Der Krieg Russlands gegen die Ukraine prägte auch die Kammerversammlung der Ärztekammer Nordrhein, die am 12. März pandemiebedingt erneut im Online-Format stattfand. Die Abgeordneten forderten den ungehinderten Zugang zu humanitärer Hilfe für die Menschen in der Ukraine und einen möglichst unbürokratischen Zugang zur medizinischen Versorgung für die nach Deutschland Geflüchteten.
von Heike Korzilius
Rekordzahlen bei den Neuinfektionen mit dem Coronavirus verhinderten es, dass die Kammerversammlung der Ärztekammer Nordrhein am 12. März 2022 im Haus der Ärzteschaft in Düsseldorf stattfinden konnte. Stattdessen schalteten sich die Mitglieder erneut von zu Hause aus zu einer Videokonferenz zusammen. Während die Sitzungen in den vergangenen zwei Jahren thematisch von der Pandemie dominiert wurden, prägten diesmal die humanitären Folgen des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine den Auftakt der Versammlung. Für die ukrainische Bevölkerung sei das Leben über Nacht zum Albtraum geworden, ihr Zuhause zum Katastrophengebiet, sagte der Präsident der Ärztekammer Nordrhein, Rudolf Henke. „Auch unsere ukrainischen Kolleginnen und Kollegen sind in höchster Gefahr und setzen in den umkämpften Städten ihr Leben aufs Spiel, um ihren Landsleuten zu helfen. Unser aller Respekt gilt ihrem Mut und ihrer ärztlichen Haltung.“
Inzwischen seien nach Angaben des Flüchtlingshilfswerks der Vereinten Nationen über zwei Millionen Menschen aus der Ukraine in die Nachbarländer geflüchtet, berichtete Henke. Deren medizinische und psychologische Betreuung gelte es nun zu sichern. In einer Entschließung sprach sich die Kammerversammlung dafür aus, dass Geflüchtete aus der Ukraine Anspruch auf alle Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung erhalten sollen. Um einen möglichst unbürokratischen Zugang zur medizinischen Versorgung in Deutschland zu ermöglichen, sollte ihnen eine elektronische Gesundheitskarte ausgestellt werden. Um den Menschen in der Ukraine zu helfen, hat die Ärztekammer Nordrhein zusammen mit dem Medikamentenhilfswerk action medeor aus dem niederrheinischen Tönisvorst eine Spendenaktion gestartet. Gesammelt wird Geld für einen Hilfstransport von Arzneimitteln und medizinischem Material für ein Krankenhaus in Ternopil im Westen der Ukraine (siehe Seite 3).
„Keiner von uns weiß, wie sich die Situation in der Ukraine entwickelt und mit welchen Kriegshandlungen wir noch rechnen müssen“, sagte Henke. Der Krieg gegen die Ukraine werde Europa und jeden Einzelnen noch auf vielfältige Weise auf die Probe stellen. „Wir können nur hoffen, dass wir nicht schon nach ein paar Wochen unsere Grenzen wieder schließen und unsere Empathie verlieren, weil es uns zu viel wird“, so der Kammerpräsident. „Wir werden einen langen humanitären Atem brauchen.“
Den sprichwörtlichen langen Atem braucht es auch in der Pandemie, die der Krieg in Europa „in den Hintergrund der täglichen Nachrichten und Gedanken gedrängt hat“, wie Henke es formulierte. Denn die Pandemie sei noch nicht zu Ende. Zwar hätten mehrere Bundesländer, darunter auch Nordrhein-Westfalen, ihre Corona-Beschränkungen gelockert. Dabei seien die Inzidenzen insbesondere nach Karneval sprunghaft gestiegen. Jeden Tag habe man bundesweit rund 250 Coronatote zu beklagen. Hohe Infektionszahlen führten auch weiterhin zu Personalausfällen in Praxen und Krankenhäusern, die von den Kolleginnen und Kollegen kompensiert werden müssten. „Doch trotz steigender Inzidenzen mit täglichen Rekordwerten geht es auf Bundesebene mit den Lockerungen weiter“, kritisierte Henke. Lediglich allgemeine Schutzmaßnahmen wie Maskenpflichten in Pflegeeinrichtungen, Krankenhäusern und im öffentlichen Nah- und Fernverkehr oder auch Testpflichten in Pflegeheimen und Schulen sollten nach Änderungen im Infektionsschutzgesetz noch möglich bleiben. Zwar sollten die Länderparlamente bei einer dynamischen Infektionslage weitere Auflagen beschließen können. Was das konkret bedeute, bleibe aber offen, so Henke. Dass ausgerechnet in einer Phase steigender Inzidenzen und stagnierender Impfquote der Instrumentenkasten zur Eindämmung der Pandemie beschränkt werden solle, sei für Ärztinnen und Ärzte schwer zu verstehen. Denn auch die Hoffnung, mit dem neuen Tot-Impfstoff von Novavax viele derjenigen zu erreichen, die sich bisher nicht haben impfen lassen, habe sich nicht erfüllt.
