Der 100-Prozent-Ansatz im deutschen DRG-System hat infolge falscher Anreize vor allem unserer Krankenhausversorgung großen Schaden zugefügt. Nun spricht Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach, einstiger DRG-Befürworter von einer „Revolution“ des Systems. Die Bundesländer, zuständig für die Krankenhausplanung, haben zurecht Beteiligung und Zustimmungspflicht bei dem geplanten Krankenhausreformgesetz eingefordert. Wenn die gemeinsame Gesetzgebung den richtigen Prioritäten folgt, kann daraus etwas richtig Gutes werden. Die fleißige BMG-Krankenhauskommission ist allerdings zu praxisfern, als dass ihr Konzept genügt.
Denn deren Vorschläge für die Vorhaltefinanzierung belohnen weiterhin diejenigen, die sich vor allem um die Menge ihrer Leistungen gekümmert haben. Die Vergütung durch Vorhaltebudgets zu ergänzen, ist richtig. Aber deren Ansatzpunkte müssen die Erfordernisse der Notfallversorgung und eine Abkehr von den bisherigen Mengenanreizen sein. Mengenanreizen zu folgen darf nicht besser belohnt werden, als strenge Indikationen zu stellen.
Problematisch ist auch die geplante Kombination aus Levels (Ii bis IIIa) und einer Flut neuer und bislang noch gar nicht definierter Leistungsgruppen. Handelt es sich in der Stufe Ii überhaupt noch um Krankenhäuser, wenn, wie vorgesehen, vom Grundsatz abgewichen wird, dass jede Krankenhausabteilung von nicht weisungsgebundenen Ärztinnen und Ärzten geleitet werden soll? Was geschieht mit Kliniken der Regel- und Schwerpunktversorgung, die aus dem Level-2 ausgeschlossen werden, weil sie Anforderungen nur teilweise erfüllen?
Hält man beispielsweise an den Vorschlägen fest, Geburtshilfe nur an Level-2-Krankenhäusern zu ermöglichen, wären in NRW mehr als die Hälfte der geburtshilflichen Kliniken zu schließen. In anderen Fächern ist es ähnlich. Das liefe auf eine Ausdünnung der Versorgung und Wartelistenmedizin hinaus, die wir als Ärzteschaft nicht mittragen werden. Ohne Antwort bleibt auch, wo genügend qualifizierte Weiterbildung stattfinden soll, wenn in Zukunft nach der Folgeabschätzung für die DKG nur noch 230 Häuser in den beiden Leveln 2 und 3 übrig bleiben.
Mit dem Notfallstufensystem des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA)gibt es schon ein praktisch eingeführtes Modell der Notfallversorgung mit Maximalversorgern, Schwerpunktversorgern und Grundversorgern. Das genügt. Es braucht nicht noch ein quer dazu angeordnetes weiteres Stufenmodell. Und bei den Leistungsgruppen kann man an die Krankenhausplanung in NRW anknüpfen statt noch 64 neue zusätzliche Gruppen zu erfinden. Die Entwicklung der Leistungsgruppen könnten die Bundesländer künftig in gemeinsamer Verantwortung gestalten und dabei die an der Krankenhausplanung Beteiligten, also auch die Ärztekammern, einbeziehen.
So können Flächendeckung und notwendige Spezialisierung miteinander verbunden werden. Weder BMG noch G-BA noch DIMDI würden dann zu Institutionen einer unrealistischen bundesweiten Krankenhausplanung umfunktioniert. Zur Definition der einzelnen Leistungsgruppen gehören dann auch Mindeststrukturvorgaben, die in einem zwischen den Bundesländern geeinten, transparenten Prozess zu entwickeln und festzulegen wären. So bleiben die Bundesländer und nicht der G-BA verantwortlich für die Krankenhausplanung. Und Qualitätssicherung konzentriert sich auf das Nötige.
Auf unserer Kammerversammlung am 11. März werden wir uns intensiv mit der geplanten Reform der Krankenhausfinanzierung und deren Auswirkungen auf die Sektoren befassen. Wir erwarten, dass der nötige Transformationsprozess von Anfang an auch auskömmlich finanziert wird, damit das Versprechen an das Personal im Gesundheitswesen, mehr Zeit für die Patientenversorgung und zur eigenen Regeneration zu haben, keine leere Floskel bleibt.