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Mein Engagement

„Wir können aktiv unsere Zukunft gestalten“

22.08.2019 Seite 55
RAE Ausgabe 9/2019

Rheinisches Ärzteblatt

Heft 9/2019

Seite 55

Deniz Alkan ist in der Kammerversammlung der Ärztekammer Nordrhein mit 28 Jahren die jüngste Delegierte für die Wahlperiode 2019 – 2024. Die Resonanz auf ihr berufspolitisches Engagement sei rundweg positiv. © Michael Helmkamp

RhÄ: Wie verlief Ihr Praktisches Jahr?
Alkan: Für mein Praktisches Jahr zog ich nach Barcelona. Dort sagte man mir: „Deutschland ist der Motor Europas auch in der Medizin.“ Da ist mir erst klar geworden, dass wir für so viele Länder eine Vorbildfunktion haben, was auch ein hohes Maß an Verantwortung mit sich bringt. Man repräsentiert plötzlich nicht nur sich selbst, sondern auch sein Land. 

RhÄ: Wie erleben Sie Ihre Weiterbildung?
Alkan: Zuvor war ich ein Jahr in München an einer kleinen Klinik tätig, um Erfahrungen zu sammeln und Unterschiede kennenzulernen. Seit knapp einem Jahr bin ich jetzt an der Klinik für Anästhesiologie und Operative Intensivmedizin der Uniklinik Köln. Ich bin sehr froh, diesen Schritt gewagt zu haben. Mir gefallen die Stadt und die Menschen, die hier leben, es ist interkulturell und bunt. Meine Ausbildung hat mich positiv überrascht, wir haben ein tolles Arbeitsklima.

RhÄ: Was hat Sie dazu bewogen, sich ehrenamtlich zu engagieren?
Alkan: Zwei gute Freunde und Kollegen aus der Anästhesie haben mich angesprochen, weil sie selbst mit dem Gedanken spielten, sich berufspolitisch zu engagieren. Ich glaube daran, dass jeder etwas von Politik versteht und sich beteiligen sollte, weil jeder eine Vorstellung hat, wie das Zusammenleben gestaltet werden kann. Man darf in Deutschland seine Meinung laut aussprechen, das sollte man nutzen.

"Was bringen die klügsten Köpfe, wenn sie keine Empathie für ihre Mitmenschen haben?"

RhÄ: Haben Sie schon vorher berufspolitische Erfahrungen gemacht?
Alkan: Ich habe mich schon immer aktiv für Dinge eingesetzt, die mir wichtig sind: zum Beispiel gegen Rassismus, Homophobie oder Krieg. Ich habe Fremdenhass am eigenen Leib erlebt – dies sollte im modernen Deutschland von heute nicht mehr Thema sein. Daher kann ich friedliche Demonstrationen nur befürworten, um seinen Standpunkt zu vertreten und ein Zeichen für Solidarität zu setzen. Die Zeit sollte man sich nehmen. Ich würde mich gerne noch mehr für Flüchtlinge einsetzten. Den Menschen eine Chance bieten, ein aktives Mitglied unserer Gesellschaft zu werden. Denn wenn die Bildungsrate steigt, sinkt die Kriminalitätsrate. Überfremdung ist eine irrationale Angst. Kultureller Austausch ist der Schlüssel.

RhÄ: Worin sehen Sie den grundsätzlichen Auftrag der ärztlichen Selbstverwaltung?
Alkan: Ich finde, unser Hauptauftrag sollte weiterhin darin bestehen, Punkte wie die medizinische Versorgung, die Krankenhausplanung und  die Weiterbildung stetig zu aktualisieren und kritisch zu hinterfragen. Mir ist bewusst, dass auch ein Krankenhaus ein Unternehmen ist und ökonomisch handeln muss, aber man sollte sich fragen: Was ist noch zeitgemäß? Was muss sich verändern oder anpassen?

RhÄ: Welche Themen möchten Sie in den kommenden Jahren vorantreiben? Haben Sie sich Ziele gesetzt?
Alkan: Zurzeit interessiere ich mich für die Aktualisierung der Weiterbildungsordnung, bekomme zu spüren, wo es Verbesserungspotenzial gibt. Mir liegt auch die soziale Intelligenz als Kompetenz sehr am Herzen. Gerne würde ich sehen, wie sie vor allem in der Medizin noch mehr gefördert wird. Ein kommunizierendes Team ist ein funktionierendes Team und das fördert auch unsere eigene Resilienz. Was bringen die klügsten Köpfe, wenn sie keine Empathie für ihre Mitmenschen haben? 

RhÄ: Wie ist die Resonanz Ihrer Kollegen auf Ihr berufspolitisches Engagement?
Alkan: Von meinen Kollegen bekomme ich eine durchweg positive Resonanz. Die Assistenzärzte fragen mich immer wieder nach den Abläufen und sind sehr interessiert. Ich möchte als gutes Beispiel vorangehen und noch mehr junge Ärztinnen und Ärzte dazu bringen, sich für die Ärztekammer zu engagieren. Wir dürfen nicht nur meckern, sondern müssen selber die Initiative ergreifen, denn wir können aktiv unsere Zukunft gestalten. 

Das Interview führte Vassiliki Latrovali

Sehr geehrte Damen und Herren,

in der Rubrik „Mein Engagement“ hat das Rheinische Ärzteblatt die Bezirks- und Kreisstellenvorstände der Ärztekammer Nordrhein vorgestellt. Da die Konstituierende Kammerversammlung erst nach Erscheinen der Septemberausgabe stattfindet, hat sich die Redaktion dazu entschlossen, in diesem Heft das jüngste Mitglied der Kammerversammlung vorzustellen. In der Oktoberausgabe folgt Dr. Hans-Uwe Feldmann als ältestes Mitglied.