• Hitzewelle in der Stadt
    Hitzewelle in der Stadtmbruxelle/stock.adobe.com
Vorlesen

Klima und Gesundheit


Klimawandel / Hitzeaktionspläne: Die Ärztekammer Nordrhein unterstützt das Landeszentrum Gesundheit bei der Erstellung von Arbeitshilfen für den einrichtungsbezogenen Hitzeschutz

Der Zusammenhang zwischen der Erwärmung des Klimas und den dadurch begründeten Risiken von Hitzeperioden für die menschliche Gesundheit ist schon länger bekannt. Aber erst die Hitzewelle 2003 in Südwest-Europa und die Beschlüsse der vierten europäischen Ministerkonferenz für Umwelt und Gesundheit 2004 in Budapest erwähnten Hitzewellen als ein großes Gesundheitsrisiko vor allem in Städten  und stellten politische Forderungen. Interessanterweise beschloss die Ministerkonferenz damals einen Aktionsplan zur Verbesserung von Umwelt und Gesundheit speziell von Kindern in der Europäischen Region , der das Risiko von Hitze bzw. Hitzewellen berücksichtigte. In der damaligen Deklaration der Konferenz wurde noch der Konjunktiv (may change) über eine mögliche Zunahme der Hitzewellen verwendet. Diese Möglichkeit wurde von den aktuellen Ergebnissen der Erwärmung der Welt, der Meere und mit besonderer Betonung des Anstiegs in Europa längst überholt.

Die Europäische Kommission förderte 2005 das Projekt EuroHEAT um den Sachstand festzustellen und Maßnahmen zu prüfen, wie am besten auf die zunehmenden Hitzeperioden reagiert werden sollte. Die Ergebnisse dieses Projektes bildeten die Grundlage für die Empfehlungen des Europäischen Büros der WHO aus dem Jahr 2005 und nachfolgende Hitzeaktionspläne zum Beispiel der Bund-Länder-Arbeitsgruppe zum Schutz der menschlichen Gesundheit aus dem Jahr 2017 . Letztere bildeten wiederum die Grundlage des Beschlusses der Gesundheitsministerkonferenz im Oktober 2020 , innerhalb von fünf Jahren Hitzeaktionspläne in den Bundesländern zu entwickeln.

Die acht Kernelemente dieser Empfehlungen sind:

  1. Zentrale Koordinierung und interdisziplinäre Zusammenarbeit
  2. Nutzung eines Hitzewarnsystems
  3. Information und Kommunikation
  4. Reduzierung von Hitze in Innenräumen
  5. Besondere Beachtung von Risikogruppen
  6. Vorbereitung der Gesundheits- und Sozialsysteme
  7. Langfristige Stadtplanung und Bauwesen
  8. Monitoring und Evaluation der Maßnahmen

Die Ärztekammer Nordrhein hat sich schon früh mit dem Thema des Klimawandels und den Herausforderungen für das Gesundheitssystem beschäftigt und unter anderem in der Wahlperiode 2019-2024 einen Ad-hoc-Ausschuss Klimawandel und Gesundheit berufen, der den Vorstand unter anderem zu Anträgen auf den Deutschen Ärztetag und den Kammerversammlungen beraten hat. So wurde in der 8. Sitzung der Kammerversammlung am 12. November 2022 eine Entschließung angenommen, die eine verpflichtende Einführung von kommunalen Hitzeaktionsplänen in Nordrhein-Westfalen und die Erstellung von Alarmplänen bei Hitzeperioden mit entsprechenden Maßnahmen für Krankenhäuser, stationäre und ambulante Pflegeeinrichtungen, Arztpraxen, Kindergärten und Schulen forderte.

Auch im Positionspapier der Bundesärztekammer zum gesundheitsbezogenen Hitzeschutz 3/2023 bekennt sich die Ärzteschaft zum Hitzeschutz und setzt Hitzeschutz auf die Agenda in Praxen und Krankenhäusern, Qualitätszirkeln, Berufsverbänden, Fachgesellschaften und Landesärztekammern.

In diesem Sinne hat der 128. Deutscher Ärztetag 2024 in Mainz in einem Beschluss die Umsetzung der Empfehlungen der Gesundheitsministerkonferenz (GMK) vom 30.09.2020 innerhalb von fünf Jahren gefordert : darin werden u. a. die strukturelle und organisatorische Vorbereitung auf Hitzewellen (Hitzeaktionspläne) verpflichtend bis 2025, der Schutz vulnerabler Gruppen und der Anschluss der Gesundheits- und Sozialeinrichtungen an das Frühwarnsystem des Deutschen Wetterdienstes sowie die kontinuierliche Information der Bevölkerung über die Intensität klimabedingter Belastungsfaktoren wie Hitze aufgeführt.