Finanzielle Anreize fürs Impfen
Anfang April will der Deutsche Bundestag über die Einführung einer allgemeinen Impfpflicht abstimmen. Ziel ist es, die Impfquote in der Bevölkerung zu erhöhen. „Ich teile dieses Ziel“, sagte Henke vor der Kammerversammlung. „Zugleich frage ich mich, ob wir diesem richtigen Ziel durch Androhung von Bußgeldern am effektivsten näherkommen.“ Er räumte ein, dass Aufklärung, Appelle und Überzeugungsarbeit bislang nur begrenzt gewirkt hätten. Neben einer Impfpflicht sollte man nach Ansicht des Kammerpräsidenten aber auch über finanzielle Anreize für eine Coronaschutzimpfung nachdenken.
Mit Blick auf die Landtagswahl in NRW am 15. Mai stellte sich Henke erneut hinter die geplante Reform der Krankenhausplanung, auf die sich das Land, die beiden Ärztekammern sowie die hiesige Krankenhausgesellschaft geeinigt hatten. Diese zielt darauf, Überkapazitäten in den Ballungsgebieten abzubauen, die Schwerpunktbildung für komplexe medizinische Leistungen zu fördern und zugleich die flächendeckende Grundversorgung auch auf dem Land zu erhalten. Der Oppositionsführer im Landtag, der SPD-Politiker Thomas Kutschaty, habe die Krankenhauspolitik zu einem seiner Themenschwerpunkte im Wahlkampf gemacht und versprochen, dass kein Krankenhaus geschlossen werden solle, sagte Henke. Es sei richtig, dass das Krankenhaus elementar sei für die Daseinsvorsorge. Doch es bleibe genauso richtig, weiter über Schwerpunktbildungen und eine klare Aufgabenverteilung nachzudenken. „Nicht jedes Krankenhaus muss alles machen“, so Henke. „Und heute geht eben vieles auch ambulant.“
Gespart wird allzu oft am Personal
Originäre Aufgabe der Landespolitik sei es, den Substanzverzehr der Krankenhäuser durch ausreichende Investitionen in Gebäude und Medizintechnik zu stoppen, zu denen die Länder gesetzlich verpflichtet seien, stellte der Kammerpräsident klar. Nach aktuellen Berechnungen fehlten den Kliniken alleine in NRW 1,2 Milliarden Euro jährlich aus Landesmitteln. „Ohne ausreichende Investitionsförderung erliegen die Krankenhausträger bekanntlich allzu oft der Versuchung, am Personal zu sparen“, kritisierte Henke. Um das zu verhindern, müssten die Personalkosten für Ärztinnen und Ärzte aus dem DRG-System ausgegliedert werden. 2018 wurde das bereits für die patientennahe Pflege beschlossen.
