89 Prozent der Ärztinnen und Ärzte bezeichnen die derzeitige Situation der gesundheitlichen Versorgung als „gut“ oder „sehr gut“. Ihr Blick in die Zukunft fällt allerdings gemischter aus, wie aus einer kürzlich veröffentlichten Umfrage hervorgeht.
von Bülent Erdogan
Zwei von drei Ärztinnen und Ärzten in Deutschland bemängeln die Termintreue ihrer Patienten; diese wiederum klagen häufiger als noch 2016 über lange Wartezeiten. Das sind zwei Erkenntnisse des inzwischen zehnten Gesundheitsreports, den der Finanzdienstleister MLP kürzlich vorgestellt hat. Demnach beklagen zudem 61 Prozent der befragten Klinikärzte, nicht genug Zeit für ihre Patienten zu haben (2016: 50 Prozent). 62 Prozent äußern Sorge um die Therapiefreiheit.
Seit dem Jahr 2006 befragt das Institut für Demoskopie Allensbach im Auftrag von MLP regelmäßig Bürger und Ärzte zu ihrer Meinung über das bundesdeutsche Gesundheitswesen. Für die aktuelle, nach eigenen Angaben repräsentative Umfrage wurden 2.100 Bürger und etwa 500 Ärzte konsultiert.
Vier von fünf Medizinern beklagen als größtes Problem ihrer Tätigkeit einen weiterhin wachsenden Aufwand mit bürokratischen Anforderungen. Drei von vier Ärzten berichten, dass sich ihnen in der Notaufnahme Patienten vorstellen, die eigentlich keinen Notfall darstellten. Eine deutliche Mehrheit der Ärztinnen und Ärzte (59 Prozent) erwartet auch deshalb eine Verschlechterung der Gesundheitsversorgung. Jeder fünfte Krankenhausarzt kommt gar zum Urteil, dass die Qualität der stationären Versorgung schon heute „weniger“ oder „gar nicht gut“ ist, 2016 äußerten dies nur neun Prozent der Befragten.
Nur noch für ein gutes Drittel der Krankenhausärzte kommt laut Umfrage eine Niederlassung infrage (2014: 48 Prozent, 2016: 44 Prozent). Als Gründe dagegen führen sie ihren Gesundheitszustand (17 Prozent), die eigene Fachrichtung (15 Prozent) und das finanzielle Risiko (10 Prozent) an. Mit neun Prozent erst an vierter Stelle rangiert die Antwort: „Arbeite gern im Krankenhaus.“
56 Prozent der Ärzte in Regionen mit weniger als 100.000 Einwohnern sehen schon heute einen Ärztemangel, weitere 33 Prozent rechnen in den kommenden Jahren mit einem solchen. Um die Versorgung weiterhin sicherzustellen, sprechen sich neun von zehn Ärzten dafür aus, finanzielle Anreize für Ärzte zu schaffen, sich den Versorgungsauftrag in Gemeinschaftspraxen zu teilen.