In Nordrhein-Westfalen wurde bereits 2021 als Teil einer Klimaanpassungsstrategie ein Klimamasterplan mit dem Schwerpunkt „Klima, Umwelt und Gesundheit“ durch eine intersektorale Arbeitsgruppe im Auftrag der Landesregierung Nordrhein-Westfalen erarbeitet. Mit der Erklärung zur 30. Landesgesundheitskonferenz 2022 wurde diese Anpassung unter dem Gesichtspunkt des Gesundheitsschutzes mit einer Forderung nach Hitzeaktionsplänen auf kommunaler Ebene verbunden. Von den 53 Kreisen und kreisfreien Städte sind bislang jedoch nur 4 Hitzeaktionspläne erstellt worden.

Zur Verbesserung dieser Situation und zur Förderung der Erstellung von Hitzeaktionsplänen hat das Land Nordrhein-Westfalen 2023 eine Koordinierungsstelle am Landeszentrum Gesundheit in Bochum eingerichtet, die die landesweite Zusammenarbeit koordiniert, einen Informationsfluss herstellt und geschäftsführend ein landesweites zentrales Netzwerk zum gesundheitsbezogenen Hitzeschutz einberufen hat. Zu diesem Netzwerk zählen unter anderem die Ärztekammern, die Kassenärztlichen Vereinigungen, das Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales, die Bezirksregierungen, die kommunalen Spitzenverbände sowie die Krankenhausgesellschaft NRW, die Freie Wohlfahrtspflege sowie Kranken- und Pflegekassen.

In einer Arbeitsgruppe dieses Netzwerkes zum gesundheitsbezogenen Hitzeschutz wurden unter wesentlicher Mitarbeit der Ärztekammer Nordrhein Arbeitshilfen zur Erstellung von Hitzeschutzplänen in Krankenhäusern und stationären Pflege- und Wohneinrichtungen erstellt. Diese sollen für das Thema Hitze sensibilisieren, zum Handeln anregen und eine Orientierung bei der Erstellung und Umsetzung von Hitzeschutzmaßnahmen darstellen. Diese Hilfen sind keine verbindliche Richtlinie und lassen genügend Spielraum für eine individuelle Gestaltung des Vorgehens im Bereich des Hitzeschutzes auf Grundlage der spezifischen Strukturen, Prozessabläufe, Bedarfe und Ressourcen.

Diese Arbeitshilfen sind gegliedert in drei Bereiche:

  • Teil A setzt den Rahmen für die Erstellung eines umfassenden Hitzeschutzes und gibt eine Checkliste mit jahreszeitlich unabhängigen Maßnahmen, die kurz-, mittel- und langfristig umgesetzt werden können. Explizit werden Maßnahmen während der Sommermonate mit Hitzeperioden und die Verwendung der Warnstufen 1 und 2 des Hitzewarnsystems des Deutschen Wetterdienstes erklärt.
  • Teil B erläutert Grundlagen, Relevanz und Notwendigkeit von Hitzeschutzplänen. Besonders gefährdete Gruppen werden genannt, eine Implementierung des Hitzewarnsystems des Deutschen Wetterdienstes DWD wird vorgestellt. Zusätzlich finden sich Handlungsempfehlungen und Toolboxen aus anderen Bundesländern.
  • Teil C gibt handlungsorientierte Detailinformationen mit konkreten Vorschlägen; z. B. wird ein Anamnesebogen zur Erfassung besonders gefährdeter Patientinnen und Patienten und ein Bogen zur Erfassung der Flüssigkeitszufuhr bzw. zur Ermittlung des Unterstützungsbedarfs gegeben. Auch eine ausführliche Liste von Medikamenten, die zum Beispiel die Thermoregulation verändern (z. B. Schweißproduktion, Gefäßerweiterung, Herzleistung verringern), fototoxische Nebenwirkungen oder Besonderheiten einer unterschiedlichen Wirkstoffaufnahme (z. B. Insulin, transdermale Pflaster) haben können, wurden berücksichtigt.

Es werden auch Tipps zur Nutzung von Innen- und Außenbereichen und gebäudebezogene Gestaltungsmöglichkeiten gegeben, die raumbezogene Hilfsmittel, organisatorische und personenbezogene Maßnahmen beinhalten.

Diese Arbeitshilfen werden fortlaufend evaluiert und aktualisiert und sollen auch auf andere Bereiche ausgedehnt werden. Dabei ist das Landeszentrum Gesundheit auf die Rückmeldung aus den Krankenhäusern und stationären Pflegeeinrichtungen angewiesen, um diese Arbeitshilfen weiter zu entwickeln.

Arbeitshilfen für Krankenhäuser, stationären Pflege- und Wohneinrichtungen

Evaluation der Arbeitshilfen

Informationen für die Ärzteschaft zum Thema Hitze und Gesundheit

 

Ansprechpartner