Man solle darüber hinaus auch für den ärztlichen Dienst über die Einführung einer angemessenen Personalbemessung diskutieren, empfahl Henke. Umfragen zufolge sei der Zeitdruck für jeden zweiten im Gesundheitswesen Beschäftigten die größte berufliche Belastung. Dieses Gefühl habe sich in der Coronapandemie weiter verstärkt. Die Folge seien Arbeitsreduzierung oder ein Wechsel in patientenferne Tätigkeiten, was die Auswirkungen des Fachkräftemangels auf die medizinische Versorgung zusätzlich verschärfe. „Die Gesundheitspolitiker aller Parteien sollten erkennen, wie prekär die Situation schon ist“, forderte Henke. Beseitigen lasse sich der Personalmangel nur durch eine konsequente Aufstockung von Medizinstudienplätzen und eine familienkompatible Ausgestaltung der Arbeitsplätze. In den aktuellen Tarifverhandlungen mit dem Marburger Bund zeigten die kommunalen Arbeitgeberverbände allerdings wenig Bereitschaft, die Arbeitssituation an den Krankenhäusern substanziell zu verbessern. Dasselbe gelte für die Ärztinnen und Ärzte im Öffentlichen Gesundheitsdienst. Diese warteten bis heute vergeblich auf arztspezifische Tarifverträge mit einer entsprechenden Anhebung ihrer Gehälter.
Handlungsbedarf bestehe seit Jahren auch bei der Reform der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ). Die Novellierung müsse noch in dieser Legislaturperiode umgesetzt werden, forderte Henke. Die derzeit gültige GOÄ sei zum großen Teil fast 40 Jahre alt und bilde die moderne Medizin nicht mehr ab. Ärztinnen und Ärzte seien gezwungen, Gebührenordnungsziffern analog abzurechnen, was nicht selten zu Konflikten mit den privaten Kostenträgern führe.
„Der Bundesgesundheitsminister hat gesagt, die GOÄ-Novelle habe im Moment keine gesundheitspolitische Priorität“, erklärte Henke vor der Kammerversammlung. „Doch ich sage, wir können eine Fortschreibung der unendlichen Geschichte von Verschiebungen dieser mehr als fälligen Reform nicht noch einmal hinnehmen.“ Das sei eine Zumutung für die Ärzte, für die privat Krankenversicherten und die Beihilfeberechtigten gleichermaßen. Sämtliche Vorarbeiten für eine Novellierung der GOÄ seien geleistet. Der Entwurf einer neuen GOÄ sei zwischen der Bundesärztekammer, dem Verband der Privaten Krankenversicherung und den Kostenträgern der Beihilfestellen konsentiert.
Der Vorstand der Ärztekammer Nordrhein wird sich im Vorfeld des 126. Deutschen Ärztetages, der vom 24. bis zum 27. Mai in Bremen stattfinden wird, mit dem Thema befassen. Mehrere Mitglieder der Kammerversammlung sprachen sich dafür aus, den Druck auf die Politik zu erhöhen. „Wir führen die Debatte um die Novelle der GOÄ seit zehn Jahren und nichts ist bisher passiert“, kritisierte Wieland Dietrich, Essen. Er forderte deshalb eine lineare Erhöhung der Bewertung der gültigen Leistungspositionen entsprechend der Kostenentwicklung seit 1996, bis eine strukturelle Reform umgesetzt sei. Dr. Sven Dreyer, Düsseldorf, hielt dagegen, eine lineare Erhöhung der Leistungsvergütung springe zu kurz. Die gesamte Struktur der GOÄ müsse verändert werden, damit Verwerfungen beseitigt werden könnten. Denn auch eine Besserbewertung von Leistungen ändere nichts daran, dass Gespräche schlechter vergütet würden als technische Leistungen.
Ärztekammer wird klimaneutral
Einigkeit bestand in der Kammerversammlung beim Thema „Klimawandel und Gesundheit“. Erst im vergangenen November hatten die Mitglieder beschlossen, dass auch die Ärztekammer Nordrhein bis 2030 klimaneutral sein soll. Jetzt forderten sie den Vorstand auf, einmal im Jahr über den Stand der Umsetzung zu berichten. Henke hatte zuvor angekündigt, dass die Kammer zwei neue Gremien, ein ehrenamtliches und ein hauptamtliches, einrichten wolle, die die Umsetzung von klimafreundlichen Maßnahmen beim Gebäudebetrieb, der Mobilität, der Beschaffung sowie der Informations- und Kommunikationstechnik engmaschig begleiten sollen.
