Die Ärzteschaft in Deutschland bündelte vor 50 Jahren ihre Abwehr gegen einen radikalen Umbau des Gesundheitswesens in der „Aktionsgemeinschaft der deutschen Ärzte“ in Köln. Sie wehrte sich gegen ein „sozialistisch-ideologisch“ orientiertes Gesundheitswesen, das „Verfechter einer institutionalisierten Medizin“ propagierten, wie das Rheinische Ärzteblatt (RÄ) in seiner Ausgabe vom 23. April 1972 berichtete. Die Aktionsgemeinschaft, die unter anderem vom Präsidenten der Bundesärztekammer, Professor Dr. Ernst Fromm, getragen wurde, startete Anfang April 1972 mit der „Aktion Freiheit für Arzt und Patient“. Ärztinnen und Ärzte konnten ihre Unterstützung signalisieren, indem sie den Trägern der Aktionsgemeinschaft eine Postkarte zusendeten.
Besonders in Rage brachte die Ärzteschaft die Artikel-Serie „Das Geschäft mit der Krankheit“, die im Spiegel erschien. Mit deutlichen Worten kritisierte der damalige Präsident der Bundesärztekammer den Spiegel auf der Eröffnungsfeier der Vierten Diagnostik-Woche in Düsseldorf, wie das RÄ in seiner Ausgabe vom 8. April 1972 berichtete. Die Serie basiere weniger auf Fakten, sondern „viel mehr auf Halbwahrheiten und Unterstellungen“. Es gelte, „das Geschreibsel des ‚Spiegels‘ als das zu entlarven, was es in Wirklichkeit bezweckt: Den Versuch, Autoritäten durch einseitige Verunglimpfung und den Appell an Neidkomplexe abzubauen“. Fromms Zorn entzündete sich unter anderem an dem Satz: „Ärztliche Fortbildungsveranstaltungen dienen bislang vornehmlich der Steuerersparnis.“ Ärzte konnten bereits damals Fortbildungsausgaben zum Teil steuerlich absetzen. Fromm kündigte an, „er werde in naher Zukunft die Frage nach der Aus-, Weiter- und Fortbildung von ‚Spiegel‘-Journalisten und ihren Einkommen stellen und beantworten.“ Er sehe eine „Fortbildungslücke dieser Herren in den Gebieten Anstand und Verantwortungsgefühl. Beide Bereiche erschienen stark unterentwickelt zu sein.“
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