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Gesundheits- und Sozialpolitik

Krankenhausplanung in NRW: ein Beispiel für gute Politik

17.09.2024 Seite 25
RAE Ausgabe 10/2024

Rheinisches Ärzteblatt

Heft 10/2024

Seite 25

Betonten ihre gute Zusammenarbeit: Staatssekretär Matthias Heidmeier und Dr. Sven Dreyer, Präsident der Ärztekammer Nordrhein © Sabine Schindler-Marlow
Vom „Wir in NRW“-Modell sprach Matthias Heidmeier beim gemeinsamen Sommerempfang von Ärztekammer und Kassenärztlicher Vereinigung Nordrhein am 11. September in Düsseldorf. Der Staatssekretär im nordrhein-westfälischen Gesundheitsministerium spielte damit auf die Umsetzung der neuen Krankenhausplanung im Land an, bei der trotz manch harter Einschnitte noch immer alle Beteiligten an einem Strang ziehen.

von Heike Korzilius

Das Thema, das in NRW zurzeit die gesundheitspolitische Debatte prägt, ist die Reform der Krankenhausplanung. Vertreter der Krankenhäuser, der Ärzteschaft und der Krankenkassen würden sie gerne als Blaupause für den Bund verwenden, scheitern damit aber noch am Widerstand von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach, der den Ländern weniger Gestaltungsmöglichkeiten einräumen will. Für den Gesundheitsstaatssekretär Matthias Heidmeier ist die Krankenhausplanung in NRW nicht weniger als „ein Beispiel für gute Politik“. Der Reformprozess, der sieben Jahre lang gründlich vorbereitet worden sei, setze auf die Kooperation mit den Betroffenen. Zwar räumte Heidmeier ein, dass über die Zuteilung der Leistungsportfolios an die Krankenhäuser derzeit durchaus kontrovers diskutiert werde. „Aber in der Grundfrage haben wir einen gemeinsamen Weg gefunden“, betonte der Staatssekretär vor den rund 500 geladenen Gästen des Sommerempfangs von Ärztekammer und Kassenärztlicher Vereinigung Nordrhein. „Wir zeigen, dass es geht, und wir ziehen das durch“, so Heidmeier. Die Konkurrenz um Personal und Patienten könnten sich die Krankenhäuser nicht mehr leisten. Gebraucht würden Spezialisierung und mehr – auch trägerübergreifende – Kooperation. Zugleich hob Heidmeier noch einmal das Ziel der Reform hervor: 90 Prozent der Bevölkerung sollten innerhalb von 20 Autominuten ein Krankenhaus erreichen können. „Wir wollen die flächendeckende Versorgung sichern – auch das schafft Vertrauen“, meinte der Staatssekretär mit Blick auf den zunehmenden Vertrauensverlust der Bürger in die demokratischen Institutionen. 

Praxen fühlen sich benachteiligt

Für die Umsetzung des Krankenhausplans stellt die nordrhein-westfälische Landesregierung bis 2027 2,5 Milliarden Euro zur Verfügung. Für die Krankenhausreformpläne auf Bundesebene sollen über zehn Jahre rund 50 Milliarden Euro fließen. Vertreter der niedergelassenen Ärzte, allen voran die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV), sehen in den staatlichen Hilfen eine schwerwiegende Benachteiligung der ambulanten Versorgung gegenüber den Krankenhäusern. Die KBV hat Mitte Juni wegen dieser „verschärften Wettbewerbsnachteile“ Beschwerde bei der EU-Kommission eingelegt. Staatssekretär Heidmeier griff diesen Vorwurf in Düsseldorf auf und unterbreitete zugleich ein Gesprächsangebot an die niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte. „Wir wollen die Dynamik des erfolgreichen Krankenhausreformprozesses auch für die Praxen in NRW nutzen“, sagte er. „Eine erste Gesprächsrunde zur Zukunft der ambulanten Versorgung hat schon stattgefunden.“ Zwar lägen noch keine Ergebnisse vor. Aber NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann liege insbesondere die Stärkung der primärärztlichen Versorgung und eine bessere Steuerung der Patienten sehr am Herzen. „Das müssen wir unbedingt angehen“, betonte Heidmeier. 

Zuvor hatte bereits Gastgeber Dr. Sven Dreyer, die gute Zusammenarbeit zwischen Politik und Ärzteschaft in NRW gelobt. Die Reform der Krankenhausplanung werde allerdings gravierenden Einfluss auf die Rahmenbedingungen der ärztlichen Berufsausübung haben, sagte der Präsident der Ärztekammer Nordrhein. Die Reduzierung der Krankenhausstandorte und die angestrebte Spezialisierung der Kliniken führten dazu, dass viele Häuser nicht mehr das volle Spektrum für eine fachärztliche Weiterbildung anbieten könnten. „Wir wollen diesen Wandel positiv begleiten“, kündigte Dreyer an. Die Kammer wolle die Beteiligten dabei unterstützen, dass man der nachrückenden Ärztegeneration auch weiterhin eine Weiterbildung aus einer Hand anbieten könne. Eine Verlängerung der Weiterbildungszeiten wegen „zerstückelter“ Weiterbildungsgänge müsse vermieden werden – auch damit sich der Mangel an Fachärzten nicht weiter verschärfe, sagte Dreyer, der seit 2014 Vorsitzender der Weiterbildungskommission der Ärztekammer Nordrhein ist. 

Raus aus dem Wahlkampfmodus

Dreyer, der am 31. August ins Präsidentenamt gewählt wurde, nutzte den Sommerempfang auch, um bei den neu gewählten Mitgliedern der Kammerversammlung und des Vorstandes für eine gute Zusammenarbeit über die Fraktionen hinweg zu werben. Es gelte, möglichst schnell aus dem Wahlkampfmodus in eine fruchtbare, an der Sache orientierte Zusammenarbeit überzugehen. Neben den durch die Krankenhausreform angestoßenen Weiterbildungsfragen stehen Dreyer zufolge in den kommenden fünf Jahren weitere Themen ganz oben auf der Agenda der ärztlichen Gremien, darunter die gesundheitlichen Folgen des Klimawandels, die Förderung der Organspende durch die Einführung einer Widerspruchslösung und nicht zuletzt die Verteidigung der ärztlichen Freiberuflichkeit und Therapiefreiheit vor Bürokratie, staatlicher Einflussnahme und Kommerzialisierung.