Herkömmliche E-Mails sind für den Austausch von sensiblen Daten ungeeignet. Der Dienst „Kommunikation im Medizinwesen“ behebt dieses Defizit. In Verbindung mit dem elektronischen Heilberufsausweis können rechtsgültige Dokumente vertraulich und sicher ausgetauscht werden.
von Ioannis Christopoulos
Im Rahmen der Telematikinfrastruktur (TI) können Ärztinnen und Ärzte zahlreiche Anwendungen nutzen. Einige von diesen hat der Gesetzgeber für einen Großteil der Ärztinnen und Ärzte, die gesetzlich krankenversicherte Patienten behandeln, verpflichtend eingeführt und mit Umsetzungsfristen belegt. Die elektronische Patientenakte wird beispielsweise am 1. Juli 2021 verpflichtend. Danach folgen die elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU) am 1. Oktober 2021 und das elektronische Rezept am 1. Januar 2022. Um alle diese Anwendungen nutzen zu können, benötigen die Ärzte zwingend einen elektronischen Heilberufsausweis (eHBA). Eine Übersicht der Pflichtanwendungen findet sich unter www.aekno.de/ehba.
Neben dem eHBA wird für den digitalen Austausch von sensiblen Nachrichten und Dokumenten die Anwendung „Kommunikation im Medizinwesen“ (KIM) eine zentrale Rolle spielen. Der Fachdienst ist ähnlich einem E-Mail-Programm aufgebaut. Mit KIM können Akteure im Gesundheitswesen schnell, sicher und vertraulich miteinander kommunizieren.
Nur registrierte Nutzer können KIM-Nachrichten austauschen. So kann zum Beispiel ein Hausarzt sicher sein, dass der Arztbrief in seinem elektronischen Postfach tatsächlich vom versendenden Facharzt stammt. Im Gegensatz zu dem traditionellen E-Mail-Versand über das Internet ist bei KIM die Identität aller TI-Teilnehmer bestätigt und in einem Verzeichnisdienst – einem zentralen Adressbuch – hinterlegt. Nach dem Willen des Gesetzgebers befüllen und pflegen die Ärztekammern die Daten für diesen Verzeichnisdienst. Praxen und Krankenhäusern ist es so möglich, über KIM auf diesen Verzeichnisdienst zuzugreifen und TI-Teilnehmer zu suchen. Eine eigenständige Adressbuchpflege ist nicht erforderlich.
KIM funktioniert wie ein E-Mail-Programm. Wahlweise kann es direkt über ein Primärsystem mit E-Mail-Funktion benutzt oder alternativ in ein Standard-E-Mail-Programm wie beispielsweise Outlook integriert werden. Die sogenannte Ende-zu-Ende-Verschlüsselung schützt Nachrichten und Anhänge vor dem Zugriff von unbefugten Mitlesern. Eine Verfälschung oder Manipulation der Nachrichten oder Anhänge ist nicht möglich.
KIM wird von Arztpraxen und Krankenhäusern spätestens ab dem dritten Quartal 2021 benötigt, um die eAU an die gesetzlichen Krankenkassen der Patientinnen und Patienten zu übermitteln. Bisher haben die Patienten den Durchschlag ihrer AU selbst an die Krankenkasse weitergeleitet. Die Durchschläge für den Arbeitgeber und für die eigenen Unterlagen werden weiterhin in Papierform ausgehändigt. Die eAU an die Kassen müssen Ärztinnen und Ärzte mit dem eHBA signieren. Grundsätzlich besteht technisch die Option, jede eAU einzeln zu signieren oder die Stapelsignaturfunktion zu nutzen (siehe RÄ 5/2021, S. 25).
Technische Voraussetzungen
Um KIM nutzen zu können, müssen in den Praxen das Software-Update zum E-Health-Konnektor aufgespielt und das Primärsystem angepasst werden. Der Konnektor (PTV3-Konnektor) stellt die Verschlüsselungs- und Signaturfunktionalitäten zur Verfügung, die für KIM und andere Anwendungen wie die Notfalldaten und den elektronischen Medikationsplan erforderlich sind. Ein Konnektor ist ohne das Update technisch nicht in der Lage, KIM einschließlich eHBA zu nutzen. Sofern noch nicht vorhanden, benötigen Ärztinnen und Ärzte zudem einen Praxisausweis (SMC-B), ein E-Health-Kartenterminal sowie einen Anbieter für einen virtuellen privaten Zugang zur TI (VPN-Zugangsdienstanbieter). Zusätzlich bedarf es einer KIM-E-Mail-Adresse, die über einen zugelassenen Anbieter erhältlich ist. Bei Rückfragen helfen die Softwareanbieter.
Die Kassenärztliche Bundesvereinigung und die Deutsche Krankenhausgesellschaft haben mit dem Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenkassen eine Finanzierungsvereinbarung für die neuen Anwendungen getroffen. Hier wurden Pauschalen für die TI-Anbindung, den E-Health-Konnektor, den eHBA sowie für den KIM-Fachdienst vereinbart (siehe www.kbv.de/html/kim.php oder www.dkgev.de/themen/digitalisierung-daten/telematik-infrastruktur).
Die Ärztekammer Nordrhein empfiehlt Ärztinnen und Ärzten, die gesetzlich Krankenversicherte behandeln, einen eHBA zu beantragen. Da die Beantragung aufgrund gesetzlicher Vorgaben komplex ist, rät die Kammer, sich im Vorfeld eingehend über den Antragsprozess zu informieren. Ärztinnen und Ärzte sollten eine Lieferzeit von rund acht Wochen einplanen.
Ioannis Christopoulos ist Prozessverantwortlicher und koordiniert die eHBA-Ausgabe für die Ärztekammer Nordrhein.