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Starke Stimme für die Ärzteschaft

08.05.2024 Seite 12
RAE Ausgabe 6/2024

Rheinisches Ärzteblatt

Heft 6/2024

Seite 12

Vom 24. Mai bis zum 28. Juni sind die rund 70.000 Ärztinnen und Ärzte in Nordrhein aufgerufen, ihr neues Ärzteparlament und die Vorstände der Kreisstellen zu wählen. Mit ihrer Wahl, die per Brief stattfindet, stellen sie die berufspolitischen Weichen für die nächsten fünf Jahre. Als Angehörige eines freien Berufs genießen Ärztinnen und Ärzte das Privileg, ihre beruflichen Rahmenbedingungen in großen Teilen selbst gestalten und ihre Positionen zu gesundheitspolitischen Entscheidungen über ihre Ärztekammern in Land und Bund einbringen zu können.

von Heike Korzilius und Christa Schalk

Das Medizinstudium gehört zu den beliebtesten Studiengängen in Deutschland und der Arztberuf zu den angesehensten Professionen. Für viele Ärztinnen und Ärzte ist der Beruf auch nach Jahren noch weniger Job als vielmehr Berufung. Damit das so bleibt, müssen die Rahmenbedingungen für die Berufsausübung stimmen. Ärztinnen und Ärzte genießen hier als Angehörige eines freien Berufs das Privileg, dass sie diese Rahmenbedingungen in großen Teilen selbst gestalten und bei gesundheitspolitischen Entscheidungen über die Landesärztekammern und die Bundesärztekammer in Land und Bund ihre Positionen einbringen können.
 
Die vergangene Wahlperiode 2019 – 2024 stand unter dem Eindruck dramatischer Ereignisse: Die Coronapandemie hat die Ärztinnen und Ärzte nicht nur in ihrem medizinischen Alltag zum Teil bis an die Grenzen der Belastbarkeit gefordert. Die Politik hat auch bei wichtigen Entscheidungen im Pandemiemanagement auf die Expertise von einzelnen ärztlichen Sachverständigen, von Fachgesellschaften, Verbänden und ärztlichen Körperschaften zurückgegriffen. Nach der Pandemie kam der Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine und mit ihm die Energiekrise, die Krankenhäuser und Arztpraxen, insbesondere die energieintensiven, vor enorme Herausforderungen gestellt hat. Die verfasste Ärzteschaft, darunter auch die Ärztekammer Nordrhein, hat sich vor diesem Hintergrund allerdings nicht nur bei der Politik für eine angemessene finanzielle Unterstützung ihrer Mitglieder stark gemacht, sondern auch im Rahmen von Spendenaktionen die Solidarität mit den Menschen in der Ukraine und den von dort Geflüchteten bekräftigt.
 
Neben den weltweiten Krisen haben aber auch große und folgenreiche gesundheitspolitische Reformvorhaben auf Bundes- und Landesebene die Arbeit der Kammerversammlung der Ärztekammer Nordrhein in der vergangenen Legislaturperiode geprägt. In mehreren Beschlüssen haben die 121 Abgeordneten mit Blick auf die angestrebte Krankenhausreform eine Abkehr vom DRG-System und eine angemessene Vorhaltefinanzierung für Krankenhausleistungen gefordert. In Nordrhein-Westfalen, das den Paradigmenwechsel bei der Krankenhausplanung bereits weit vorangetrieben hat, saß die Ärztekammer Nordrhein im Landesausschuss Krankenhausplanung von Anfang an mit am Tisch. Sie hat zusammen mit ihrer Schwesterorganisation in Westfalen-Lippe unter anderem dafür gesorgt, dass die Anforderungen an eine qualitativ hochwertige fachärztliche Weiterbildung bei der Planungsreform angemessen berücksichtigt werden. Das nordrheinische Ärzteparlament hat sich zugleich für eine angemessene Finanzierung der ambulanten Versorgung ausgesprochen und sich Ende vergangenen Jahres mit der „Aktion Praxenkollaps“ der Kassenärztlichen Bundesvereinigung solidarisiert, die sich unter anderem für eine Entbudgetierung der vertragsärztlichen Honorare einsetzt. Daneben standen wiederkehrende Forderungen der verfassten Ärzteschaft nach der längst überfälligen Novellierung der Gebührenordnung für Ärzte und einem Abbau überbordender Bürokratie. 
 

