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CIRS-Gipfel NRW: „Wir brauchen eine gut funktionierende Fehlerkultur“

11.12.2024 Seite 22
RAE Ausgabe 1/2025

Rheinisches Ärzteblatt

Heft 1/2025

Seite 22

„Glück ist trainierbar“: Tagesschau-Sprecher Constantin Schreiber referierte darüber, was Menschen machen können, um ihre Resilienz zu stärken. © KVNO
Nur wer offen mit kritischen Ereignissen umgeht, kann aus ihnen lernen. Genau dafür steht das Lern- und Berichtssystem CIRS (Critical-Incident-Reporting-System), das in Nordrhein-Westfalen 2012 eingerichtet wurde. Es dient Angehörigen von Gesundheitsberufen als Austausch-Plattform. Beim 8. CIRS-Gipfel NRW im Düsseldorfer Haus der Ärzteschaft diskutierten rund 100 Teilnehmerinnen und Teilnehmer in offener Runde und verschiedenen Workshops über Patientensicherheit sowie die große Bedeutung einer konstruktiven Fehlerkultur.

von Jana Meyer

Nicht nur global sind die Herausforderungen heute größer denn je, sondern auch im hiesigen Gesundheitssystem. Der Mangel an medizinischen Fachkräften setzt sowohl Praxen als auch Kliniken zu und macht beide Bereiche vor allem an ihren Schnittstellen für Fehler anfällig – etwa durch Informationsverluste oder Falschangaben in Dokumenten. Im medizinischen Bereich können daraus resultierende Folgen schwerwiegend sein. „Wir brauchen eine gut funktionierende Fehlerkultur für ein resilientes Gesundheitssystem. Daher ist CIRS ein immens wichtiges Instrument im Risiko- und Qualitätsmanagement. Es kann dafür sorgen, dass Fehler sich nicht wiederholen“, sagte Dr. Frank Bergmann, Vorsitzender der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein, in seiner Begrüßungsrede.

Gut 100 Teilnehmende — darunter Ärztinnen und Ärzte, Pflegekräfte und Angehörige weiterer Gesundheitsberufe — waren zum 8. CIRS-Gipfel unter dem Motto „Stark in bewegten Zeiten“ am 20. November 2024 nach Düsseldorf gekommen. Gut 4.000 Berichte enthält das System aktuell, davon circa 1.000 aus dem ambulanten System. Und die durchschnittlichen Zugriffszahlen pro Jahr von etwa 40.000 belegen den Erfolg des Konzepts.

Aus Schlechtem Gutes gewinnen

„Ich kann bei CIRS alles eintragen, was ich gern früher gewusst hätte“, bringt es Dr. Sven Dreyer, Präsident der Ärztekammer Nordrhein, auf den Punkt. Zwischenfälle und Beinahe-Zwischenfälle könnten sich im medizinischen Bereich Tätige dort anonym von der Seele schreiben. Dem „Kunstgriff“, negative Erfahrungen am Ende positiv für sich selbst und andere zu verarbeiten, widmete sich Constantin Schreiber in seiner Keynote. Der Sprecher der ARD-Tagesschau verriet den Teilnehmenden seine Strategien, wie er trotz der Vielzahl an negativen Nachrichten, die er als Moderator nahezu täglich verkünden muss, dennoch die Balance zum eigenen Wohlbefinden hält: „Ich setze mich ans Klavier und meine Stimmung ändert sich wie auf Knopfdruck von negativ zu positiv.“

Per Zufall entdeckte er den positiven Effekt auf sich und wollte wissen, was Menschen machen können, um resilienter und glücklicher zu werden. Seine Erkenntnisse hat er in dem Buch „Glück im Unglück“ zusammengefasst. Mittlerweile weiß er, dass Musik biochemische Reaktionen im Körper auslöst und Glückshormone ausgeschüttet werden. „Und Glück ist trainierbar“, erklärte Constantin Schreiber. Indem Menschen positive Charakterzüge wie Kreativität, Dankbarkeit und Humostärkten, verbessere sich die synaptische Plastizität. Menschen würden positiver gestimmt. 
Neben den Vorträgen standen auch sieben Workshops im Mittelpunkt des CIRSGipfels. Diese beschäftigten sich unter anderem mit der emotional-sozialen Verarbeitung von Fehlern, einer souveränen Personalführung und damit, wie Menschen Krisen mithilfe von Humor bewältigen können. Am Ziel, gemeinsam die Versorgung der Patientinnen und Patienten weiter zu verbessern, wollen die Akteure des CIRSNetzwerks in NRW, die Ärzte- und Apothekerkammern Nordrhein und Westfalen-Lippe, die KVen Nordrhein und Westfalen-Lippe sowie die Krankenhausgesellschaft NRW, weiter intensiv arbeiten und passende Lösungsstrategien entwickeln. 

Pünktlich zum diesjährigen CIRS-Gipfel ging die neu gestaltete Homepage des Netzwerks www.cirs-nrw.de online – so wurde etwa das digitale Berichtsformular überarbeitet und ist nun insgesamt komprimierter aufgebaut. Ebenfalls optimiert wurde die Suchfunktion unter bereits eingereichten Fallberichten, sodass das Meldesystem im Ergebnis nun noch effizienter im medizinischen Arbeitsalltag der Heilberufe nutzbar sein wird.

Jana Meyer ist Redakteurin bei der KV Nordrhein.