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Gesundheits- und Sozialpolitik

Krankenhausreform: Nordrhein-Westfalen und der Bund verfolgen unterschiedliche Strategien

26.11.2024 Seite 23
RAE Ausgabe 12/2024

Rheinisches Ärzteblatt

Heft 12/2024

Seite 23

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Am 17. Oktober 2024 hat der Bundestag die Krankenhausreform nach den Plänen von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach verabschiedet. Wenn der Bundesrat am 22. November (nach Redaktionsschluss dieser Ausgabe) das Gesetz nicht in den Vermittlungsausschuss schickt, tritt es in Kraft. NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann hält Verbesserungen für dringend nötig. Sein Amtskollege im Bund Lauterbach will lieber keine Reform als eine „verwässerte“.

von Jürgen Brenn

Das vor etlichen Wochen für den Deutschen Krankenhaustag festgelegte Motto „Orientierung in der Revolution“ bekam angesichts der zerbrochenen Koalition der Bundesregierung eine neue Bedeutungsebene. Darauf wies die diesjährige Kongresspräsidentin Dr. Sabine Berninger zur Eröffnung des 47. Deutschen Krankenhaustags im Rahmen der Medica Mitte November in Düsseldorf hin. Im Zentrum stand dort die Frage, wie es mit dem Gesetz zur Krankenhausreform des Bundesgesundheitsministeriums weitergeht.

Der online zugeschaltete Bundesgesundheitsminister Professor Dr. Karl Lauterbach machte seinen Standpunkt deutlich: „Lieber keine Reform, als eine schlechte Reform“, sagte der Minister mit Blick auf die Forderungen aus den Bundesländern, das Gesetz an entscheidenden Stellen noch zu verändern. Beim Thema Qualität lasse er nicht mit sich reden, betonte Lauterbach. Die Qualitätskriterien, die das Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz (KHVVG) vorschreibe, müssten unverändert bleiben, um ein wesentliches Ziel der Krankenhausreform zu erreichen, nämlich Qualitätsdefizite in der Patientenversorgung auszugleichen. Mit Blick auf die Änderungswünsche der Länder sagte Lauterbach: „Das sind keine Verbesserungen, das sind Verwässerungen.“

NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann betonte die Notwendigkeit einer grundlegenden Krankenhausreform und bekräftigte, er wolle das KHVVG nicht scheitern lassen. „Es ist nicht alles schlecht, was in dem Papier steht“, so Laumann. Solllte das Gesetz aber ohne Veränderungen den Bundesrat passieren, sehe er den fehlenden Gestaltungsspielraum der Länder bezüglich der Facharztquoten und Fallzahlen als das größtes Problem an. Wenn die Länder nicht auf die konkrete Versorgungssituation vor Ort eingehen könnten, werde die Versorgungssicherheit in der Fläche gefährdet, warnte Laumann.

Er stellte zugleich klar, dass durch den Bruch der Ampelkoalition aus dem zustimmungsfreien Gesetz de facto wieder ein zustimmungspflichtiges Gesetz geworden sei. Mögliche Änderungsempfehlungen des Vermittlungsausschusses hätte der Bundestag überstimmen können. Nach dem Aus der Ampelregierung fehle diese Kanzlermehrheit, aber, sagte Laumann. Der Minister lobte mit Blick auf die Krankenhausreform in Nordrhein-Westfalen erneut die gemeinsamen Anstrengungen im Land, die die Veränderungen erst möglich gemacht hätten. Vertreter der Ärzteschaft, der Kliniken, der Pflege und der Kostenträger hätten vertrauensvoll zusammengearbeitet und über ihren jeweiligen Tellerrand geblickt, so Laumann. Es habe große Transparenz bei Entscheidungen geherrscht, was Vertrauen schaffe. Laumann: „Dies unterscheidet NRW von Berlin.“

Der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) Dr. Gerald Gaß sprach sich ebenfalls für Änderungen an der Krankenhausreform im Bund aus. Ein Scheitern des KHVVG will aber auch er verhindern, weil das notwendige Reformen erheblich verzögern würde. Tritt das Gesetz nach den Beratungen im Bundesrat ohne Änderungen in Kraft, bleiben aus Sicht von Gaß große Probleme ungelöst. „Wir schlagen als erste Schritte zur Rettung der Krankenhausreform vor, den notwendigen Inflationsausgleich sofort umzusetzen, um die flächendeckende Defizitlage der Kliniken zu entschärfen“, so der DKG-Vorsitzende. Den Ländern müsse zudem Gestaltungsspielraum für eine bedarfsgerechte Krankenhausplanung eingeräumt werden, um auf Strukturen vor Ort reagieren und damit weiterhin eine flächendeckende stationäre Patientenversorgung gewährleisten zu können. Auch müsse angesichts der hohen Defizite der Häuser die ungeordnete Marktbereinigung durch Insolvenzen beendet werden. „Wir brauchen Luft für einen geordneten Transformationsprozess“, forderte Gaß. Die Finanzierungsreform des KHVVG verfehle das Ziel, für die Versorgung notwendige Strukturen fallzahlunabhängig zu finanzieren. Das Reformgesetz erzeuge mehr Bürokratie und Überregulierung statt diese wie angekündigt, zu reduzieren, so Gaß. Ebenfalls sei eine Simulation der finanziellen Auswirkungen der Reform unterblieben, kritisierte der DKG-Vorstandsvorsitzende: „Das gesamte Projekt wird in einem Blindflug umgesetzt, bei dem die Revolutionäre nach dem Prinzip Hoffnung und Glaube die gesamte Bevölkerung in Mithaftung nehmen“.

Privatdozent Dr. Michael Weber, Präsident des Verbandes der leitenden Krankenhausärzte Deutschlands machte darauf aufmerksam, dass die durch Inflation und Tarifsteigerungen entstandene Finanzierungslücke sich weiter öffnen werde, etwa durch die geplante Ausweitung ambulanter Operationen durch Hybrid-DRGs mit einer geplanten Erlösfinanzierung auf EBM-Niveau, was zu weiteren Verlusten bei den Krankenhäusern führen werde.