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Praxis

Die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung wird elektronisch

22.09.2021 Seite 23
RAE Ausgabe 10/2021

Rheinisches Ärzteblatt

Heft 10/2021

Seite 23

Der „Gelbe Schein“ hat bald ausgedient und wird durch eine elektronische Variante ersetzt. Bereits ab Oktober 2021 muss die Meldung des Arztes an die Krankenkasse digital erfolgen. © Ioannis Christopoulos
Viele Ärzte in Kassenpraxen und Krankenhäusern müssen sich im Herbst auf eine wesentliche Änderung im Arbeitsalltag einstellen. Mit einigen Monaten Verspätung startet am 1. Oktober 2021 mit der elektronischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung offiziell die erste Massenanwendung in der Telematikinfrastruktur.

von Ioannis Christopoulos

Bereits zum 1. Januar 2021 hatte das Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) ursprünglich die elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU) vorgesehen. Da die technischen Komponenten bei vielen Anbietern zu diesem Zeitpunkt nicht lieferbar waren, stimmte der Gesetzgeber einer Übergangsregelung bis zum 1. Oktober 2021 zu.

Fristverlängerung unter bestimmten Umständen

Für Arztpraxen, bei denen die technischen Voraussetzungen, um eine eAU zu erstellen, noch nicht gegeben sind, wurde die Übergangsregelung bis zum 31. Dezember 2021 verlängert. Bis dahin dürfen diese Praxen das alte, papierbasierte Verfahren („gelber Schein“, Muster 1) nutzen. Spätestens ab dem 1. Januar 2022 müssen allerdings alle Arztpraxen und Krankenhäuser – letztere im Rahmen des Entlassmanagements – jede AU elektronisch über den sicheren E-Mail-Fachdienst KIM (Kommunikation im Medizinwesen) über die Telematikinfrastruktur (TI) an die gesetzlichen Krankenkassen der Versicherten übermitteln.

Die Papierdurchschläge für den Arbeitgeber und den Patienten bleiben vorerst erhalten und müssen als Ausdruck ausgehändigt werden. Bei diesem handelt es sich allerdings nicht mehr um das bisher genutzte Muster-1-Formular. Nach den Plänen des Gesetzgebers sollen die gesetzlichen Krankenkassen die von Kassenärztinnen und -ärzten übermittelten eAUs den Arbeitgebern ab dem 1. Juli 2022 digital zur Verfügung stellen. Patienten sollen ab diesem Zeitpunkt nur noch auf Wunsch einen AU-Ausdruck erhalten.

Technische Voraussetzungen

Für die Übermittlung einer eAU an die Krankenkassen wird der E-Mail-Fachdienst KIM benötigt (siehe RÄ Juni/2021, S. 28). Softwarehäuser müssen Praxen und Krankenhäusern ein entsprechendes Modul zur Verfügung stellen, über das die eAU ausgefüllt, mit eHBA signiert, versendet und ausgedruckt werden kann.
Zur verpflichtenden, qualifizierten elektronischen Signatur wird zudem ein Konnektor mindestens der Produkttypversion 3 (eHealth-Konnektor) sowie ein elektronischer Heilberufsausweis (eHBA) der Generation 2 benötigt. Liegt ein eHBA aus vom Arzt unverschuldeten Gründen nicht vor, kann vorübergehend als alternative Lösung mit der SMC-B (Praxisausweis) eine eAU signiert werden.

Trotz der Übergangsregelung sollten Ärztinnen und Ärzte zeitnah noch fehlende Komponenten bestellen, um die eAU frühzeitig in ihre Praxisabläufe zu integrieren. Denn ab dem 1. Januar 2022 kommt mit dem eRezept eine weitere verpflichtende Massenanwendung für Kassenärzte hinzu.

Der eHealth-Konnektor unterstützt die sogenannte Stapelsignatur mit dem eHBA (siehe RÄ 05/2021, S. 25). Mit dieser lassen sich mehrere Dokumente in einem Vorgang signieren, ohne für jedes einzelne Dokument eine PIN eingeben zu müssen. Sämtliche an einem Tag ausgestellten eAUs können so gesammelt, als Stapel signiert und anschließend versendet werden.

Mit einem weiteren Konnektor-Update auf die Produkttypversion 4+ unterstützt der Konnektor auch die Komfortsignatur des eHBA (siehe RÄ 08/2021, S. 23). Mit dieser können für einen Zeitraum von 24 Stunden bis zu 250 Signaturen ohne weitere PIN-Eingabe durch eine einfache Bestätigung, wie einen Mausklick ausgelöst werden. Damit kann eine eAU oder ein eRezept unmittelbar nach Ausstellung signiert werden.

In absehbarer Zeit wird es bei Hausbesuchen keinen mobilen Zugang für Ärztinnen und Ärzte in die TI geben. Die Softwaremodule werden daher die Option ermöglichen, in solchen Fällen einen „leeren“ eAU-Ausdruck zu erzeugen. Ärztinnen und Ärzte unterschreiben diesen handschriftlich und versenden die eAU mit dem eHBA signiert im Nachgang am nachfolgenden Werktag. Alternativ kann die eAU auch gänzlich nachgelagert in der Praxis erstellt werden. Anschließend ist dann allerdings ein postalischer Versand beider unterschriebener Ausdrucke an die Patientin oder den Patienten notwendig. 

Vergütungsregelungen

Die Kassenärztliche Bundesvereinigung sowie die Deutsche Krankenhausgesellschaft haben jeweils eine Finanzierungsvereinbarung mit dem Spitzenverband der gesetzlichen Krankenkassen getroffen, der die TI für Praxen und Krankenhäuser refinanzieren soll. Nähere Informationen finden sich auf den jeweiligen Webseiten www.kbv.de und www.dkgev.de

Ioannis Christopoulos ist Prozessverantwortlicher und koordiniert die eHBA-Ausgabe für die Ärztekammer Nordrhein.