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Dr. Karola Klutmann, Kreis Aachen

„Unsere Patienten sind keine Kunden“

20.11.2019 Seite 51
RAE Ausgabe 12/2019

Rheinisches Ärzteblatt

Heft 12/2019

Seite 51

Dr. Karola Klutmann möchte sich für ein positives Bild der Ärzteschaft in der Öffentlichkeit starkmachen. Die Fachärztin setzt bei ihrer Arbeit in der Kreisstelle auf Zusammenarbeit. © Trogus-Liegmann

RhÄ: Stellen Sie sich vor, Sie sitzen in der Straßenbahn und möchten Ihrem Sitznachbarn erklären, was die Ärztekammer ist. Was würden Sie sagen?
Klutmann: Rein formal gesehen, ist die Ärztekammer unsere Verwaltung. Das mag zunächst spröde und trocken klingen, aber dahinter stecken natürlich spannende berufspolitische Bereiche. Als Mitglieder eines freien Berufes, der seine Belange selbst verwalten darf, bieten sich uns viele Gelegenheiten, die Gesundheitspolitik in NRW und in Deutschland mit zu beeinflussen. Dies spiegelt sich in den zahlreichen Gremien und Ausschüssen der Kammer wider. Der Arztberuf bringt eine hohe Eigenverantwortung mit sich und dabei unterstützt uns die Ärztekammer.

RhÄ: Welche Eigenschaften sollte ein Kreisstellenvorsitzender Ihrer Meinung nach mitbringen?
Klutmann: Man muss in der Lage sein, den verschiedenen Interessengruppen zuzuhören und diese Informationen zu verarbeiten. Dabei kommen ganz unterschiedliche Wünsche, Ideen und Vorstellungen zusammen. Man hat die niedergelassenen Kolleginnen und Kollegen, diejenigen die in einer Klinik oder Praxis angestellt sind, und die Ärzte, die im Krankenhaus arbeiten. Dazu kommt der Kontakt mit der Öffentlichkeit und unseren Patientinnen und Patienten, die wiederum einen anderen Blickwinkel auf Gesundheitspolitik und Medizin haben. Man muss für alle ein offenes Ohr haben und die unterschiedlichen Interessen miteinander in Einklang bringen.

 „Man muss für alle ein offenes Ohr haben.“
 

RhÄ: Was möchten Sie als Kreisstellenvorsitzende im Kreis Aachen bewirken?
Klutmann: Ich möchte mich dafür einsetzen, dass wir Ärztinnen und Ärzte nach außen hin ein geschlossenes Bild abgeben. Außerdem ist der Dialog mit den Patienten sehr wichtig. Unsere Patienten sind keine Kunden; wir sind keine klassischen Dienstleister. Aber in der heutigen schnelllebigen Welt wird das oftmals so empfunden. Der Mensch ist heute immer und überall erreichbar, trägt die Welt quasi in seinem kleinen Smartphone mit sich herum. Es ist manchmal schwer zu vermitteln, dass eine Arztpraxis nicht auf diese „on demand“-Weise funktionieren kann. Ich spreche mich ganz klar für eine Digitalisierung im Gesundheitswesen aus, sie ist dringend notwendig und wird vieles erleichtern. Am persönlichen Kontakt zu unseren Patienten sollten wir dennoch festhalten.

RhÄ: Welchen Rat würden Sie Ärztinnen und Ärzten geben, die heute in den Beruf starten?
Klutmann: Mein Weg in die Allgemeinmedizin war eher zufällig. Nach meinem Studium gab es in Deutschland tatsächlich zu viele Mediziner. Das kann man sich heute ja kaum vorstellen (lacht). Ich habe also die erste Chance ergriffen, die sich mir bot. Über mehrere Umwege kam ich dann nach Würselen in die Praxis, in der ich heute auch tätig bin. Ich würde jungen Ärztinnen und Ärzten raten, alle Möglichkeiten, die sich ihnen bieten, stets zu nutzen. Ich habe es nie bereut. Die Erfahrungen, die man sammelt, die Menschen, die man dadurch kennenlernt, prägen einen ungemein, auch wenn man hinterher eventuell nicht in diesem Fachbereich tätig wird. In der Weiterbildung sollte noch mehr auf Zusammenarbeit gesetzt werden. Die jungen Ärzte machen die angeordneten Routineaufgaben sicherlich lieber, wenn sie sich sicher sein können, dass die erfahreneren Kolleginnen und Kollegen dadurch mehr Zeit haben, um ihnen auch spannendere Themen näherzubringen.

RhÄ: Wie würden Sie die junge Ärztegeneration davon überzeugen, sich ehrenamtlich in der Ärztekammer zu engagieren?
Klutmann: Ich denke nicht, dass das Ehrenamt an sich das Problem ist. Jede Generation hat Menschen, die sich gerne und mit Leidenschaft ehrenamtlich engagieren; das wird nicht verloren gehen. Es ist eine Interessensfrage: Will man sich eher beruflich oder privat engagieren, beispielsweise für seine Hobbys? Ich glaube zudem, dass die jungen Mediziner sich mit der Ärztekammer schwer tun, weil sie sie für einen gewaltigen Verwaltungsapparat halten. Auch liegen die Schwerpunkte der jungen Ärzte heute ganz woanders. Das ist durchaus vernünftig und nachvollziehbar. Für berufspolitisches Interesse muss man auch einfach mehr Erfahrungen sammeln und seine Überzeugungen festigen.

Das Interview führte Vassiliki Latrovali.

Dr. Karola Klutmann wurde in Aachen geboren. Sie studierte an der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule (RWTH) ihrer Geburtsstadt, absolvierte auch das AiP-Jahr dort. Schließlich entschied sich Klutmann für die Weiterbildung in der Allgemeinmedizin in der hausärztlichen Praxis in Würselen, in der sie heute mit zwei Kollegen tätig ist. Die Fachärztin für Allgemeinmedizin ist verheiratet und hat zwei Kinder.