In der öffentlichen Wahrnehmung war der 122. Deutsche Ärztetag, der vom 28. bis zum 30. Mai in Münster stattfand, geprägt von der gesundheitspolitischen Auseinandersetzung mit einem Gesundheitsminister, dem viele Ärztinnen und Ärzte Aktionismus, Dirigismus und übermäßige Eingriffe in die Freiberuflichkeit sowie in die Selbstverwaltung vorwerfen (siehe auch „Thema“). Jens Spahn sagte in seiner Grußansprache zur Ärztetagseröffnung selber, dass Geschwindigkeit zu seinem Politikstil gehört und der Begriff Profilbildung für ihn kein Fremdwort ist. Gleichzeitig betonte er seine Bereitschaft zur konstruktiven Debatte mit der Ärzteschaft.
Allgemeine Aufmerksamkeit erhielt auch der Wechsel im Präsidentenamt der Bundesärztekammer: nach acht Jahren verabschiedete sich Professor Dr. Frank Ulrich Montgomery, der sich als das Sprachrohr der Ärzteschaft verstanden hat. Er ist inzwischen Ehrenpräsident der Bundesärztekammer und des Deutschen Ärztetages, außerdem Präsident der europäischen Ärztevereinigung (Comité Permanent des Médecins Européens) sowie Vorstandsvorsitzender des Weltärztebundes, wird also auf der berufs- und gesundheitspolitischen Bühne weiter aktiv sein.
Das Rennen um seine Nachfolge war denkbar knapp. Mit 124 Stimmen setzte sich der Bielefelder Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. Klaus Reinhard, Vizepräsident der Ärztekammer Westfalen-Lippe, im dritten Wahlgang gegen die bisherige Vizepräsidentin der Bundesärztekammer und niedersächsische Kammerpräsidentin Dr. Martina Wenker durch; die Fachärztin für Innere Medizin mit dem Teilgebiet Lungen- und Bronchialheilkunde kam auf 121 Stimmen.
Für den einzelnen Arzt, die einzelne Ärztin im Rheinland, gerade auch für die jüngeren Kolleginnen und Kollegen, dürfte das Top-Thema des diesjährigen Ärztetages die künftige Dokumentation der Weiterbildung im elektronischen Logbuch sein (siehe auch Seite 17). „Weiterbildung ist eines der zentralen Elemente, mit dem wir Qualitätssicherung unserer Profession betreiben“, sagte der Präsident der Ärztekammer Nordrhein, Rudolf Henke, im Vorfeld des Ärztetages, „die elektronische Unterstützung durch das Logbuch ist essenziell.“
Dessen Einführung ist der Schlussstein, nachdem der Deutsche Ärztetag im vorigen Jahr eine Novelle zur Flexibilisierung und Liberalisierung der (Muster-)Weiterbildungsordnung auf den Weg in die Länder schickte. Auch für die rheinische Ärztekammer bedeutet das Logbuch nach den Worten ihres Präsidenten eine gute Chance, sich neu aufzustellen und Unterstützungsprozesse für ihre Mitglieder rund um das Thema Weiterbildung neu zu organisieren.
Welche weiteren Themen Abgeordneten der Ärztekammer Nordrhein beim 122. Deutschen Ärztetag besonders wichtig waren, ist nachzulesen ab Seite 18.
Horst Schumacher, Chefredakteur