Die ärztlichen Körperschaften beteiligten sich im Februar an einer landesweiten Informationskampagne für den rationalen Einsatz von Antibiotika.
Im Februar gab es eine landesweite Informationskampagne in Nordrhein-Westfalen für den rationalen Umgang mit Antibiotika. Die Ärztekammer Nordrhein und die Ärztekammer Westfalen-Lippe haben sich daran beteiligt, gemeinsam mit den Kassenärztlichen Vereinigungen beider Landesteile, der Krankenhausgesellschaft, den Apothekerkammern, den Krankenkassen und nicht zuletzt dem Landesgesundheitsministerium sowie der Landesbehinderten- und -patientenbeauftragten.
Antibiotika besitzen segensreiche Wirkung bei der Therapie zahlreicher früher letaler Krankheiten. Doch fälschliche oder zu häufige Verordnungen können bekanntlich dazu führen, dass sich Resistenzen bilden und Antibiotika nicht mehr wirken. Aus diesem Grund sterben heute in Europa mehr als 33.000 Menschen jährlich.
Das Wissen darüber ist in der Kollegenschaft weit verbreitet. Das Verordnungsverhalten dagegen ist nach wie vor auch beeinflusst von Erwartungen der Patienten, die zum Beispiel bei Husten, Schnupfen, Heiserkeit die Verordnung eines Arzneimittels erwarten. Dabei entstehen rund 90 Prozent der Infekte von Ohren, Nase, Hals und Bronchien durch Viren. Auch deshalb hatte die aktuelle Kampagne zum Ziel, Bürgerinnen und Bürger über einen sachgerechten Umgang mit Antibiotika zu informieren – etwa durch Poster und Faltblätter in Arztpraxen, Apotheken, Krankenhäusern und Geschäftsstellen der Krankenkassen.
Die verfasste Ärzteschaft ist sich ihrer besonderen Verantwortung im Kampf gegen resistente Keime bewusst. In der ärztlichen Aus-, Fort- und Weiterbildung werden umfangreiche Kenntnisse über Antibiotika-Resistenzen, eine rationale Antibiotika-Therapie und Hygienemaßnahmen vermittelt. Ärztekammer und KV Nordrhein haben auch die Kampagnenwoche für ärztliche Fortbildungen ihres gemeinsamen Instituts für Qualität im Gesundheitswesen im Düsseldorfer Haus der Ärzteschaft genutzt.
Ärztliche Initiativen früherer Jahre haben bereits dazu geführt, dass Antibiotikaverordnungen in der ambulanten Versorgung in Deutschland im vergangenen Jahr gegenüber dem Jahr 2010 um 21 Prozent zurückgegangen waren, so eine Analyse des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung.
Große Sorgen macht aus unserer ärztlichen Sicht nach wie vor der massive Einsatz von Reserveantibiotika in der Geflügelmast. Wenn es keinen freiwilligen Verzicht gibt, muss diese Praxis verboten oder zumindest gesetzlich auf klar umgrenzte Fälle eingeschränkt werden. Sonst besteht ganz konkret die Gefahr, dass es vermehrt für kranke Menschen keine Behandlungsmöglichkeiten mehr gibt und Resistenzen zur tödlichen Gefahr werden.
Um das zu verhindern, bedarf es auch verstärkter Forschung und der Entwicklung neuer Antibiotika, alternativer Therapien und besserer Testverfahren. Doch ziehen sich Arzneimittelhersteller aus der Erforschung neuer Antibiotika zurück, wenn sich damit kaum Geld verdienen lässt. Für die moderne Medizin ist das fatal. Es gibt daher den Vorschlag, internationale staatliche Fonds zur Forschungsförderung auf diesem Gebiet einzurichten. Die Frage ist allerdings, ob die Arzneimittelhersteller sich dann nicht erst recht zurückziehen. Sinnvoller erschiene es daher, internationale private Fonds mit dem gleichen Ziel einzurichten. Jedenfalls ist das ein Punkt, der dringend debattiert werden muss.