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Wissenschaft und Fortbildung

Progrediente Schwäche der Beine nach Chemo- und Strahlentherapie

21.06.2023 Online FortbildungSeite 33
RAE Ausgabe 7/2023

Rheinisches Ärzteblatt

Heft 7/2023

Seite 33

MRT des Plexus lumbalis. Axiale Darstellung mittels Protonendichte-Gewichtung (PDw) mit Fettsuppression. © Benedictus Krankenhaus, Tutzing

Diagnostische und therapeutische Überlegungen

von Dirk Sander

Anamnese

Die 78-jährige Patientin stellte sich wegen einer über einige Wochen progredienten proximal und linksbetonten Schwäche der Beine vor, weshalb sich bereits mehrere Stürze ereigneten. Seit vier Tagen vor Aufnahme sei es zu einer deutlichen Verschlechterung der Paresen gekommen. Bei Aufnahme war das Gehen mit zwei Hilfspersonen für wenige Schritte möglich.

Vor zehn Monaten wurde ein wenig differenziertes Plattenepithelkarzinom des Analkanals diagnostiziert und operiert. Das Staging ergab keine Hinweise auf Metastasen. Es erfolgte eine Chemotherapie mit 5-Fluorouracil (5-FU) und Mitomycin C sowie eine regionale Strahlentherapie. Im weiteren Verlauf entwickelte sich eine beidseitige Lungenarterienembolie. Die Aufnahmemedikation umfasste Apixaban, Candesartan, Bisoprolol, Pantoprazol und Fluvastatin.

Aktueller klinischer und neurologischer Untersuchungsbefund

Bewusstseinsklare, zeitlich, örtlich und zur Person orientierte Patientin. Herz, Lunge und Abdomen klinisch unauffällig. RR 130/80, Puls 65/min. Keine Hinweise auf Meningismus. Lasègue negativ. Hirnnervenbefund regelrecht. Obere Extremitäten unauffällig.

Untere Extremitäten periphere Pulse seitengleich palpabel. Keine umschriebene Atrophie, keine Faszikulationen. Kraftprüfung: Hüftbeugung: rechts 4+/5, links: 3+/5; Oberschenkeladduktion und -abduktion: beidseits. 4/5; Kniestreckung rechts: 5/5, links: 3+/5; Kniebeugung: rechts 5/5, links 4+/5; Fußhebung: rechts 5/5, links: 4/5; Fußsenkung beidseits.: 5/5. Reflexe: Patellarsehnenreflex (PSR) rechts mittellebhaft, links schwach lebhaft; Achillessehnenreflex (ASR) beidseits. mittellebhaft, keine Pyramidenbahnzeichen. Koordination: regelrecht. Sensibilität: bis auf ein „komisches Gefühl“ an den Fußsohlen unauffällig.

Labordiagnostik

Auffällig waren: Harnsäure 6,1 mg/dl, CRP 6 mg/dl (bis 5), Triglyzeride 158 mg/dl, Ca 2,11 mmol/l.

Normwertig waren: Nierenretentionswerte, Leberenzyme, kardiale Ischämiemarker, übrige Elektrolyte, Schilddrüsenwerte, kleines Blutbild, Gerinnungsparameter, Glukose, HbA1c, Vitamin B12, Folsäure, Vaskulitis-AK, Gangliosid-AK, HIV, LymeSerologie, Immunelektrophorese, paraneoplastische AK, FSME, Lues.

Liquor

Klar, normale Zellzahl, Eiweiß 484 mg/dl (bis 450), Laktat normal, oligoklonale Banden negativ, Lyme-AK-IgG und IgM-Antikörperindex negativ, Gangliosid-AK negativ, VZV-IgG-AK-Index mit 2,8 (< 1,5) deutlich erhöht.

Elektrophysiologie

Neurografie: Verminderte Nervenleitgeschwindigkeiten und Muskelsummenaktionspotenziale (MSAP) für Nervus femoralis links > rechts, F-Wellen-Latenz verzögert. Geringe Reduktion der MSAP des Nervus tibialis links. Nervus suralis beidsetis. regelrecht.

Elektromyografie: Aufgrund der oralen Antikoagulation nur orientierende Untersuchung. Mäßige Denervierungszeichen im Musculus tibialis anterior links > rechts sowie Musculus vastus lateralis rechts, Musculus iliosoas rechts. Floride und ausgeprägte Denervierungszeichen und deutlich gelichtete Interferenz im Musculus vastus lateralis links und Musculus iliopsoas links. Unauffälliger paravertebraler Befund.

Zusammenfassung: Plexopathie des Plexus lumbalis links > rechts. Kein ausreichender Hinweis auf Polyneuropathie (PNP).

Bildgebung

Unauffälliger Befund für RöntgenThorax, Röntgen-Becken, Beckenübersicht, kranielle Computertomografie nativ, MRT der Hals-, Brust- und Lendenwirbelsäule.

MRT des Plexus lumbalis

Siehe Abbildung.

Viszeralchirurgisches Konsil

Nach Strahlen- und Chemotherapie lokal komplette Remission des Karzinoms.

 

Professor Dr. Dirk Sander ist Chefarzt der Abteilung für Neurologie am Benedictus Krankenhaus Tutzing.

Professor Dr. Malte Ludwig ist ambulant als Angiologe am Zentrum für Kardiologie am Klinikum Starnberg tätig. Er koordiniert und begleitet die Reihe inhaltlich.
 

Kurzanleitung zur „Zertifizierten Kasuistik“

Hinweis: Die 2 Fortbildungspunkte können über das System des Einheitlichen Informationsverteilers (EIV) Ihrem Punktekonto bei der Ärztekammer gutgeschrieben werden. Es werden Ihre Einheitliche Fortbildungsnummer, die Veranstaltungsnummer und die Anzahl der Punkte übermittelt.

via Rheinisches Ärzteblatt
Im ersten Rheinischen Ärzteblatt des Quartals werden jeweils veröffentlicht: der einführende Artikel zum Thema, der Fragenkatalog und die Lernerfolgskontrolle mit Bescheinigung.

Ausführliche Informationen zur Differenzialdiagnostik werden im Internet unter www.aekno.de/cme veröffentlicht.

Zum Erwerb der Fortbildungspunkte müssen mindestens 70 Prozent der Fragen richtig beantwortet werden. In dem Fall können die Fortbildungspunkte über den Elektronischen Informationsverteiler (EIV) dem elektronischen Punktekonto des Arztes bei seiner Ärztekammer automatisch gutgeschrieben werden, falls die Einheitliche Fortbildungsnummer/Barcode auf die Lernerfolgskontrolle aufgeklebt und die Einverständniserklärung zur Datenübermittlung unterschrieben ist.


Einsendeschluss: Die Lernerfolgskontrolle muss spätestens bis Mittwoch, 30. August 2023 per Fax oder per Post eingegangen sein (Poststempel). Fax: 0211 4302-5808, Postanschrift: Ärztliche Akademie für medizinische Fort- und Weiterbildung in Nordrhein, Tersteegenstr. 9, 40474 Düsseldorf.

Auflösung: im Rheinischen Ärzteblatt 9/2023 in der Rubrik Magazin.

via www.aekno.de
Die Zertifizierte Kasuistik findet sich auf der Homepage der Ärztekammer Nordrhein unter www.aekno.de/cme.

Die bisher veröffentlichten Kasuistiken der Reihe finden sich zu Übungszwecken unter www.aekno.de/cmetest.