Wie das Rheinische Ärzteblatt (RÄ) in seiner Ausgabe vom 8. September 1972 berichtete, hatte ein Ausschuss des Parteivorstands der SPD einen Entwurf neuer „Gesundheitspolitischer Leitsätze“ vorgelegt. Den Ausschuss leitete die damalige Bundesgesundheitsministerin Käte Strobel. „Stellvertretender Vorsitzender war der Bundestagsabgeordnete Dr. med. Hans Bardens, der offenbar wesentlichen Einfluß auf die Vorlage genommen hat“, wie das RÄ vermutete. Denn in den Leitsätzen fehlten radikale Aspekte, das Gesundheitswesen komplett umzugestalten. Der Spiegel bezeichnete die Leitsätze als „so pflaumenweich und konservativ, dass die Ärzte-Funktionäre frohlocken“ könnten. In den Leitsätzen bekannte sich die Partei zu den Grundsätzen der freien Arztwahl und der freien Berufsausübung der Heilberufe. „An dieser Aussage sollte man diese Partei auch in Zukunft messen, wenn wiederum von radikaleren Kräften nach einer Institutionalisierung oder Sozialisierung der Medizin gerufen wird“, kommentierte das RÄ. Die Leitsätze wurden wenige Monate vor der vorgezogenen Bundestagswahl 1972 veröffentlicht und können als Reaktion auf den unbedingten Widerstand der Ärzteschaft gegen radikalere Reformen verstanden werden.
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