Das Thema Klimawandel und Nachhaltigkeit habe auch mit Blick auf die Kapitalanlagen der ärztlichen Versorgungwerke deutlich an Aufmerksamkeit gewonnen, erklärte Henke. Geschäftsführung und Gremien der Nordrheinischen Ärzteversorgung hätten bereits im Jahr 2015 strategische Vorgaben für Investments in den unterschiedlichen Assetklassen eingeführt und seitdem weiter fortgeschrieben. So investiere das Versorgungswerk kontinuierlich in Anlagen zur Erzeugung erneuerbarer Energien. Für neue Infrastrukturinvestitionen seien Anlagen zur Gewinnung oder Verarbeitung von Kohle, Öl oder Atomkraft ausgeschlossen. Außerdem würden sämtliche Aktien und Anleihen von Unternehmen seit 2021 durch ein Rating-Tool in den Dimensionen Umwelt, Sozial und Unternehmensführung bewertet.
Neben Aktuellem aus der Gesundheits- und Berufspolitik beschäftigte sich die Kammerversammlung diesmal auch mit einem medizin-ethischen Thema: Zwangsbehandlungen und deren Auswirkungen auf die Arzt-Patienten-Beziehung. Hintergrund ist die aktuelle Diskussion darüber, ob Zwangsbehandlungen, die zurzeit in sehr engen Grenzen nur in stationärer Umgebung erlaubt sind, auch in der ambulanten Versorgung zugelassen werden sollten.
Freiheit und Selbstbestimmung seien die Grundlage des Behandlungsvertrages zwischen Ärzten und ihren Patientinnen und Patienten, stellte Professor Dr. iur. Adrian Schmidt-Recla von der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Jena gleich zu Beginn seiner Ausführungen klar. Dabei müsse der Staat auch die Grundrechte derjenigen Personen schützen, die zum Beispiel aufgrund einer psychischen Erkrankung, einer Demenz oder ihres jungen Lebensalters nicht einwilligungsfähig seien. Ein rechtliches und tatsächliches Dilemma entstehe immer dann, wenn das Recht auf körperliche Unversehrtheit nur dadurch geschützt werden könne, indem es verletzt werde, weil ein Patient sich beispielsweise in selbst- oder fremdgefährdender Weise gegen eine nutzbringende Behandlung wehre. „Handlungsleitend muss bei Zwangsmaßnahmen immer das Wohl der gefährdeten Person sein“, betonte Schmidt-Recla. „Davon gibt es keine Ausnahme.“
Ob ein Patient einwilligungsfähig sei oder nicht, beurteile letztlich immer ein erfahrener Arzt oder eine erfahrene Ärztin. „Ärzte sind die Torwächter der Freiheit“, erklärte der Jurist und betonte, Zwangsmaßnahmen seien nur in engen Grenzen zulässig: Sie müssten zum Wohl der Patienten notwendig sein und es dürfe keine weniger belastende Maßnahme zur Verfügung stehen. Zudem gelte es, Patientenverfügungen zu beachten und den Versuch zu unternehmen, den Patienten von der notwendigen Behandlung zu überzeugen. Dazu komme, dass medizinische Zwangsmaßnahmen zurzeit nur im stationären Behandlungskontext erlaubt seien.
