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Gesundheits- und Sozialpolitik

Die schweren Folgen der Flutkatastrophe in Nordrhein: Hilfe für betroffene Praxen

25.08.2021 Seite 21
RAE Ausgabe 9/2021

Rheinisches Ärzteblatt

Heft 9/2021

Seite 21

Die Wassermassen richteten in vielen nordrheinischen Städten erhebliche Schäden an. © KV Nordrhein
Dieses Datum wird vielen Praxisteams in schlimmer Erinnerung bleiben: Am 14. Juli 2021 kam das Wasser in unvorstellbaren Mengen vom Himmel und zerstörte Inventar, Unterlagen sowie medizinische Geräte in vielen nordrheinischen Praxen. Für viele Schäden kommt keine Versicherung auf.  

von Sven Ludwig

Die Not in den insgesamt 130 von den Folgen des Unwetters betroffenen Arztpraxen in Nordrhein war groß. Sie konnten nach dem Unwetter gar nicht oder nur eingeschränkt arbeiten – bei vielen gab es weder Wasser noch Strom. 15 Praxen wurden durch das Unwetter völlig zerstört. Dabei handelte es sich um Schäden im (oft hohen) fünfstelligen Bereich. In manchen Praxen stiegen die entstandenen Kosten auf bis zu 100.000 Euro. In den meisten Fällen kommt keine Versicherung für die Kosten auf. Daher richtete die Kassenärztliche Vereinigung (KV) Nordrhein unmittelbar nach der Flutkatastrophe ein Spendenkonto für die betroffenen Praxen ein.   

Die Schilderungen der betroffenen Ärztinnen und Ärzte machen eindrucksvoll deutlich, welch dramatische Szenen sich in den am stärksten betroffen Gebieten im Bereich Aachen, im Kreis Euskirchen, im Rhein-Sieg-Kreis, im Rheinisch-Bergischen-Kreis sowie im Oberbergischen Kreis abgespielt haben. Eine Ärztin berichtet, dass ein Auto die Fensterfront ihrer Praxis eindrückte. Danach zerstörten die Wassermassen Möbel, Geräte und das gesamte Inventar. Eine andere Ärztin verlor eine 20-jährige Mitarbeiterin, die in den Fluten ums Leben kam. Neben den materiellen Schäden leiden die Praxisteams auch psychisch massiv unter den Folgen der Flutkatastrophe. Gleichzeitig kümmern sie sich täglich um zum Teil traumatisierte Patientinnen und Patienten. 

Schnelle und unkomplizierte Hilfe  

Die KV Nordrhein richtete umgehend einen Krisenstab ein und nahm Kontakt zu den betroffenen Praxen auf – dies war zu Beginn nicht immer ganz leicht, da es vielerorts keinen Strom gab und die Praxen weder per E-Mail noch telefonisch erreicht werden konnten. Folgende Maßnahmen wurde seitens der KV Nordrhein umgehend angestoßen: 

  • Kurzfristige Praxisverlegungen konnten ohne den üblichen bürokratischen Aufwand ermöglicht werden. Die KV Nordrhein unterstützte Praxen bei der Suche nach Übergangsräumlichkeiten. 
  • Abschlagszahlungen für die Praxen wurden auch weiterhin gezahlt, damit es nicht zu Liquiditätsproblemen kommt. 
  • Hilfsbedarfe konnten von den Praxen direkt an die KV Nordrhein gemeldet werden. Es wurden Ausnahmeregelungen mit den Krankenkassen abgestimmt, damit die betroffenen Ärztinnen und Ärzte keine Regresse zu befürchten hatten. 
  • Außerdem durften Ärztliche Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten, die sich um die Akutversorgung von Opfern der Flutkatastrophe kümmerten, unabhängig vom Praxissitz abrechnen. 

Ein weiterhin wichtiger Punkt: Die KV Nordrhein arbeitete auf verschiedenen Ebenen zum Beispiel mit psychotherapeutischen Netzwerken zusammen, um sowohl eine Akutbehandlung als auch eine längerfristige Betreuung der Opfer der Flutkatastrophe sicherzustellen. 

Hilfe auch über 116 117

Die Betroffenen, die an dieser Stelle Hilfe benötigten, konnten sich an die Service-Hotline 116 117 wenden. Hierüber konnte direkt ein Hilfsangebot vermittelt werden.  
Die Folgen der Flutkatastrophe werden die am schwersten betroffenen Praxen wohl noch längere Zeit beschäftigen. Über das Geld, das auf dem Spendenkonto zusammenkommt, können hoffentlich die wesentlichen Schäden abgefedert werden. 

Sven Ludwig ist Pressesprecher und Leiter Öffentlichkeitsarbeit bei der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein.