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Meinung

Kein Problemlöser

17.04.2024 Seite 3
RAE Ausgabe 5/2024

Rheinisches Ärzteblatt

Heft 5/2024

Seite 3

Rudolf Henke © Jochen Rolfes
Am 22. März 2024 hat der Bundesrat dem umstrittenen Krankenhaustransparenzgesetz zugestimmt. Ausschlaggebend für die Zustimmung war wohl die Zusage des Bundesgesundheitsministers über eine Anhebung des Landesbasisfallwerts in noch unklarer Höhe und über einen Transformationsfond von 50 Milliarden Euro über zehn Jahre, der anteilig von der GKV und den Ländern getragen werden soll.

Doch welche Probleme löst das Gesetz eigentlich? Der Bundesgesundheitsminister ist überzeugt, dass er damit ein unkontrolliertes Kliniksterben verhindert und dafür sorgt, dass Patientinnen und Patienten zukünftig erfahren, in welcher Klinik sie am besten behandelt werden können. Denn mit dem Gesetz soll ab 1. Mai ein Online-Atlas zu Leistungsangebot und Behandlungsqualität von Kliniken auf den Weg gebracht werden. 
Anders schätzen die Deutsche Krankenhausgesellschaft und viele Bundesländer die Auswirkungen des Gesetzes ein. Sie gehen davon aus, dass mit den angekündigten Regelungen die aktuelle Finanznot und Insolvenzgefahr in den Krankenhäusern nicht beseitigt wird, da die avisierten Liquiditätshilfen nur vorgezogene Zahlungen bereits bestehender Vergütungsansprüche seien, wodurch die Kliniken in diesem Jahr keinen Euro zusätzlich erhielten. Der Transformationsfonds sei zwar notwendig für den Strukturwandel, aber keine Lösung für die derzeitige Situation. Sie befürchten außerdem, dass die Effekte der angestrebten Krankenhausreform für viele Häuser, gerade in strukturschwachen Regionen zu spät kommen. Und die Krankenkassen merken zurecht an, dass eine Finanzierung des Transformationsfonds aus GKV-Mitteln bedeute, dass Arbeitgeber und Versicherte erneut für eine „gesamtgesellschaftliche Aufgabe geradestehen müssten, die nichts mit der Finanzierung der Betriebskosten zu tun habe“. 

Auch ob das jetzt im Mai an den Start gehende Klinikverzeichnis tatsächlich zu mehr Transparenz für Patientinnen und Patienten führt und durch Qualitätsvorgaben eine bessere Behandlung fördert, ist mehr als fraglich. Sicher ist jedoch, dass es zu mehr Bürokratie in den Häusern führt, mit der Konsequenz, dass am Krankenhausbett noch mehr Ärztinnen und Ärzte sowie Pflegekräfte fehlen.
Das Online-Verzeichnis soll Krankenhäuser unter anderem über Leistungsgruppen, Fallzahlen von Leistungen, Anzahl des ärztlichen und pflegerischen Personals sowie Komplikationsraten und die Zuordnung zu Versorgungsstufen untereinander vergleichbar machen. Doch was so einfach und bestechend klingt, ist im Detail leider äußerst komplex. So lässt sich an der Größe eines Krankenhauses nicht einfach ablesen, wie qualitativ hochwertig die jeweilige Behandlung ist. Auch Komplikationsraten sagen ohne ausreichende Risikoadjustierung nichts über die Qualität eines Hauses aus. So kann es großen Kliniken mit Ausrichtung auf komplexe Krankheitsbilder bei nicht ausreichender Risikoadjustierung passieren, dass sie über das Register zu Unrecht in die Kritik kommen und von Patienten gemieden werden. Nicht auszuschließen ist, dass das dann in den Häusern zu einer Konzentration auf Niedrigrisikopatienten führt. Damit hätten wir kein Problem gelöst, aber viele neue geschaffen.

Wenn dem Bundesgesundheitsminister an Transparenz liegt, dann sollte er Klarheit bei der Definition der sektorenübergreifenden Versorgungseinrichtungen schaffen. Werden es Krankenhäuser mit einer ärztlichen und pflegerischen Rund-um-die-Uhr-Versorgung sein, oder wird es ein pflegerisches Versorgungsangebot, das aber dann nicht mehr als Krankenhaus zu bezeichnen ist? Nicht akzeptabel im Sinne der Transparenz ist es, den Bürgerinnen und Bürgern Krankenhäuser vorzugaukeln, die keine mehr sind. Dafür braucht man kein Transparenzregister, sondern nur eine ehrliche Politik.


Rudolf Henke, Präsident der Ärztekammer Nordrhein