Vorlesen
Meinung

Augenmerk auf die Kinder

21.07.2021 Seite 3
RAE Ausgabe 8/2021

Rheinisches Ärzteblatt

Heft 8/2021

Seite 3

Rudolf Henke © Jochen Rolfes
Im kommenden Schuljahr, in dem es vorrangig darum gehen wird, Bildungseinrichtungen unter Berücksichtigung geeigneter Schutzmaßnahmen für Kinder und Jugendliche offen zu halten, muss die Gesundheitsförderung an Schulen eine größere Rolle spielen als je zuvor.  

Der Alltag von Kindern und Jugendlichen hat sich während der Coronapandemie drastisch verändert. Die Folgen der Einschränkungen ihres Soziallebens, des Wegfalls von sportlichen, kreativen und weiteren Bildungsangeboten sowie die Auswirkungen von Distanz- und Wechselunterricht auf ihren Bildungsstand und ihre zukünftigen Bildungschancen sind derzeit noch nicht umfassend darstellbar. Viele der bislang verfügbaren Studien sind aufgrund ihrer noch kurzen Beobachtungszeit und ihrer kleinen Stichproben in ihrer Aussagekraft begrenzt und stellen eher Momentaufnahmen dar.

Dennoch sind sich die Experten einig, dass die meisten Kinder und Jugendlichen die durch die Pandemie verursachten Belastungen und Bildungsdefizite über kurz oder lang überwinden können. Es steht aber zu befürchten, dass ein relevanter Anteil von Kindern und Jugendlichen, die auch schon vor der Pandemie nicht die gleichen Chancen hatten, gesund aufzuwachsen und ihr persönliches Leistungsvermögen abzurufen, es schwerer haben werden, Entwicklungsrückstände aufzuholen und psychische Belastungen ohne Hilfe von außen zu bewältigen.
 
Es wird daher eine zentrale Aufgabe im neuen Schuljahr sein, Kinder und Jugendliche so zu fördern und zu unterstützen, dass eben nicht alle Kraft auf den Ausgleich ihrer Bildungsdefizite gelegt wird. Auch die pandemiebedingten Defizite in der motorischen wie sozioemotionalen Entwicklung sollten aufgefangen und durch gezielte inner- wie außerschulische Angebote ausgeglichen werden. Kitas und Schulen sind ja nicht nur Orte der Wissensvermittlung, sondern auch Begegnungsstätten, die die Gesamtpersönlichkeit der Kinder stärken und ihre physische wie psychische Gesundheit fördern sollen. In diesem Sinne bedarf es nicht nur zusätzlicher Förderinstrumente für Schülerinnen und Schüler mit schwächeren schulischen Leistungen, sondern auch Unterstützung durch weitere Fachpersonen wie Schulsozialarbeiter oder Schulpsychologen. Es braucht Angebote der Kinder- und Jugendhilfe sowie den Ausbau von Therapieangeboten für Kinder mit psychischen Störungen.
 
Wir haben deshalb unser Präventionsprogramm Gesund macht Schule, das wir gemeinsam mit der AOK Rheinland/Hamburg in Nordrhein an 300 Grundschulen umsetzen, mit dem beginnenden Schuljahr an die neuen pandemiebedingten Probleme angepasst (siehe auch Seite 7). Mithilfe unserer engagierten Patenärztinnen und Patenärzte werden wir die Schulen in Nordrhein aktiv dabei unterstützen, regelmäßige Bewegungs- und Sportangebote zu etablieren, Resilienz im Unterricht sowie im Offenen Ganztag zu fördern und Eltern durch Onlineangebote dabei zu unterstützen, ihren Kindern ein gesundheitsförderliches Aufwachsen zu ermöglichen.
 
Unseren Patenärztinnen und Patenärzten, die im letzten Jahr in Online-Konferenzen den Lehrkräften und den Schülerinnen und Schülern als Ansprechpartner für alle Fragen rund um die Pandemie und die mit ihr verbundenen Sorgen zur Verfügung gestanden haben, gilt an dieser Stelle mein herzlichster Dank. Nur ihrem jahrelangen und stetigen Engagement ist es zu verdanken, dass wir in diesem Jahr unser 20-jähriges Jubiläum von Gesund macht Schule feiern können.


Rudolf Henke, Präsident der Ärztekammer Nordrhein