Kammer lebt vom Ehrenamt

Die gesamte Wahlperiode war in Nordrhein zudem geprägt von Diskussionen über die von der Politik forcierte Digitalisierung im Gesundheitswesen. Elektronische Krankschreibung, eRezept und elektronische Patientenakte waren Aufhänger für Forderungen der Kammerversammlung, digitale Lösungen nicht um ihrer selbst Willen voranzutreiben, sondern sie alltagstauglich und zum Nutzen von Ärzten und Patienten einzuführen. Breiten Raum im Ärzteparlament nahmen auch medizinethische Themen ein. So sprach sich die Kammerversammlung etwa für die Einführung einer Widerspruchslösung in der Organspende, für eine Förderung der Suizidprävention und zuletzt aus Gründen des Gesundheitsschutzes gegen die Legalisierung von Cannabis aus.
 
Neben den 121 gewählten Vertreterinnen und Vertretern der nordrheinischen Ärzteschaft in der Kammerversammlung engagieren sich rund 2.000 weitere Ärztinnen und Ärzte ehrenamtlich in der Kammer, unter anderem bei Facharzt- und Fachsprachprüfungen, in der Ethikkommission oder der Gutachterkommission. 1.799 Ärztinnen und Ärzte kandidieren in diesem Jahr für einen Sitz in der Kammerversammlung oder im Vorstand einer der 27 Kreisstellen. Bei der letzten Wahl im Jahr 2019 lag die Wahlbeteiligung in Nordrhein bei 43,8 Prozent. 2014 hatten 45,4 Prozent der nordrheinischen Ärztinnen und Ärzte ihre Stimme abgegeben. Zum Vergleich: Bei der letzten Bundestagswahl im Jahr 2021 beteiligten sich 76,6 Prozent der Wahlberechtigten an der Abstimmung. Wie bei jeder Wahl, zählt auch diesmal jede Stimme. Und wer zur Wahl geht, kann dafür sorgen, dass die ärztliche Expertise in NRW, aber auch darüber hinaus weiterhin Gehör findet. 
 

Einfluss auf Bundesebene

Denn die Kammerversammlung entsendet einmal im Jahr 29 stimmberechtigte Vertreterinnen und Vertreter aus ihrer Mitte zum Deutschen Ärztetag. Als drittgrößte Ärztekammer nach Bayern und Baden-Württemberg prägt Nordrhein dort den Kurs der Bundesärztekammer mit. Neben Stellungnahmen oder Positionierungen zu anstehenden Gesetzgebungsverfahren auf Bundesebene soll beispielsweise in den kommenden Jahren eine grundlegende Reform der fachärztlichen Weiterbildung auf den Weg gebracht werden, über die der Deutsche Ärztetag entscheiden muss. Dabei hat die Weiterbildungsordnung nicht nur eine zentrale Bedeutung für die Versorgungsqualität der Patientinnen und Patienten, sondern auch für die Karriereentscheidungen und Arbeitsbedingungen des ärztlichen Nachwuchses.

Ärztliche Selbstverwaltung findet aber nicht nur im Kontext der Gesundheitspolitik in Bund und Ländern statt, sondern auch ganz konkret in den Städten und Kreisen. Dort geben ehrenamtlich tätige Ärztinnen und Ärzte in den Kreisstellen der Kammer ein Gesicht. Sie bringen ihre Expertise in die kommunalen Gesundheitskonferenzen ein, verantworten gemeinsam mit den Kolleginnen und Kollegen der Kassenärztlichen Vereinigung den ärztlichen Notdienst und gestalten das Fortbildungsangebot vor Ort. Allein im vergangenen Jahr reichten die Fortbildungsthemen von Klimawandel und Gesundheit über Polypharmazie, Infektiologie und Kommerzialisierung bis hin zum Umgang mit traumatischen Erfahrungen im Arztberuf. Die Kreisstellenvorstände kümmern sich darüber hinaus aber auch um die Schlichtung von Patientenbeschwerden und den innerärztlichen Austausch auf Mitgliederversammlungen und in Qualitätszirkeln.
 
