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Praxis

Versagung einer Weiterbildungsbefugnis bei Zweifeln an der persönlichen Eignung

08.05.2024 Seite 28
RAE Ausgabe 6/2024

Rheinisches Ärzteblatt

Heft 6/2024

Seite 28

Die Erteilung einer Weiterbildungsbefugnis ermöglicht es Fachärztinnen und -ärzten, Weiterbildungsassistenten einzustellen. Diese können unter der Anleitung und Aufsicht der Weiterbilder ihre Weiterbildung absolvieren und praktische Erfahrungen sammeln. Doch Zweifel an der persönlichen Eignung des Weiterbilders können diese Erteilung verhindern. Ein aktueller Fall, den das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen am 29. August 2023 (Az.: 18 K 3660/21) zu entscheiden hatte, verdeutlicht, dass die persönliche Eignung, die auch charakterliche Merkmale umfasst, nicht durch Auflagen gewährleistet werden kann.

von Katharina Eibl und Dirk Schulenburg

Im vorliegenden Fall hatte die Ärztekammer es aufgrund von Zweifeln an deren persönlicher Eignung abgelehnt, der Klägerin, einer niedergelassenen Fachärztin für Allgemeinmedizin, eine Weiterbildungsbefugnis zu erteilen. 

Erteilung der Weiterbildungsbefugnis

Die Weiterbildungsbefugnis wird von der jeweiligen Ärztekammer erteilt. Diese prüft die Qualifikationen und Erfahrungen der Antragsteller gemäß den Vorgaben der jeweiligen Heilberufe- und Kammergesetze sowie der Weiterbildungsordnung (WBO). Nach § 5 Abs. 2 der WBO kann die Befugnis zur Weiterbildung nur dann erteilt werden, wenn der Arzt fachlich und persönlich geeignet ist und eine mehrjährige Tätigkeit nach Abschluss der entsprechenden Weiterbildung nachgewiesen hat.

Da Ziel und Zweck der ärztlichen Weiterbildung unter anderem die Sicherung der Qualität ärztlicher Berufsausübung (vgl. § 1 Satz 2 WBO) ist, sind sowohl an die persönliche als auch an die fachliche Eignung von Weiterbildern hohe Anforderungen zu stellen. Eine jeden Zweifel ausschließende Integrität ist auch deshalb vorauszusetzen, da sie die Grundlage des Vertrauensverhältnisses zwischen Anerkennungsbehörde und dem zur Weiterbildung ermächtigten Arzt bildet. Die Ermächtigung ist dementsprechend nicht nur zu versagen, wenn die Eignung fehlt, sondern bereits dann, wenn sie nicht positiv festgestellt werden kann, mit anderen Worten, wenn Zweifel an der Eignung des Kammermitglieds bestehen, die nicht ausgeräumt werden können (ständige Rechtsprechung vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 24. Juni 2014, Az.: 9 S 1348/13).

Zweifel waren nicht auszuräumen

Der niedergelassenen Fachärztin wurde im Jahr 1998 erstmalig die Befugnis zur Weiterbildung von der Ärztekammer Westfalen-Lippe erteilt und zuletzt bis Ende 2019 verlängert. Die weitere Verlängerung wurde wegen Zweifeln an der persönlichen Eignung abgelehnt. Diese Entscheidung basierte auf Stellungnahmen ehemaliger Weiterbildungsassistenten, die angaben, frühzeitig mit überwiegend unüberwachten ärztlichen Aufgaben betraut worden zu sein. Die Ärztin war der Meinung, dass keine begründeten Zweifel an ihrer persönlichen Eignung im Sinne von § 5 Absatz 2 Satz 1 WBO der Ärztekammer Westfalen-Lippe bestanden. Sie beantragte neben einem Verpflichtungsantrag zur Erteilung der begehrten Weiterbildungsbefugnis hilfsweise die Erteilung der Befugnis ausschließlich für die Weiterbildung ihres Sohnes.

Das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen wies beide Anträge ab. Es stellte fest, dass bereits Zweifel an der persönlichen Eignung eines Facharztes für die Versagung der Weiterbildungsbefugnis ausreichen. Diese Zweifel wurden im vorliegenden Fall bejaht. Die ausführlichen Stellungnahmen der ehemaligen Weiterbildungsassistenten ließen keinen anderen Schluss zu, als dass die Ärztin ihre Assistenten überwiegend unbeaufsichtigt ließ. Dies stand im Widerspruch zu den von ihr erstellten Zeugnissen, in denen die Assistenten als unselbstständig und unsicher dargestellt wurden. Das Gericht hielt fest, dass dies entweder darauf hindeutete, dass die Assistenten tatsächlich nicht in der Lage waren, selbstständig ärztliche Aufgaben auszuführen, oder aber die Ärztin die Ausstellung der Facharztzeugnisse „aus Missgunst“ verweigerte. Beides lege ein Fehlen persönlicher Eignung als Weiterbilderin nahe. Es existierten darüber hinaus – so das Gericht – auch keine Maßnahmen, um die mangelnden pädagogischen Fähigkeiten und die fehlende charakterliche Eignung zu überwinden. Daher komme eine Erteilung der Weiterbildungsbefugnis unter Auflagen nicht in Betracht.

Verstöße ohne Bezug zur Weiterbildung 

Das Verwaltungsgericht Köln hatte zuvor schon die Klage einer niedergelassenen Dermatologin auf Erteilung einer Weiterbildungsbefugnis zurückgewiesen (Urteil vom 8. Dezember 2020, Az.: 7 K 2780/20). In diesem Fall lagen konkrete Hinweise vor, dass die Ärztin eine genehmigungspflichtige Behandlungsmethode nicht nur ohne erforderliche Erlaubnis, sondern auch entgegen einem ausdrücklichen Verbot angewendet und einen Patienten massiv geschädigt hatte. Im Raum stand ein schwerwiegender Verstoß gegen ärztliche Berufspflichten, der – auch wenn diese Pflichten keinen Bezug zur Weiterbildung hatten – zu Zweifeln an der persönlichen Eignung führte.

Konsequenzen für die Praxis 

Zweifel an der persönlichen Eignung von Fachärztinnen und Fachärzten reichen aus, um die Erteilung einer Weiterbildungsbefugnis zu verweigern. Die persönliche Eignung, die pädagogische und charakterliche Persönlichkeitsmerkmale sowie das gesamte persönliche Verhalten des Antragstellers oder der Antragstellerin umfasst, lässt sich nicht durch Auflagen korrigieren oder gewährleisten.


Dr. iur. Dirk Schulenburg, MBA, MHMM, ist Justiziar der Ärztekammer Nordrhein und Katharina Eibl, Fachanwältin für Medizinrecht, ist Referentin der Rechtsabteilung.