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Wissenschaft und Fortbildung – Zertifizierte Kasuistik – Folge 63

Blaue Zehen, blaue Finger

13.12.2019 Online FortbildungSeite 35
RAE Ausgabe 1/2020

Rheinisches Ärzteblatt

Heft 1/2020

Seite 35

  • Abbildung 1: Schmerzhafte livide Verfärbungen der Fingerspitzen Dig. 2 bis 5 sowie zum Teil girlandenförmige, fleckige Erytheme © St. Josefs-Hospital, Cloppenburg.
  • Abbildung 2: Livide Verfärbungen des Vorfußbereiches und Dig. 2 bis 5 rechts sowie Dig. 4 und 5 links © St. Josefs-Hospital, Cloppenburg.
Diagnostische und therapeutische Überlegungen

von Nicole Bogun und Joachim Schrader

Anamnese

Ein 54-jähriger Patient wurde vom Hausarzt notfallmäßig wegen rasch progredienter livider Verfärbungen der Finger und Zehen in unser Gefäßzentrum eingeliefert. Dem Patienten waren in den letzten Monaten zunehmend livide Finger an beiden Händen verbunden mit Schmerzen aufgefallen. In einer auswärtigen ambulanten neurologischen Abklärung war eine Immunneuropathie vermutet worden. Bei einem Phlebologen wurden eine periphere arterielle Verschlusskrankheit (pAVK) oder chronisch venöse Insuffizienz ausgeschlossen.
Anamnestisch erwähnenswert sind eine zweimalige Beinvenenthrombose (1989 und 1991) und ein seit Jahren bekanntes positives Lupusantikoagulans. Hausärztlicherseits war ein paar Tage vor der Notfalleinweisung eine ASS-Dauermedikation wegen einer Anämie (Hämoglobin 10 g/dl) sowie eine kurzzeitige wegen des Verdachts auf Vasculitis eingeleitete Cortikoidtherapie abgesetzt worden. Die Medikamentenanamnese war sonst leer. 

Klinischer Befund

Reduzierter Allgemeinzustand, leicht adipöser Ernährungszustand. Bei Aufnahme fanden sich fleckige Veränderungen der Handinnenflächen beidseits (siehe Abbildung 1) mit lividen Fingerendliedern insbesondere Dig. 2 bis 5 rechts, der Zehen Dig. 2 bis 5 rechts und Dig. 4 und 5 links sowie girlandenförmige Veränderungen im Bereich der Fußsohle, die bis zum Mittelfußbereich reichten (siehe Abbildung 2).
Der übrige klinische Untersuchungsbefund einschließlich der Extremitätenpulspalpation war unauffällig. 

Auffällige Laboruntersuchungsergebnisse

Hämoglobin 8,4 g/dl (14-18), Thrombozyten 105 tsd/µl (140-440), BSG 96/>120 mm, CRP 13,72 mg/dl (0-0,5), Eisen 11 µg/dl (59-158), Ferritin 410,70 ng/ml (30-400), Hämoccult negativ, D-Dimer 1221 ng/ml (n-500), PTT 46 s (n-36), Fibrinogen 848 mg/dl (200-400), Cardiolipin-AK IgG > 280 GPL U/ml (n bis 20), IgM 18,4 MPL U/ml (n bis 14), ANA 1:320, Lupus Antikoagulans I 136 s (n -41s), II 44 s (-31) Lupus Antikoagulans I/II Ratio: 3,1 (n – 1,4)
Normwerte für: HbA1c, Procalcitonin, Antithrombin III, Anti-ds-DNA, anti-U1-RNP, anti-sm, anti-SS-A und B, anti-SCL 70, anti-Zentromeren-AK, cANCA, pANCA, Prothrombinmutation, Faktor V-Leidenmutation, Kryoglobuline und Kälteagglutinine

Technische Untersuchungen

Die ABI-Messung und Farb-Duplexsonographie der Becken-Beinarterien waren beidseits unauffällig, insbesondere sonographisch gab es keinen Hinweis auf das Vorliegen einer pAVK oder Vasculitis. Unauffällige Befunde des Röntgen Thorax, der Sonographie des Abdomens, einer Gastroskopie, transthorakalen und transösophagealen Echokardiographie, MRT Kopf, CT Thorax und Abdomen.
In der optischen Pulsoszillographie der Finger und Zehen zeigten sich pathologisch verminderte Oszillationen der Finger und Zehen beidseits, insbesondere rechts. Der Koloskopiebefund zeigte ein hoch- bis mittelgradig differenziertes Adenocarcinom des Colon ascendens. Es lag das Stadium pT3,pN0(0/28),L0,V0,G2,R0,UICCStd.II vor. 

Dr. Nicole Bogun ist Chefärztin der Angiologie im Gefäßzentrum des St. Josefs- Hospitals in Cloppenburg. Professor Dr. Joachim Schrader ist Chefarzt der Inneren Medizin und Ärztlicher Direktor des gleichen Krankenhauses.

Professor Dr. Malte Ludwig ist ambulant als Angiologe am Zentrum für Kardiologie am Klinikum Starnberg tätig. Er koordiniert und begleitet die Reihe inhaltlich.
 

Kurzanleitung zur „Zertifizierten Kasuistik“

Hinweis: Die 2 Fortbildungspunkte können über das System des Einheitlichen Informationsverteilers (EIV) Ihrem Punktekonto bei der Ärztekammer gutgeschrieben werden. Es werden Ihre Einheitliche Fortbildungs-nummer, die Veranstaltungsnummer und die Anzahl der Punkte übermittelt.

Einsendeschluss: Die Lernerfolgskontrolle muss spätestens bis Donnerstag, 27. Februar 2020 per Fax oder per Post eingegangen sein (Poststempel). Fax: 0211 4302-5808, Postanschrift: Nordrheinische Akademie für ärztliche Fort- und Weiterbildung, Tersteegenstr. 9, 40474 Düsseldorf.

Auflösung: im Rheinischen Ärzteblatt 3/2020 in der Rubrik Magazin.
via www.aekno.de
Die Zertifizierte Kasuistik sowie ausführliche Informationen zur Differenzialdiagnostik findet sich auf der Homepage der Ärztekammer Nordrhein unter www.aekno.de/cme.

Die bisher veröffentlichten Kasuistiken der Reihe finden sich zu Übungszwecken unter www.aekno.de/cmetest.