Dilemma: Zwang in der Therapie
Professor Dr. Euphrosyne Gouzoulis-Mayfrank, Ärztliche Direktorin der LVR-Klinik Köln, sprach sich dafür aus, über Zwangsmaßnahmen auch im ambulanten Setting zu diskutieren. „Viele befürchten damit einen Dammbruch“, räumte sie ein. „Aber im Sinne der Patienten sollte das möglich sein.“ Die Psychiatrie beschäftige sich nicht erst seit Inkrafttreten der UN-Behindertenrechtskonvention im Jahr 2008 mit den ethischen Implikationen von Zwangsbehandlungen. Zwang gebe es im medizinischen Kontext häufig. Angefangen bei der Zwangsunterbringung über die Zwangsmedikation und Zwangsernährung bis hin zur Fixierung, Isolierung oder Immobilisierung durch Bettgitter. Es sei richtig und wichtig, dass die Hürden für Zwangsbehandlungen in Deutschland deutlich angehoben worden seien. „Zwang kann nur als ultima ratio ausgeübt werden“, sagte Gouzoulis-Mayfrank. Der kategorische Ausschluss von Zwang sei jedoch keine Lösung für ethische Dilemmata. Dadurch würden im Zweifelsfall Menschen im Stich gelassen, die gut behandelt werden könnten.
„Zwangsmaßnahmen sind wichtig, wenn Patienten nicht mehr wissen, was richtig und gut für sie ist“, sagte Christina Lopinski. Die heute 26-Jährige verbrachte als Jugendliche wegen einer Anorexie sechs Monate in einer psychiatrischen Klinik. Sie räumte ein, dass die Therapie dort inklusive der ausgeübten Zwänge ihre Genesung erst ermöglicht habe. Sie habe die Behandlung jedoch als paternalistisch und wenig mitfühlend empfunden. „Es wurde nicht mit mir, sondern gegen mich gearbeitet“, sagte Lopinski. Man habe „mit professioneller Härte“ eine anorektische Dynamik behandelt, nicht den Menschen. „Feinfühligkeit und Empathie dürfen bei der Behandlung nicht zu kurz kommen“, so Lopinski.
Junge Kandidatin für den Vorstand
Melissa Camara Romero kandidiert für den Vorstand der Ärztekammer Nordrhein. Sie soll Dr. Lothar Rütz nachfolgen. Der Allgemeinarzt aus Köln hat sowohl sein Vorstandsamt als auch den Fraktionsvorsitz des Ärztebündnis niedergelegt.
Camara Romero ist die einzige Kandidatin. Da die Kammerversammlung online stattfand, erfolgt ihre Wahl per Brief.
Die Internistin ist Oberärztin an der Klinik für Hämatologie und Onkologie am St. Antonius Hospital in Eschweiler. Die 33-Jährige engagierte sich bereits als Studentin berufspolitisch in der Bundesvertretung der Medizinstudierenden. Als ihre Themenschwerpunkte nannte sie die fortschreitende Ökonomisierung in der Medizin, die Folgen des Klimawandels für die Gesundheit und die Digitalisierung des Gesundheitswesens, die sich nicht immer am Patientenwohl orientiere.
An der Fraktionsspitze des Ärztebündnis hat Professor Dr. Bernd Bertram Lothar Rütz abgelöst. Dem Augenarzt aus Aachen stehen Camara Romero, der Gastroenterologe Sebastian Exner, Stolberg, und der Hausarzt Dr. Ivo Grebe, Aachen, als Stellvertreter zur Seite.
Aus der Nordrheinischen Akademie und der Ethik-Kommission
Mit der neu gestalteten Homepage geht auch die Lernplattform der Ärztlichen Akademie für medizinische Fort- und Weiterbildung in Nordrhein an den Start. Damit seien deutliche Erleichterungen für die Nutzer verbunden, sagte der Vorsitzende des Fortbildungsausschusses der Ärztekammer Nordrhein, Professor Dr. Gisbert Knichwitz, bei der Kammerversammlung.
Unter www.akademie-nordrhein.de ließen sich Seminarangebote jetzt nach Ort, Zeit und Thema durchsuchen und die Anmeldung erfolge ganz einfach online.
Orientierung über die Themen und Fachbereiche biete ein Farbschema.