Wer zur Wahl für einen Sitz im Ärzteparlament in Düsseldorf oder in einem der Vorstände der 27 Kreisstellen antritt und welche Positionen die Kandidatinnen und Kandidaten vertreten – all diese (Selbst-)Informationen sind über diese Ausgabe des Rheinischen Ärzteblatts zugänglich, entweder per Link in der elektronischen oder per QR-Code in der gedruckten Version des Heftes. Ab Seite 63 findet sich ein Überblick über alle Wahlvorschläge für die Wahl zur Kammerversammlung und für die Wahl zu den Kreisstellenvorständen. Vorangestellte Inhaltsverzeichnisse auf den Seiten 64 (Regierungsbezirk Düsseldorf) und 75 (Regierungsbezirk Köln) zur Wahl der Kammerversammlung und auf Seite 85 zur Wahl der Kreisstellenvorstände sollen das Auffinden der Wahlvorschläge erleichtern. 
 


Wahlergebnisse am 29. Juni

Wichtig: Die Wahlvorschläge führen in der Printausgabe nur die ersten zehn Kandidatinnen und Kandidaten auf. Sämtliche Bewerberinnen und Bewerber mit allen Angaben zu ihrer Person sind auf der Homepage der Ärztekammer unter www.aekno.de/Amtliche_Bekanntmachungen veröffentlicht oder per QR-Code abrufbar. Über einen Link oder QR Code sind zudem erstmals Selbstinformationen der Wahllisten zu finden.
 
Die Kammerwahl ist eine Briefwahl. Ab dem 21. Mai 2024 erhalten alle Mitglieder der Ärztekammer Nordrhein per Post zwei Briefumschläge, in denen ihre Wahlunterlagen zur Kammerwahl der Ärztekammer Nordrhein und zu den Kreisstellenvorständen der Ärztekammer Nordrhein enthalten sind (siehe Grafiken). Die Stimmzettel müssen bis zum 28. Juni um 18.00 Uhr beim Wahlleiter eingegangen sein. Die Stimmen werden in den Wahlbezirken ausgezählt und am Samstag, den 29. Juni 2024 gegen 19 Uhr auf der Wahlparty im Haus der Ärzteschaft in Düsseldorf und im Internet bekanntgegeben. Zur Wahlparty sind alle nordrheinischen Ärztinnen und Ärzte eingeladen. Nach der Verkündung der (vorläufigen) Ergebnisse sollte ausreichend Zeit sein, damit Wähler und Gewählte ins Gespräch kommen können. Denn eine an den Bedürfnissen ihrer Mitglieder orientierte Selbstverwaltung lebt vom Austausch, von der Meinungsvielfalt und dem gemeinsamen Wunsch, den Arztberuf attraktiv zu erhalten und eine qualitativ hochwertige Patientenversorgung zu gewährleisten.
Nach der Veröffentlichung des offiziellen Wahlergebnisses in den Amtlichen Bekanntmachungen im Internet und in gestraffter Form auch im Rheinischen Ärzteblatt findet am 31. August 2024 die konstituierende Kammerversammlung für die Wahlperiode 2024–2029 statt. Das neu zusammengesetzte Ärzteparlament wird an diesem Tag eine neue Präsidentin oder einen neuen Präsidenten, die Vizepräsidentin oder den Vizepräsidenten sowie die Beisitzerinnen und Beisitzer im Vorstand wählen. 

Dipl.-Biol. Christa Schalk, MPH ist stellvertretende Geschäftsführerin der Ärztekammer Nordrhein.