Menschen mit Lernschwierigkeiten nehmen Studien zufolge deutlich seltener Krebsfrüherkennungsprogramme in Anspruch als der Bevölkerungsdurchschnitt. Gleichzeitig schätzen Hausärztinnen und Hausärzte den Aufwand höher ein, diese Patientengruppe zu behandeln. Informationsmaterial in Leichter Sprache kann Ärzten helfen, Barrieren abzubauen und Menschen mit Lernschwierigkeiten darin unterstützen, selbstbestimmt an Vorsorgeuntersuchungen teilzunehmen.
von Marc Strohm
„Leichte Sprache anzuwenden ist für uns Ärztinnen und Ärzte nicht immer einfach“, sagte Professor Dr. Susanne Schwalen, geschäftsführende Ärztin der Ärztekammer Nordrhein, während der Auftaktveranstaltung des Pilotprojekts „Darmkrebsvorsorge – Leicht gesagt und einfach gemacht“, die am 24. August online stattfand. Dort stellte die Krebsgesellschaft Nordrhein-Westfalen (NRW) e.V. Informationsmaterial zu Darmkrebsvorsorgeuntersuchungen vor. Die Materialien wurden im Rahmen eines Modellprojekts der Stiftung Wohlfahrtspflege NRW entwickelt, in dem die Krebsgesellschaft NRW e.V. mit dem Kompetenzzentrum Barrierefreiheit Volmarstein und der Hochschule für Gesundheit zusammenarbeitet. Zu den Materialien gehören ein Plakat, ein Tischaufsteller und ein Infoheft sowie Infoblätter zu Verfahren der Darmkrebsfrüherkennung wie dem Stuhltest und der Darmspiegelung.
Barrierefrei kommunizieren
Das Material sei von Menschen mit Lernschwierigkeiten auf Verständlichkeit geprüft worden, betonte Nicole Stecha von der Krebsgesellschaft NRW. Ärztinnen und Ärzte könnten es nun während des Pilotprojekts in ihrer Praxis testen und der Krebsgesellschaft NRW in einer anschließenden Evaluation zurückmelden, ob es sich beim Arzt-Patientengespräch bewährt hat. „Wir wollen, dass es auch Menschen mit Lernschwierigkeiten leichter fällt, sich zu informieren und Verantwortung für die eigene Gesundheit zu übernehmen. Für Ärztinnen und Ärzte wird die Barriere reduziert, in Leichter Sprache zu kommunizieren“, erklärte Rudolf Henke, Präsident der Ärztekammer Nordrhein.
Konkrete Tipps, wie sich Leichte Sprache im Praxisalltag umsetzen lässt, gab Annika Nietzio, Leiterin des Büros für Leichte Sprache der Evangelischen Stiftung Volmarstein. Entsprechend sensibilisiert könnten Ärztinnen und Ärzte im Gespräch besser auf die Kommunikationsbedarfe der Patienten eingehen. Statt dann die bereits gesagten Worte einfach zu wiederholen, empfahl Nietzio, den Patienten eine alternative Erklärung anzubieten. Sie riet Ärztinnen und Ärzten, kurze Sätze zu formulieren und statt Fach- und Fremdwörtern eher bekannte Wörter zu verwenden oder komplizierte Begriffe zu erklären.
Wichtige Informationen sollten aufgeschrieben werden. Bilder und schriftliche Materialien, wie das von der Krebsgesellschaft NRW zur Verfügung gestellte Infomaterial, könnten bei Erklärungen unterstützend genutzt werden. Auch in der schriftlichen Kommunikation sollte auf Leichte Sprache geachtet werden. Statt Pronomen und Synonymen sollte stets das gleiche Wort für die gleiche Sache verwendet werden. Die Sätze sollten im Aktiv statt im Passiv formuliert werden.
Weitere Materialien in Planung
Neben den Materialien zur Darmkrebsvorsorgeuntersuchung ist laut Nicole Stecha von der Krebsgesellschaft NRW geplant, auch Informationen zur generellen Krebsprävention in Leichter Sprache zu erstellen. Analog zum Darmkrebsmaterial soll ein Infoheft zum Hautkrebs mit Selbstuntersuchungskarte und Präventionshinweisen erscheinen. Für Ärztinnen und Ärzte sei eine Onlineschulung für Leichte Sprache geplant, damit ihnen die barrierefreie Kommunikation künftig einfacher falle.
Material anfordern und am Projekt teilnehmen
Die Materialien zur Darmkrebsvorsorge in Leichter Sprache können auf der Seite der Krebsgesellschaft Nordrhein-Westfalen e.V. heruntergeladen werden unter www.krebsgesellschaftnrw.de/leichte-sprache.
Unter https://eveeno.com/materialbestellung_pilotierung können sich interessierte Ärztinnen und Ärzte für die Teilnahme an dem Pilotprojekt anmelden. Die Pilotierungsphase läuft noch bis Ende November. Danach erfolgt eine kurze Evaluation, ob die Materialien in der Praxis sinnvoll und nutzbar waren. Je nach Anzahl der teilnehmenden Ärzte erfolgt diese Evaluation entweder über eine Online-Umfrage oder über ein Kurz-Interview.
Rückfragen zum Projekt beantwortet Friederike Kreuzwieser von der Krebsgesellschaft NRW unter der E-Mail-Adresse kreuzwieser(at)krebsgesellschaft-nrw.de oder unter der Telefonnummer .