Einen Überblick über die Arbeit der Ethik-Kommission der Ärztekammer Nordrhein gab deren Vorsitzender Professor Dr. Kurt Racké. Die Kommission prüft seit 1983 die Vertretbarkeit von biomedizinischen Forschungsvorhaben am Menschen und berät Ärztinnen und Ärzte vor der Durchführung solcher Projekte. Um klinische Prüfungen von Arzneimitteln und Medizinprodukten durchführen zu können, muss ein positives Votum einer Ethik-Kommission vorliegen. Die ethischen Richtlinien für die medizinische Forschung am Menschen gehen auf die Deklaration von Helsinki des Weltärztebundes von 1964 zurück, die in der Folge mehrfach überarbeitet wurde.
Die Ethik-Kommission der Ärztekammer Nordrhein ist interdisziplinär zusammengesetzt. Im Jahr 2021 sei es trotz der erschwerten Bedingungen der Pandemie gelungen, 490 Erstanträge zu bearbeiten, sagte Racké. 56 Erstanträge hätten sich in den Jahren 2020 und 2021 auf COVID-19 bezogen, drei davon seien Prüfungen nach dem Arzneimittelgesetz gewesen.
Anpassungen bei der Weiterbildung und Fortbildung sowie dem Gemeinsamen Notdienst
Die Kammerversammlung hat der Einführung des Facharztes für Innere Medizin und Infektiologie zugestimmt. Sie setzt damit einen Beschluss des Deutschen Ärztetages aus dem Jahr 2021 um. Die Weiterbildungsordnung wird entsprechend angepasst. Änderungen gibt es auch bei der Anerkennung von Fehlzeiten. Künftig können in Nordrhein Unterbrechungen wegen Krankheit oder Mutterschutz von insgesamt nicht mehr als sechs Wochen im Kalenderjahr auf die Weiterbildungszeit angerechnet werden, erklärte der Vorsitzende des Ständigen Ausschusses Ärztliche Weiterbildung, Professor Dr. Hansjörg Heep. Über die Anrechnung der Unterbrechungszeiten entscheide jeweils die Kammer. Diese Regelung habe man mit der Ärztekammer Westfalen-Lippe abgestimmt. Auf Bundesebene sei man dem Vorschlag hingegen nicht gefolgt. Heep wies zudem darauf hin, dass nunmehr erstmalig die Regularien zur Verhältnismäßigkeitsprüfung anzuwenden seien. Sie regeln, dass Ärztinnen und Ärzte aus anderen EU-Mitgliedstaaten durch Vorschriften zur Berufsausübung in Deutschland nicht diskriminiert werden dürfen.
Daneben beschloss die Kammerversammlung auch Änderungen bei der Zertifizierung von Fortbildungsveranstaltungen. Nicht ärztliche Veranstalter hätten die Kammer wiederholt verklagt, weil diese Veranstaltungen nicht anerkannt habe, erläuterte der Vorsitzende des Ständigen Ausschusses Berufsordnung und Vizepräsident der Kammer, Bernd Zimmer. Die Gerichte hätten zum Teil gegen die Kammer entschieden und geurteilt, dass nicht jedes wirtschaftliche Interesse eines Veranstalters oder Sponsors einer Anerkennung entgegenstehe. Solange die Inhalte nicht ökonomischen Interessen untergeordnet würden oder werblichen Zwecken dienten, dürfe die Kammer eine Zertifizierung nicht versagen.
In einem weiteren Beschluss hat die Kammerversammlung telemedizinische Leistungen als Bestandteil des ärztlichen Notdienstes in die Gemeinsame Notdienstordnung mit der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein aufgenommen. Die Änderung sei vor dem Hintergrund des Digitale-Versorgung-und-Pflege-Modernisierungsgesetzes von 2021 notwendig geworden, erklärte die Vorsitzende des Ständigen Ausschusses Ärztlicher Notdienst, Barbara vom Stein. Für Ärztinnen und Ärzte bestehe aber keine telemedizinische Behandlungspflicht, betonte sie.
Die Entschließungen der Kammerversammlung am 12. März 2022 im Wortlaut finden Sie unter www.aekno.de/aerztekammer/kammerversammlung.