab Mai zu rechnen ist, sagt Welge. Bei Balzer verhält es sich ähnlich; auch sie plant den Wiederbezug im späten Frühjahr. Bis dahin bleibt es für alle Betroffenen aber noch ein Kraftakt – ein Kraftakt jedoch, der durch tatkräftige Unterstützung im Rahmen der Spendensammlung nun zumindest finanziell ein wenig erleichtert wurde.
Thomas Petersdorff ist Referent im Bereich Presse und Medien der KV Nordrhein.