Die Kammerversammlung der Ärztekammer Nordrhein hat am 21. März 2020 verschiedene zum 1. Januar 2021 in Kraft tretende Änderungen der Satzung der Nordrheinischen Ärzteversorgung beschlossen.
von Steffen Breuer
Neben redaktionellen und klarstellenden Regelungen wurden auch einige inhaltliche Änderungen vorgenommen. Diese betreffen im Wesentlichen das Leistungsrecht. Die Kammerversammlung hatte hier insbesondere das Absicherungsinteresse der jüngeren Mitglieder beziehungsweise von ärztlichen Berufsanfängern mit tendenziell jüngeren Kindern im Blick. Der Berufsunfähigkeitsschutz wurde verbessert, indem die sogenannte Zurechnungszeit um zwei Jahre von der Vollendung des 60. Lebensjahres bis zur Vollendung des 62. Lebensjahres erhöht wurde. Die Zurechnungszeit ist der Zeitraum ab dem Eintritt der Berufsunfähigkeit, von dem an typischerweise keine rentenwirksamen Versorgungsabgaben mehr gezahlt werden. Konkret bewirkt die entsprechende Satzungsänderung, dass im Falle einer eintretenden Berufsunfähigkeit das Mitglied so behandelt wird, als habe es bis zur Vollendung des 62. Lebensjahres Beiträge in Höhe seines bisherigen Durchschnitts bezahlt.
Erhöhung des Berufsunfähigkeitsrentenanspruchs
Wird also beispielsweise ein vierzigjähriger Arzt berufsunfähig, werden ihm 22 fiktive Beitragsjahre (anstatt wie bis her 20) gutgeschrieben. Dies bewirkt eine Erhöhung des Berufsunfähigkeitsrentenanspruchs um bis zu 6,8 Prozent (abhängig von der durchschnittlichen Beitragshöhe). Nach Vollendung des 62. Lebensjahres werden Antragsteller – wie auch bei anderen berufsständischen Versorgungswerken durchaus üblich – zukünftig auf den Bezug der (vorgezogenen) Altersrente verwiesen. Hierdurch werden unter anderem aufwendige Antragsverfahren auf Zuerkennung einer Berufsunfähigkeitsrente für Zeiträume vermieden, in denen dem sozialen Absicherungsinteresse bereits durch einen vorhandenen Rentenanspruch (Altersrente) Rechnung getragen wird.
Weiterhin werden mit Wirkung zum 1. Januar 2021 sämtliche Halbwaisenrenten – auch die bereits laufenden – von 12 Prozent auf 15 Prozent der entsprechenden Bezugsrente (Altersrente beziehungsweise fiktive BU-Rente bei Versterben des Mitglieds vor Altersrentenbezug) erhöht. Auch ab dem 1.7.2021 beginnende Freiwilligendienste wie das freiwillige soziale Jahr oder das freiwillige ökologische Jahr sowie vergleichbare europäische Freiwilligendienste werden zukünftig als Ausbildung anerkannt.
Hierdurch erhalten Berufsunfähigkeitsrentner mit Kindern für den entsprechenden Zeitraum Kinderzuschüsse sowie Halb- beziehungsweise Vollwaisen ihre Waisenrente für die entsprechenden Zeiträume. Bisher sah die Versorgungssatzung dies nur bei der Ableistung von Pflichtdiensten vor. Durch diese Änderung der Satzung wollte die Kammerversammlung zum einen das soziale Absicherungsinteresse hinterbliebener Kinder von Ärztinnen und Ärzten sowie von jüngeren Berufsunfähigkeitsrentnern mit Kindern stärken, zum anderen das gesellschaftliche Engagement anerkennen und fördern. Der Satzungsgeber stellt nunmehr jedoch auch klar, dass ein Anspruch auf Kinderzuschüsse beziehungsweise Halb- oder Vollwaisenrente nicht besteht, wenn eine mehr als 30 Wochenstunden umfassende entgeltliche berufliche Tätigkeit ausgeübt wird. Der Sinn der Zahlung von Waisenrenten beziehungsweise Kinderzuschüssen liegt darin, Kinder beziehungsweise die Unterhaltspflichtigen in einer Phase zu unterstützen, in der das Kind gehindert ist, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen und Einkommen zu erzielen. Bei Schul- oder Berufsausbildung wurde in der Vergangenheit unterstellt, dass ein Bedarf zur Unterhaltssicherung regelmäßig besteht. Mittlerweile gibt es jedoch immer mehr Bildungsangebote, die auf berufstätige Erwachsene abzielen und die so konzipiert sind, dass sie neben einer Erwerbstätigkeit ausgeübt werden können. Sofern das Kind neben einer beruflichen Qualifizierungsmaßnahme einer Erwerbstätigkeit nachgehen kann und eigenes Einkommen erzielt, ist eine Bedarfslage nicht mehr zwangsläufig anzunehmen, sodass für diesen Zeitraum eine Unterhaltssicherung nicht notwendig erscheint.
Ärztliche Tätigkeit als Mitgliedschaftsvoraussetzung
Eine weitere Satzungsänderung bezieht sich auf die Zugangsvoraussetzung zur Nordrheinischen Ärzteversorgung. Bisher war allein die Pflichtmitgliedschaft in der Ärztekammer Nordrhein konstituierendes Merkmal für die Mitgliedschaft in der Nordrheinischen Ärzteversorgung. Zukünftig ist zusätzlich die Aufnahme einer ärztlichen Tätigkeit zwingende Voraussetzung. Dies bringt Vorteile für die Berechnung der Rentenanwartschaften der Ärztinnen und Ärzte mit sich. Zwar müssen Mitglieder für den Zeitraum bis zur Tätigkeitsaufnahme keine Versorgungsabgaben entrichten. Da für die Berechnung der späten Renten jedoch der Durchschnitt der bisherigen Beitragszahlungen, bezogen auf die gesamte Mitgliedschaftsdauer, relevant ist – dies gilt im besonderen Maße für die Berufsunfähigkeitsrente – verringern sich die Rentenanwartschaften durch beitragsfreie Mitgliedschaftszeiten. Denn der Durchschnitt der geleisteten Versorgungsabgaben sinkt hierdurch ab. Dies konnte schon bisher dadurch verhindert werden, dass sich Personen, die keine ärztliche Tätigkeit ausübten, von der Mitgliedschaft zur Nordrheinischen Ärzteversorgung befreien lassen konnten. Dies bedeutete jedoch für die Ärztinnen und Ärzte einen gewissen administrativen Aufwand, der nunmehr entfällt.
Sämtliche Satzungsänderungen wurden versicherungsmathematisch auf ihre finanziellen Auswirkungen geprüft. Im Ergebnis sind sie kostenneutral im Hinblick auf die Deckungsrückstellung, sodass die Versichertengemeinschaft nicht zusätzlich belastet wird.
Dr. iur. Steffen Breuer ist Leiter des Geschäftsbereichs I der Nordrheinischen Ärzteversorgung und unter anderem für den Bereich Versicherungsbetrieb zuständig.