Neben ihrem Beruf engagieren sie sich ehrenamtlich für ihre Kolleginnen und Kollegen: die Kreisstellenvorsitzenden der Ärztekammer Nordrhein. Doch welche Eigenschaften machen einen Vorsitzenden eigentlich aus und wie begeistert man die junge Ärztegeneration für das Ehrenamt? Diese Fragen stellten wir Dr. Hansjörg Eickhoff, Vorsitzender der Kreisstelle des Rhein-Sieg-Kreises, in unserer Reihe „Mein Engagement“.
RÄ: Stellen Sie sich vor, Sie sitzen in der Straßenbahn und möchten Ihrem Sitznachbarn erklären, was die Ärztekammer ist. Was würden Sie sagen?
Eickhoff: Leider können wir uns ja im Moment in der Straßenbahn nicht wirklich mit fremden Menschen unterhalten. Aber rein hypothetisch würde ich erklären, dass die Ärztekammer eine Körperschaft des öffentlichen Rechts ist. Sie kümmert sich um die Belange der Ärzteschaft und die Kommunikation der verschiedenen Arztgruppen untereinander. Die Kammer ist, wie in der Bundesrepublik üblich, föderal aufgebaut. Sie wird von Ärzten für Ärzte gewählt.
RÄ: Welche Eigenschaften sollte ein Kreisstellenvorsitzender Ihrer Meinung nach mitbringen?
Eickhoff: Vorsitzende sollten in ihrem Kreis zu Hause und gut vernetzt sein. Man muss es schaffen, Kolleginnen und Kollegen auch bei Konflikten zusammenzubringen. Das ist im Moment ab und an schwierig, da ja persönliche Gespräche von Angesicht zu Angesicht nicht möglich sind. Kreisstellenarbeit ist aber kein Wunschkonzert, man muss flexibel bleiben und sich an die Gegebenheiten anpassen.
"Die geimpften Kolleginnen und Kollegen wirken so, als sei ihnen eine Last von den Schultern gefallen“
RÄ: Was möchten Sie als Kreisstellenvorsitzender des Rhein-Sieg-Kreises bewirken?
Eickhoff: Ich freue mich sehr auf die Zeit nach Corona, wenn sich das Leben wieder weitgehend normalisiert hat und wir uns in der Kreisstelle wieder in Präsenz treffen können. Dieses persönliche Miteinander fehlt doch sehr.
Davon ganz abgesehen belastet Corona unsere Arbeit stark – auch indirekt, weil Operationen verschoben werden müssen, die zwar nicht lebensnotwendig, aber dringend sind. Deshalb ist es wichtig, die Intensivstationen freizuhalten, damit Kliniken weiterarbeiten und auch Nicht-Corona-Patienten angemessen versorgen können.
Ich finde es im Übrigen erschreckend, wie viele Menschen in Deutschland sich seit Beginn der Pandemie für Virologen halten und alles immer besser wissen. Dabei kann man selbst mit medizinischem Hintergrund den Wissenschaftlern oft nur marginal folgen.
Deshalb kann ich auch die Debatte um die Wirksamkeit einzelner Impfstoffe nicht nachvollziehen. Wir können uns glücklich schätzen, dass die Wissenschaft im Rekordtempo Impfstoffe entwickelt hat, die uns allesamt vor einem schweren COVID-19-Verlauf schützen. In meinem Krankenhaus sind fast alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter geimpft. Was auffällt, ist: Die geimpften Kolleginnen und Kollegen, Schwestern und Pfleger wirken nach der zweiten Dosis so, als sei ihnen eine Last von den Schultern gefallen. Das ist wirklich ein schönes Gefühl.
RÄ: Welchen Rat würden Sie Ärztinnen und Ärzten geben, die heute in den Beruf starten?
Eickhoff: Man muss die Augen offenhalten und sich einbringen. Engagement ist in unserem Beruf grundlegend, ob in den Ärztekammern oder auch in Hilfsorganisationen. Ich sage meinen Ärztinnen und Ärzten in Weiterbildung immer: „Wenn Ihr etwas lernen möchtet, müsst Ihr euch bemühen.“ Know-how kommt nicht von alleine, man muss sich einbringen und engagieren.
RÄ: Wie würden Sie die junge Ärztegeneration davon überzeugen, sich ehrenamtlich in der Ärztekammer zu engagieren?
Eickhoff: Man sollte in erster Linie ein gutes Vorbild sein. Man kann die jungen Kolleginnen und Kollegen ruhig mal ansprechen und fragen. Nicht alle sind der Berufspolitik abgeneigt. Unser Kreisstellenvorstand hat sich seit der vergangenen Wahl verjüngt, was ich sehr gut finde. Wir möchten ja die gesamte Palette der Ärzteschaft vertreten, da gehören die Jungen auch dazu. Man kann viel voneinander lernen. Aber es gilt meiner Meinung nach immer: Wer etwas bewegen möchte, der muss sich bewegen. Sonst funktioniert es einfach nicht.
Das Interview führte Vassiliki Latrovali.