Das Berufsgericht für Heilberufe beim Verwaltungsgericht Köln (BG) hat den Antrag eines Arztes auf gerichtliche Überprüfung einer wegen fehlender Berufshaftpflichtversicherung ausgesprochenen Rüge mit Ordnungsgeld in Höhe von 5.000 Euro zurückgewiesen (Beschluss vom 3. November 2020, Az.: 35 K 589/20.T).
von Katharina Eibl und Dirk Schulenburg
Im vorliegenden Fall verfügte ein niedergelassener Facharzt für Frauenheilkunde und Geburtshilfe über einen Zeitraum von vier Jahren nicht über eine Berufshaftpflichtversicherung. Im Rahmen seiner beruflich bedingten Insolvenz war es zwischen ihm und seiner Versicherung zu Missverständnissen gekommen. Er war fälschlicherweise davon ausgegangen, dass die vereinbarte Ratenzahlung nicht nur die aufgelaufenen rückständigen Prämien, sondern auch die laufenden Beiträge umfasste.
Berufsrecht verpflichtet zum Abschluss einer Berufshaftpflichtversicherung
Schadenssummen aus Behandlungsfehlern können schnell immense Höhen erreichen. Deshalb haben die Ärztekammern in ihren Berufsordnungen schon seit Langem eine Pflicht zum Abschluss einer Haftpflichtversicherung für ihre Mitglieder verankert (hier § 21 der Berufsordnung für die nordrheinischen Ärztinnen und Ärzte). Ärztinnen und Ärzte sind hiernach verpflichtet, sich hinreichend gegen Haftpflichtansprüche im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit zu versichern. Wie der Begriff „hinreichend“ zu verstehen ist, hängt vom jeweiligen Fachgebiet und den damit verbundenen fachspezifischen Risiken ab. Bei einem Verstoß drohen berufsaufsichtsrechtliche Maßnahmen wie eine Rüge (mit Ordnungsgeld) oder ein berufsgerichtliches Verfahren.
Sanktionen auch bei Fahrlässigkeitsvorwurf
Im Fall des Gynäkologen sprach die Ärztekammer Nordrhein eine Rüge aus und verhängte ein Ordnungsgeld in Höhe von 5.000 Euro. Der Arzt vertrat jedoch die Auffassung, das Ordnungsgeld sei zu hoch, da er nicht vorsätzlich gehandelt habe.
Laut Berufsgericht war dem Arzt aber eine Sorgfaltspflichtverletzung von nicht unbeträchtlichem Gewicht vorzuwerfen. Seine Nachlässigkeit habe dazu geführt, dass seine Patientinnen angesichts der von ihm selbst eingeräumten Zahlungsschwierigkeiten jahrelang einem nicht unerheblichen Insolvenzrisiko ausgesetzt gewesen seien. Auch sei bei der Höhe des Ordnungsgeldes von 5.000 Euro zu berücksichtigen, dass die Kammer den Rahmen von bis zu 10.000 Euro gemäß § 58 e Abs. 3 Heilberufsgesetz NRW in der seit dem 14. Dezember 2019 geltenden Fassung nicht ausgeschöpft habe.
Stichprobenartige Überprüfung
Die Ärztekammer ist nicht verpflichtet, bei jedem ihrer Kammerangehörigen das Vorhandensein einer Berufshaftpflichtversicherung zu überprüfen. Dies hat das Landgericht Hannover entschieden (Urteil vom 2. April 2012, Az.: 19 O 199/11; so bereits LG Düsseldorf, 31.05.2002 2b O 265/01). Dort hatte ein Patient seine insolvente Ärztin erfolgreich auf Zahlung von Schadensersatz verklagt. Da diese jedoch eine eidesstattliche Versicherung abgegeben hatte, dass sie über keinerlei Vermögen verfügte, verlief die Zwangsvollstreckung erfolglos. Eine Berufshaftpflichtversicherung hatte die Ärztin nicht. Der Kläger nahm daraufhin die Ärztekammer auf Zahlung von Schadensersatz in Anspruch, weil diese nach seiner Auffassung ihre Amtspflichten verletzt habe. Diesen Anspruch wies das Landgericht ab.
Die Ärztekammer habe nicht gegen eine ihr obliegende Amtspflicht mit drittschützender Wirkung verstoßen. Aus der Berufsordnung lasse sich keine Verpflichtung der Kammer entnehmen, für eine Berufshaftpflichtversicherung der ihr zugehörigen Ärzte zu sorgen. Diese Vorschrift verpflichte lediglich Ärztinnen und Ärzte selbst, sich hinreichend gegen Schäden im Zusammenhang mit ihrer beruflichen Tätigkeit zu versichern.
Zwar sei eine Kammer verpflichtet, die Erfüllung der Berufspflichten der Kammermitglieder zu überwachen. Diese Überwachungspflicht sei jedoch anlassbezogen, das heißt, der Ärztekammer müssten zunächst Anhaltspunkte bekannt werden, die den Verdacht eines Berufsvergehens begründeten, wie hier das Fehlen einer Berufshaftpflichtversicherung.
Approbationsrechtliche Folgen
Nach § 6 Abs. 1 Nr. 5 der Bundesärzteordnung kann die Approbationsbehörde das Ruhen der Approbation anordnen, wenn sich ergibt, dass ein Arzt nicht ausreichend gegen die sich aus seiner Berufsausübung ergebenden Haftpflichtgefahren versichert ist. Voraussetzung ist, dass Landesrecht oder Standesrecht eine Pflicht zur Versicherung vorsehen.
Im Einzelfall kann dies sogar zum Widerruf der Approbation führen, wie das Verwaltungsgericht München in einem Urteil vom 11. August 2017 entschied (Az.: M 16 K 398/16). Der Gesetzgeber gehe grundsätzlich vom Ruhen der Approbation aus. Dies schließe jedoch nicht aus, dass in Einzelfällen, in denen ein Arzt etwa vorsätzlich über einen längeren Zeitraum ohne Berufshaftpflichtversicherung risikobehaftete ärztliche Tätigkeiten vornehme, eine Unzuverlässigkeit angenommen werden könne, die einen Widerruf der Approbation zur Folge haben könne.
Vertragsärztliche Verpflichtung
Nach § 95 e des Referentenentwurfs eines Gesetzes zur Weiterentwicklung der Gesundheitsversorgung (Stand 23. Oktober 2020) sollen künftig niedergelassene Ärztinnen und Ärzte auch vertragsarztrechtlich verpflichtet werden, sich ausreichend (Mindestversicherungssumme drei Millionen Euro) gegen die sich aus ihrer Berufsausübung ergebenden Haftpflichtgefahren zu versichern. Im Zweifel könnte dann auch der Entzug der vertragsärztlichen Zulassung drohen.
Dr. iur. Dirk Schulenburg, MBA, MHMM, ist Justiziar der Ärztekammer Nordrhein und Katharina Eibl, Fachanwältin für Medizinrecht, ist Referentin der Rechtsabteilung.