Für Arztpraxen sind Medizinische Fachangestellte genauso bedeutend wie Pflegekräfte für Krankenhäuser. Denn ohne eine ausreichende Zahl qualifizierter Medizinischer Fachangestellter müssen Praxisleistungen und Öffnungszeiten auf Dauer reduziert werden – ein Szenario, dass angesichts einer Gesellschaft des langen Lebens niemand verantworten kann.
Wie wir alle täglich erfahren, macht der demografische Wandel auch vor Praxisbetreibenden und Praxispersonal nicht halt. Laut Verband medizinischer Fachberufe stellten 2022 die 50- bis 60-Jährigen die größte Gruppe unter den Medizinischen Fachangestellten (MFA) dar. Viele von ihnen werden in den nächsten Jahren, ähnlich wie ärztliche Kolleginnen und Kollegen, altersbedingt ausscheiden. Unsere Antworten auf diese Entwicklung sind: verstärkt in die Ausbildung der Medizinischen Fachangestellten für morgen zu investieren und andererseits zu fordern, dass sich Tarifsteigerungen bei den Honorarverhandlungen direkt abbilden, so wie es für die Pflege gilt. Nur dann können die Praxen angemessene Gehälter zahlen, um die Versorgung zu sichern.
Positiv können wir festhalten, dass die Ausbildungsbereitschaft der Praxen mit einer aktuellen Ausbildungsquote von rund 40 Prozent weiterhin hoch ist und die Ausbildung zur Medizinischen Fachangestellten seit Jahren zu den beliebtesten Ausbildungsberufen unter Frauen zählt.
Leider müssen wir aber auch feststellen, dass zu viele Auszubildende die Ausbildung nicht abschließen. Als Gründe dafür werden Stressbelastung, hohe Erwartungshaltungen von Patientinnen und Patienten sowie mangelnde Wertschätzung seitens der Praxisleitung und der Gesellschaft genannt. Aus unserer Erfahrung macht es sich daher bezahlt, bei der Auswahl der Bewerberinnen und Bewerber sorgfältig vorzugehen und Erwartungen klar zu definieren. Zielführend ist es, schon bei der Auswahl der zukünftigen Auszubildenden Zeit zu investieren. Je früher sich Praxisinhaberinnen und Praxisinhaber um persönliche Ansprache von jungen Menschen, Eltern und Lehrkräften kümmern sowie zusätzliche Praktikums- und Schnuppertage ermöglichen, desto höher ist die Chance, die jahrgangsbesten Schülerinnen und Schüler zu erreichen. Speziell die Probearbeit hilft den jungen Menschen, ihre Vorstellungen vom Beruf mit der Realität passgenau abzugleichen.
Ich möchte an dieser Stelle dafür werben, dass wir den Weg einer guten Berufsausbildung für unseren MFA-Nachwuchs in den Praxen weitergehen. Die ambulante Versorgung braucht gut ausgebildete Medizinische Fachangestellte. Daher müssen wir in eigener Verantwortung alles daran setzen, dass der Beruf der MFA weiterhin für junge Menschen attraktiv bleibt. Wir haben es in der Hand, Ansehen, Wertschätzung, Qualifizierung und Bezahlung bei Medizinischen Fachangestellten zu steigern. Zu einer guten Berufsausbildung zählt unverzichtbar ein hochwertiger Medizinfachkundeunterricht in den Berufskollegs. Auch hier wird der Lehrermangel spürbar, da ärztliche Fachlehrkräfte in den Ruhestand wechseln und freiwerdende Stellen kaum nachbesetzt werden können. Hier können wir angesichts des Fachlehrermangels nur an die Verantwortlichen in den Schulministerien appellieren, starre Regelungen wie Altersgrenzen und Vorgaben zur Nebenberuflichkeit zu überdenken und Bewerbungsprozesse so unbürokratisch wie möglich zu gestalten.
Unser gemeinsames Ziel muss es sein, jungen Menschen eine erfolgreiche Ausbildung in Berufen mit Zukunftspotenzial für eine lebenswerte Gesellschaft des langen Lebens zu ermöglichen. Dafür setzen wir uns in der Ärztekammer Nordrhein mit Zuständigkeit für die Berufsausbildung der Medizinischen Fachangestellten in Politik und Gesellschaft ein. Ausbildern und Auszubildenden stehen wir gerne beratend zur Seite.