Leichte Sprache
Mein letztes klinisches Semester verläuft anders als die vorherigen. Es findet komplett in meiner Wohnung statt. Sozusagen aus dem Nichts hat die medizinische Fakultät der Uni Bonn ein „Online-Curriculum“ geschaffen, um die Lehre trotz Corona-Krise aufrechtzuerhalten. Auf der Lernplattform Ecampus finden sich seitdem didaktische Mittel aller Couleur.
Einige Seminare und Vorlesungen werden außerdem per Videoanruf live weitergeführt, so auch die Vorlesung für Neuropathologie. Dort zeigt man sich erfreut über die ungewöhnlich hohen Teilnehmerzahlen von 40 Personen und mehr. Vielleicht ein Grund, Videoübertragungen von Vorlesungen auch langfristig beizubehalten. Der aktuelle Ausnahmezustand könnte so zum Anstoß für eine Modernisierung der Lehre werden.
An anderer Stelle wünsche ich mir jedoch konventionelle Formate zurück. In den Seminaren beispielsweise leidet meinem Eindruck nach die Interaktivität unter dem virtuellen Rahmen. Oft bleiben die Kameras und Mikrophone der Teilnehmenden ausgeschaltet. Das fühlt sich besonders bei Vorträgen eigenartig an, da jegliche Art von Rückmeldung fehlt. Hin und wieder fordern Dozierende dazu auf, die Kameras anzuschalten. Zumeist leider dann, wenn ich noch im Pyjama vor dem Bildschirm sitze. Wie für die universitären Veranstaltungen, bin auch ich für die tägliche Examensvorbereitung an meine Wohnung gebunden. Das verlangt ein hohes Maß an Selbstdisziplin. Es fällt mir schwer nachzuvollziehen, dass Restaurants und Theater wieder öffnen dürfen, die Bibliotheken aber weiterhin geschlossen bleiben. Zumal mir die Umsetzbarkeit der Abstandregelungen dort eher gegeben erscheint. Darüber hinaus sind Bibliotheken auch ein Instrument der Chancengleichheit. Ohne sie fallen die persönliche Wohnsituation und der Zugang zu technischen Geräten wieder schwerer ins Gewicht.
Wie erlebt Ihr das Studium der Humanmedizin? Schreibt mir an medizinstudium(at)aekno.de.