160 Gäste kamen im Januar zur „Qualitätskonferenz NRW 2025“ ins Düsseldorfer Haus der Ärzteschaft. Sie diskutierten die Möglichkeiten einer fairen und transparenten Qualitätssicherung. Die zentrale Frage: Wie kann Datenerhebung bürokratieärmer und aussagekräftiger gestaltet werden?
von Simona Meier
Die Zahlen sind beeindruckend: Seit Beginn der sektorenübergreifenden Qualitätssicherung haben die Kassenärztlichen Vereinigungen mehr als zehn Millionen Patientendokumentationen angenommen und weiterverarbeitet. „Das Erstellen, Liefern, Verarbeiten und Auswerten dieser Datensätze bindet jede Menge Zeit – ein Gut, das chronische Mangelware im Gesundheitssektor ist“, erklärte Dr. Frank Bergmann, Vorstandsvorsitzender der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein (KVNO), im Rahmen der Veranstaltung. „Wir wünschen uns, dass die Qualitätssicherung effizient ist und dass das Ausmaß der Bürokratie, die damit verbunden ist, nicht kontinuierlich größer wird“, sagte er.
Inwiefern sich die gute Idee der Qualitätssicherung verselbständigte und zu einem hochkomplexen System wurde, war Thema der „Qualitätskonferenz NRW 2025“, die die Ärztekammer Nordrhein (ÄkNo) veranstaltete. Vertreter und Vertreterinnen aller Mitglieder der Landesarbeitsgemeinschaft datengestützter und einrichtungsübergreifender Qualitätssicherung (LAG DeQS) NRW, Ärztinnen, Ärzte sowie Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten nahmen an den Workshops und Diskussionen dazu teil.
Tenor des Tages: Wenn Ärzte und Psychotherapeuten einen beträchtlichen und weiter steigenden Teil ihrer Arbeitszeit für Dokumentationen und Statistiken aufwenden müssen, dann diene das nicht immer dem eigentlichen Ziel von Qualitätssicherung und der Verbesserung der Versorgungsqualität im Sinne der Patientinnen und Patienten. „Wir erleben, dass es Versorgung verhindert und die Leistungserbringer zunehmend verärgert“, so Bergmann. Dass Qualitätssicherung mehr sein muss als die bloße Messung von Kennzahlen und die Übermittlung von Datensätzen, kam in den fachlichen Beiträgen zum Ausdruck.
Professor Josef Hecken, unparteiischer Vorsitzender des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA), referierte zur Qualitätssicherung nach dem Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz (KHVVG). „Wir können Qualitätssicherung in der heutigen Zeit bei knappen Personalressourcen nur dann betreiben, wenn die Indikatoren, die wir erheben, am Ende des Tages für denjenigen, der die Formulare ausfüllt, auch einen Bezug zur Qualität haben“, sagte er. Der G-BA arbeite bereits daran, den Erfassungsaufwand in der datengestützten Qualitätssicherung zu reduzieren. In sechs Verfahren werden Indikatoren und Kennzahlen angepasst, um die Datenerhebung nicht nur bürokratieärmer, sondern hinsichtlich ihrer Aussagekraft zielgenauer zu gestalten.
Patienten fordern mehr Zeit ein
Diskutiert wurde, wie eine datengestützte Qualitätssicherung transparent und fair bleiben kann, ohne die eigentliche Patientenversorgung zu beeinträchtigen. „Das ist wichtig, damit wir die Akzeptanz nicht verlieren“, erklärte Dr. Carsten König, Vorsitzender des LAG DeQS NRW und KVNO-Vize. Am Beispiel eines niedergelassenen Nephrologen und Dialyse-Arztes erklärte er: „Da stecken Sie 20 Prozent Ihrer Arbeitszeit in die Dokumentationspflichten im Rahmen der Qualitätssicherung und das hat noch nichts mit den restlichen bürokratischen Anforderungen zu tun.“ Parallel forderten die Patientinnen und Patienten aber ebenfalls mehr Zeit ein. „Von solchen Zahlen müssen wir deshalb runterkommen“, erklärte König.
Schlankere Datenerhebung
Ein Zustand, den auch ÄkNo-Präsident, Dr. Sven Dreyer, kritisch sieht: „Wir gewinnen zunehmend die Erkenntnis, dass alles zu viel ist, zu kompliziert und zu wenig effizient.“ Der Aufwand müsse einen Nutzen für Patientinnen und Patienten generieren. Dazu sei eine Verschlankung der Datenerhebung notwendig, eine Verbesserung der Qualität über Patientenbefragungen, Stichproben statt Vollerhebungen und Strukturerhebungen statt fallbezogener Betrachtungen.
Der G-BA-Vorsitzende Hecken sieht die Ergebnisqualität – neben Mindestmengen – als zukünftigen Schwerpunkt der Qualitätssicherung. Diese rücke mit den Einschränkungen des KHVVG auch unter Einbindung der Patientenperspektive zunehmend in den Mittelpunkt der Arbeit des G-BA. „Um die Ergebnisse einer medizinischen Behandlung messbar und transparent zu machen, müssen Indikatoren risikoadjustiert entwickelt und weiterentwickelt werden“, hieß es unter den Teilnehmern. Dies sei entscheidend, um trotz veränderter Rahmenbedingungen die Qualität der Versorgung sicherzustellen. Diskutiert wurden im Rahmen der Veranstaltung auch Aspekte der Nachwuchsgewinnung. Mit Blick auf die jungen Medizinerinnen und Mediziner halten die Experten weniger Bürokratie für unbedingt notwendig. Die Vorträge, Diskussionen und Workshops der Veranstaltung gaben insofern wichtige Impulse für eine zukunftsorientierte Entwicklung der Qualitätssicherung.
Simona Meier ist Redakteurin im Auftrag der KV Nordrhein.